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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Leben gekommen. Normalerweise fiel es ihm schwer, seine
Gefühle zu zeigen. Nun aber zeigte er sie mir. Er war sich sicher, dass zwischen uns etwas passieren würde, und freute sich darauf. Trotzdem war ich, nachdem ich ihn am Abend verlassen hatte, zu Hayden gegangen und hatte mit ihm geschlafen.
    Wollte ich immer noch, dass zwischen Neal und mir etwas lief? Oder wünschte ich mir eine Fortsetzung mit Hayden? Ich ließ mich auf der Bettkante nieder, zog die Schuhe aus und massierte meine schmerzenden Füße. Was hatte ich getan, und warum? Ich wusste es selbst nicht. Ich wusste überhaupt nichts mehr. Mein Körper schmerzte und kam mir seltsam fremd vor, so als hätte die Sache mit Hayden ihn irgendwie verändert. Allein schon der Gedanke an Hayden bescherte mir einen leichten, lustvollen Schauder.
    Ich würde Neal morgen anrufen  – wobei natürlich längst morgen war. Was sollte ich ihm sagen? Dass ich mir eine Erkältung eingefangen hatte oder, noch besser, die Grippe. So würde ich es machen. Auf diese Weise konnte ich das alles noch für ein, zwei Tage hinausschieben. Mich vor ihm und mir selbst verstecken.

Danach
    Ich traf als Erste im Haus meines Freundes ein, stellte die Weinflasche, die ich für ihn mitgebracht hatte, auf seinen Küchentisch und ging hinüber ins Wohnzimmer, um dort auf die anderen zu warten. Ich ließ mich in einen Sessel sinken, stand aber gleich wieder auf, um mir die Bücher in den Regalen und die Fotos auf dem Kaminsims anzusehen. Es war bereits fünf nach drei. Seltsam, dass noch niemand da war. Hatte ich mich in der Uhrzeit geirrt?
    Um zehn nach drei läutete es, und Sonia stand vor der Tür. Zu einem bodenlangen schwarzen Rock trug sie ein blassgelbes T-Shirt, und ihr dunkles Haar hatte sie hochgesteckt. Sie
wirkte frisch, wie aus dem Ei gepellt, und strahlte eine solche Kraft aus, das mich allein schon ihr Anblick tröstete. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich verhalten oder was ich sagen sollte. Am liebsten hätte ich losgeheult und mich von ihr in den Arm nehmen lassen, aber gleichzeitig wünschte ich mir, sie möge so tun, als wäre nichts passiert.
    Sonia musterte mich einen Moment prüfend, ehe sie mich mit einem kleinen Nicken begrüßte.
    »Gut«, sagte sie. »Ich hatte schon befürchtet, du würdest nicht auftauchen.«
    »Ich wäre tatsächlich beinahe nicht gekommen.«
    »Ist sonst schon jemand da?«
    Wir standen herum wie Gastgeber, die nervös auf ihre Gäste warteten. Nichts von dem, was wir sagten, klang natürlich. Ich hatte das beklemmende Gefühlt, dass gerade eine Freundschaft zu Ende ging, weil der Gefallen, den sie mir erwiesen hatte, so groß war, dass er alles andere überschattete.
    »Sonia«, begann ich, doch genau in dem Moment läutete es erneut an der Tür, dreimal kurz hintereinander.
    Obwohl es ein heißer Tag war, trug Joakim ein dickes Kapuzenshirt, dessen lange Ärmel ihm bis über die Hände fielen. Die Geige hatte er sich unter den Arm geklemmt. Sein Gesicht wirkte kreidebleich, und er hatte violett schimmernde Augenringe.
    Sein Gruß klang eher wie ein Grunzen.
    »Hast du deinen Dad heute nicht dabei?«
    Ein weiteres Grunzen.
    »Du siehst ganz schön fertig aus«, erklärte Sonia fröhlich.
    »Ich fühle mich auch richtig scheiße.« Mit diesen Worten warf sich Joakim aufs Sofa. »Wo sind denn die anderen? Ich dachte schon, ich bin der Letzte.«
    Er drückte sich in die Kissen wie ein Tier in den hintersten Winkel seines Baus. Ich ging in die Küche, um ihm einen Kaffee zu machen. Als es erneut klingelte, überließ ich
es Sonia, die Tür zu öffnen. Ich hörte Gemurmel, konnte aber nicht sagen, wer eingetroffen war. Erst als ich Joakims Kaffee ins Wohnzimmer trug, sah ich, dass es Guy war. Sein Outfit ging gerade noch als lässig durch: Zu einer ordentlich gebügelten Jeans trug er ein blaues Kurzarmhemd. Er schleppte sein Schlagzeug herein, begrüßte mich mit einem kurzen Nicken und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Joakim zu.
    »Wo, zum Teufel, bist du gewesen?«
    Joakim zuckte mit den Achseln. »Unterwegs.«
    »Und da konntest du uns nicht mal anrufen? Deine Mutter ist fast durchgedreht.«
    »Ich bin achtzehn. Lieber Himmel!«
    »Trotzdem wohnst du noch bei uns, und solange du das tust … was ist los?«
    »Mir ist ein bisschen schlecht.«
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
    »Das Klo ist da hinten«, wies ich Joakim den Weg, woraufhin er schwankend aufstand.
    Draußen hämmerte jemand gegen die Tür, statt die Klingel zu

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