Die Komplizin - Roman
dass
seine weißen Zähne hervorblitzten, und trug ein zerknittertes Hemd.
»Das ist Hayden.« Frank konnte es sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Er spielt in einer richtigen Band.«
Hayden musterte Frank kurz mit gerunzelter Stirn. Nun, da er nicht mehr lächelte, wirkte sein Gesicht schmaler, älter und kälter. »Und du bist manchmal ein richtiger Vollidiot«, meinte er in sanftem Ton. An mich gewandt, fuhr er fort: »Ich mache Musik, das ist alles.«
Frank lief knallrot an, was ihm nicht besonders gut stand. Sogar seine Ohren wurden rot. Inzwischen tat er mir fast leid. Er murmelte irgendetwas darüber, dass er sich einen Drink holen wolle, und verschwand. Hayden blieb.
»Was spielst du denn?«, fragte er mich.
»Oh, dies und das. Klavier. Geige.«
»Sie spielt alles«, prahlte Amos. Er führte sich auf, als wäre ich wieder seine Freundin. »Sie braucht ein Instrument bloß in die Hand zu nehmen, dann kann sie es schon spielen.«
Hayden würdigte ihn keines Blickes. »Wie heißt du?«
»Bonnie.«
»Hallo, Bonnie.«
Er streckte mir die Hand hin. Verlegen griff ich danach.
»Hallo«, antwortete ich. »Darf ich vorstellen: Amos.« Hayden nickte ihm nur kurz zu. »Ihr müsst Franks Art entschuldigen«, fuhr er an mich gewandt fort. »Darf ich euch auf einen Drink einladen?«
»Nein, danke«, antwortete Amos.
»Ja, gerne«, sagte ich. »Einen Tomatensaft bitte.«
»Ist schon unterwegs – oh, da fällt mir ein, ich habe gar kein Kleingeld bei mir.«
Lachend stand ich auf. »Ich übernehme das. Was möchtest du?«
»Ein Bier, glaube ich. Ich begleite dich.«
Amos blieb schmollend am Tisch zurück, während wir uns
an die Bar stellten, wo Hayden gleich von mehreren Leuten begrüßt wurde. Mir fiel auf, dass er etwas sehr Lässiges an sich hatte.
»Was für eine Art von Musik willst du mit deiner Band denn spielen?«
»Das weiß ich noch nicht so genau – vielleicht ein bisschen Bluegrass und Country oder Folk.
»Patsy Cline, Hank Williams, diese Richtung?«
»Ja, genau!«
»Da stehe ich voll drauf. Gefühlvolle Musik, bei der man eine Gänsehaut bekommt.«
»So empfinde ich das auch.«
Wir nahmen unsere Getränke entgegen und trugen sie zurück an den Tisch. Amos machte einen beleidigten Eindruck.
»Ich habe schon gesehen, dass du für mich nichts geholt hast«, bemerkte er.
»Du hast doch gesagt, du willst nichts.«
»Ich dachte, das wird ein Abend zu zweit«, murmelte er.
Hayden hob die Augenbrauen. »Habe ich euch irgendwie gestört?«
»Nein«, antwortete ich.
»Brauchst du einen Ersatzmann?«, fragte Hayden.
»Einen Ersatzmann?« Amos lehnte sich kampflustig nach vorn.
»Für deine Band, Bonnie. Ich würde gern mitmachen – falls du noch Unterstützung gebrauchen kannst.«
»Wir brauchen niemanden mehr«, erklärte Amos rasch, »wir sind voll besetzt.«
Hayden ignorierte ihn. »Bonnie?«
»Du spielst wahrscheinlich in einer ganz anderen Liga.«
»Ich weiß nicht, was du damit meinst.« Er starrte mich an, als wäre ich ein Rätsel, das es zu lösen galt. »Also, wie sieht es aus?«
»Ist das dein Ernst? Du kennst mich doch gar nicht.«
»Nein, aber auf diese Weise lerne ich dich kennen.«
Ein paar Stunden später besuchte ich mit Neal einen kleinen Straßenmarkt in Stoke Newington, nicht weit von seinem Haus entfernt. Unter gestreiften Markisen waren Marktstände errichtet worden, wo man Biogemüse und Honig aus der Gegend kaufen konnte, aber auch Burger und Würstchen in weichen weißen Brötchen. Darüber hinaus gab es allerlei Krimskrams: bestickte Kissen, Räucherstäbchen, Perlenschnüre – lauter Sachen, deren bunter Zauber verblasste, sobald man sie nach Hause brachte. Wieder war es ein warmer Abend. Zwischen den Platanen flitzten Schwalben hin und her.
Neal war sehr verlegen gewesen, als er mich anrief, und hatte seine Einladung rasch hervorgestoßen. Auch jetzt, während wir zwischen den Ständen herumwanderten, wirkte er noch recht schüchtern. Ich spendierte uns einen Weißwein, der von einem englischen Weinbauern stammte und angenehm leicht und fruchtig schmeckte, und Neal erstand einen scharf gewürzten Salat aus schwarzen Bohnen. Wir teilten uns die Portion.
»Weißt du«, sagte er, während wir gerade einem Mann zusahen, der auf unglaublich hohen Stelzen vorüberstakste, »früher hatte ich immer ein bisschen Angst vor dir.«
»Vor mir? Warum denn das?«
»Du hattest damals diesen Freund – wie hieß er noch mal?«
»Eliot?«
»Ja,
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