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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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benutzen. Diesmal ging ich. Rasch wandte ich mich ab, um Neal nicht in die Augen sehen zu müssen. Mein Mund war plötzlich so trocken, dass ich als Begrüßung nur ein Krächzen herausbrachte. Wie meine Beine es schafften, mich aufrecht zu halten, war mir ein Rätsel.
    »Tut mir leid, dass ich so spät dran bin.«
    Ich gab ihm keine Antwort. Am liebsten wäre es mir gewesen, er wäre wieder gegangen und hätte mich in Ruhe gelassen. Ich hatte das Gefühl, ihn jetzt nicht in meiner Nähe ertragen zu können. Besonders fürchtete ich mich vor dem durchdringenden Blick seiner dunklen Augen.
    »Bin ich der Letzte?«
    »Nein, wir warten noch.« Erst dann sah ich ihn an, und er erwiderte meinen Blick. Unter meinem linken Auge begann
ein Nerv leicht zu zucken. Bestimmt konnte es jeder sehen und sofort als Zeichen meiner Schuld deuten. »Auf Hayden und Amos«, zwang ich mich hinzuzufügen. Viel zu laut durchschnitten meine Worte die plötzliche Stille. Sonia trat neben mich und legte mir eine Hand auf die Schulter, bis sich der Raum um mich herum nicht mehr drehte. Ich blickte zu Boden. Joakim stolperte zurück in den Raum, noch bleicher als zuvor.
    »Vielleicht solltest du lieber nach Hause gehen«, wandte Sonia sich an ihn.
    »Nein«, widersprach Guy in scharfem Ton, »er hat versprochen, an der Probe teilzunehmen. Ein Versprechen bricht man nicht.«
    »Der Junge ist krank.«
    »Mein Sohn hat bloß einen Kater.«
    »Das haben wir alle auch schon des Öfteren durchgemacht«, sagte Neal mit einem mitfühlenden Blick auf Joakim, der inzwischen wieder aufs Sofa gesunken war.
    »Wo bleiben die nur?« Guy warf einen Blick auf die Uhr und stieß einen tiefen, genervten Seufzer aus. »Warum in Gottes Namen können wir nicht mal alle pünktlich sein? Jeder von uns hat schließlich auch noch was anderes zu tun.«
    »Vielleicht sollten wir einfach ohne sie anfangen«, schlug ich vor.
    »Was soll das bringen?«
    »Wir können zumindest schon mal die Instrumente stimmen.« Ich ging zu meinem Banjokoffer hinüber.
    Durchs Fenster sah ich Amos gemächlichen Schrittes auf das Haus zusteuern. Er trug seine Gitarre wie einen Rucksack auf dem Rücken und hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Sein Kopf war gesenkt, seine Stirn leicht gerunzelt, als wäre er in Gedanken versunken. Nervös richtete ich den Blick auf meine Finger und fummelte am Verschluss des Instrumentenkoffers herum. Warum merkten die anderen
nichts? Wie konnten sie so ahnungslos sein? Als es klingelte, ging Neal hinaus.
    Ich hörte meine eigene Stimme sagen: »Wo ist Hayden wohl diesmal abgeblieben?«

Davor
    »Na, wie läuft’s denn so?«, fragte Liza.
    »Wie meinst du das?«
    Lachend zog sie die Beine unter den Körper. Sie trug einen intensiv violetten Overall, der aussah wie ein riesiger, verknitterter Babystrampler, und hatte ihr Haar zu kleinen Zöpfchen geflochten, von denen sie sich eines immer wieder in den Mund steckte, um daran herumzulutschen.
    »Das ist nur eine von diesen Floskelfragen. Du weißt schon… wenn man jemanden trifft und fragt: ›Wie geht’s dir?‹, und die betreffende Person antwortet: ›Gut.‹«
    »Ja, ich weiß.«
    »Also, wie läuft’s denn so?«
    Ich lümmelte gerade auf ihrem großen, gestreiften Sofa, das es einem unmöglich machte, aufrecht zu sitzen. An der gegenüberliegenden Wand hing ein schönes Bild, ein verschwommener orangeroter Fleck vor einem leuchtend blauen Hintergrund. Obwohl Liza selbst oft chaotisch wirkte, herrschte in ihrer Wohnung eine penible Ordnung. All die Raritäten und kleinen Andenken, die sie von ihren Auslandsreisen mitgebracht hatte, waren fein säuberlich in den Regalen aufgereiht. Ich musste an das schreckliche Durcheinander und den Staub in meiner Wohnung denken. Mir graute vor der Arbeit, die vor mir lag. Dieser gottverdammte Amos.
    »Möchtest du ein Glas Wein?«
    »Lieber nicht.«
    »Ich werde mir eins gönnen.«

    Liza ging in die Küche und kehrte mit einer Flasche, zwei Gläsern und einer großen Tüte Pistazien zurück.
    »Ich bestehe darauf«, erklärte sie.
    »Bloß einen kleinen Schluck.«
    Sie schenkte wesentlich mehr als einen kleinen Schluck in beide Gläser und reichte mir eines.
    »Eigentlich wollte ich wissen, wie es mit der Musik läuft.« Geschickt schälte sie ein paar Pistazien und schob sie sich in den Mund. »Seid ihr schon bereit für die Hochzeit?«
    Ich nahm einen Schluck von dem Wein.
    »Wir haben uns doch erst ein paarmal getroffen. Die Hochzeit ist erst im

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