Die Komplizin - Roman
blöd.«
»Ich weiß.«
»Dann sag es mir.«
»Was?«
»Wer hat dir geholfen?«
»Wie bitte?«
»Nun komm schon, Bonnie. Hayden war ein großer Mann. Du willst mir doch wohl nicht weismachen, dass du seine Leiche ganz allein in den Wagen und dann in den Stausee geworfen hast?«
Ich schloss die Augen und versuchte, das Durcheinander in meinem Kopf zu ordnen. Durfte ich Neal von Sonia erzählen, oder war das ein weiterer Verrat an der Person, die mir so bedingungslos geholfen hatte? »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Du meinst, du weißt nicht, ob du es mir sagen sollst oder nicht?«
»Genau.«
»Du warst also in Begleitung, als du ihn gefunden hast?«
»Nicht direkt.«
»Aber du hast jemanden angerufen und um Hilfe gebeten?«
»Ja.«
»Eine Person, deren Namen du mir nicht verraten willst. Aber warum?«
»Weil ich versprochen habe, den Mund zu halten.«
»Vielleicht wäre die betreffende Person sogar erleichtert, wenn noch jemand eingeweiht wäre.«
»Ich glaube, die betreffende Person möchte das Ganze einfach nur vergessen«, antwortete ich vorsichtig. Ich musste aufpassen, was ich sagte. Schon ein kleines Wort konnte mich ins Stolpern bringen oder gar verraten, wenn ich nicht achtgab.
Neal sah mich an. »Bist du denn nicht der Meinung, dass wir uns mit dieser Person zusammensetzen und besprechen sollten, wie wir weiter vorgehen wollen?«
»Ich weiß nicht. Ich kann im Moment keinen klaren Gedanken fassen.«
»Zum Beispiel stellt sich die Frage, ob wir die Polizei informieren sollen.«
»Die Polizei!«
»Genau. Mein Gott, jemand hat Hayden ermordet.«
»Ja. Das vergesse ich schon nicht.«
»Aber von uns beiden war es keiner.«
»Nein.«
»Nachdem wir das jetzt wissen, sollten wir vielleicht doch besser zur Polizei gehen.«
»Aber überleg doch mal, was wir getan haben.«
»Wir müssen zumindest über die Möglichkeit nachdenken.«
»Ich denke schon die ganze Zeit nach. Ich denke darüber nach, wann ich endlich aufwache und feststelle, dass das alles nur ein schlimmer Traum war.«
»Ohne die andere Person können wir keine Entscheidungen treffen. Deinen dritten Mann. Oder ist es eine Frau?«
»Die Person, von der wir sprechen, hat das alles mir zuliebe getan«, antwortete ich niedergeschlagen. »Weil ich sie darum gebeten habe. Wie können wir da zur Polizei gehen?«
»Wie gut habt ihr eure Spuren verwischt?«
»Ich weiß es nicht. Nacht für Nacht wache ich schweißgebadet auf, weil mir wieder irgendetwas eingefallen ist, das ich anders hätte machen sollen.«
»Du hast gesagt, dass sie dich bereits verdächtigen.«
»Weil ich mit ihm im Bett war und es ihnen verschwiegen habe – genau wie eine Menge anderer Sachen, aber das wissen sie natürlich nicht. Zumindest noch nicht. Was sollen wir also tun?«
»Möchtest du etwas essen?«
»Keine Ahnung. Habe ich Hunger?« Ich legte eine Hand auf den Bauch. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas zu mir genommen hatte. Die Tage hatten ihre normale Struktur verloren. Ein unaufhörlich kreisendes Rad hatte mich mit sich gerissen und mein Leben in bruchstückhafte, zeitlose Episoden aus Angst und Schuldgefühlen zersplittert. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich zwar die ganze Zeit verzweifelt versuchte, vor allem wegzulaufen, in Wirklichkeit aber schnurstracks in mein Verderben rannte.
»Wie wäre es mit einem pochierten Ei auf einem Muffin? Das ist eine von meinen Notfallmahlzeiten.«
»Klingt gut.«
Ich verfolgte, wie er das Essen für uns zubereitete. So häuslich war Hayden nie gewesen. Mir ging durch den Kopf, wie leicht doch alles ganz anders hätte kommen können. Ich hätte bei Neal bleiben und meinen Frontalzusammenstoß mit Hayden vermeiden können. Vielleicht wäre er jetzt trotzdem tot, aber die Geschichte wäre jemand anderem passiert, nicht mir – nicht uns. Während wir schweigend aßen, war nur das Schaben unseres Bestecks auf dem Teller zu hören. Hinterher machte Neal uns eine Kanne starken Kaffee. Nachdem ich zwei Tassen getrunken hatte, verkündete ich: »Ich rufe sie an.«
»Die dritte Person?«
»Ja.«
Neals Garten war in warmes Dämmerlicht getaucht und die Luft erfüllt vom fernen Gurren wilder Tauben.
»Sonia, ich muss dir etwas sagen.« Ich hörte sie leise seufzen, als hätte sie diesen Moment bereits kommen sehen. »Neal weiß, was wir getan haben.«
»Neal!«
»Er weiß nur, dass mir jemand geholfen hat, aber nicht, dass du es warst.«
»Was hast du
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