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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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wurde.«
    »Er war neunundzwanzig, als er starb«, stellte Hayden richtig. »Genauso alt wie Shelley. Und ein besserer Poet.«
    »Ich hatte immer ein Problem mit den Fransenhemden.«
    »Er ist auf dem Rücksitz eines Wagens gestorben, auf dem Weg zu einem Konzert«, erklärte Hayden. »Das ist genau die richtige Art abzutreten.« Lachend sah er mich an. »Du bist da anderer Meinung, oder? Das ist die Frau in dir. Du findest es traurig, wenn jemand nicht mit siebzig oder achtzig im Kreis seiner Familie stirbt, nachdem er vorher möglichst viel Haushaltskram und sonstige Besitztümer angesammelt hat. Und natürlich jede Menge Geld auf der Bank.«
    »Steck mich nicht einfach in eine Schublade.«
    »Hab ich denn nicht recht?«
    »Was ist so schlimm daran, alt zu werden und ein paar Dinge zu besitzen?«, fragte ich.
    »Du meinst die Art Dinge, um die man sich dann streiten kann, wenn man sich von jemandem trennt?«
    »Immerhin trinkst du gerade Wein, den ich mitgebracht habe. Und du wohnst in einer Wohnung, die ich dir besorgt habe.«
    »Du versuchst mich zu provozieren«, meinte er, »aber das wird dir nicht gelingen. Nicht heute.«
    »Liza hat für diese Wohnung hart gearbeitet«, erklärte ich. »Gleich nach dem College hat sie sich einen Job gesucht, und schon ein Jahr später eine Anzahlung geleistet und sich diese Wohnung gekauft, und seitdem zahlt sie die Raten ab.«
    »Und was genau willst du mir damit sagen?« Hayden lehnte sich vor und griff nach der kleinen Metallskulptur auf dem Couchtisch. »Die hat sie wahrscheinlich in irgendeiner Galerie entdeckt und für fünfzig Pfund erstanden. Oder jemand
hat sie ihr geschenkt. Und wenn sie dann eines Tages stirbt, wird irgendein Verwandter einen Blick darauf werfen und fragen: Was in Gottes Namen sollen wir damit anfangen? Dann endet das Ding als Türstopper oder in einem Müllcontainer.«
    Hayden drückte seine Kippe in einem von Lizas Aschenbechern aus und machte Anstalten, mich zu küssen, doch ich schob ihn weg, wenn auch nur für einen Moment. Nachdenklich betrachtete ich Lizas Bilder, Skulpturen und Bücher.
    »Wenn ich mich in diesem Raum umschaue, sehe ich eine Frau, die ihre Sachen mag und sich daran erfreut, auch wenn es keine großen Kunstwerke sind und sie vielleicht eines Tages in einem Müllcontainer landen.«
    »Tu nicht, als wärst du auch so«, sagte er. »Du weißt es besser.«
    »Besser? Besser, Hayden? Würdest du wirklich lieber auf dem Rücksitz eines Autos sterben, ohne irgendetwas zu besitzen?« , fragte ich. »Ohne einen Menschen, dem du etwas bedeutest?«
    »Wieso sollte es so einen Menschen nicht auch für mich geben? Frei zu sein, heißt nicht automatisch, einsam zu sein.«
    Ich wusste, dass Hayden seine Freude an mir hatte. Manchmal vergötterte er mich sogar, wenn auch auf seine ganz eigene Art. Letztendlich aber war ich nur die Frau, die gerade da war. Vor mir hatte es andere geben, und nach mir würde es auch wieder welche geben. Mir kam ein Gedanke. Bevor ich mich am Riemen reißen konnte, hatte ich ihn schon ausgesprochen.
    »Was, wenn man auf dem Rücksitz eines Autos stirbt, aber nicht Hank Williams ist? Macht das einen Unterschied?«
    Er hob die Hand, in der er immer noch die Metallskulptur hielt, und berührte damit meine Schulter. Die Geste hatte fast etwas Spielerisches. Aber nur fast.
    »Pass auf, was du sagst«, flüsterte er.

Danach
    »Also, lass uns nachdenken. Wobei mir das im Moment sehr schwerfällt. Irgendwie funktioniert mein Gehirn nicht richtig.«
    »Daran ist der Wodka schuld.« Ich hob die Flasche hoch, die mittlerweile nur noch halb voll war.
    »Nein. Der Wodka macht alles klarer. Oder zumindest langsamer«, widersprach Neal.
    »Mir kommt es eher so vor, als würde mich das Ganze nicht mehr so berühren. Ich fühle mich wie in Watte gepackt. Eigentlich ist es richtig wohltuend, quasi neben mir zu stehen und mein Leben von der Seite zu betrachten  – als würde das alles jemand anderem passieren. Wobei ich natürlich weiß, dass dem nicht so ist.«
    »Wir müssen nachdenken, Bonnie.«
    »Ja. Aber worüber? Ich meine, worüber sollen wir als Erstes nachdenken?«
    »Ich hätte da eine Frage.«
    »Noch eine.«
    »Ich bin schließlich nicht blöd. Ich mag ja verliebt in dich sein  – schau mich nicht so an, das weißt du doch ganz genau  –, und vielleicht bin ich auch ein bisschen betrunken oder stehe unter Schock, und wahrscheinlich habe ich etwas unglaublich Dummes getan, aber ich bin trotzdem nicht

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