Die Komplizin - Roman
September.«
»Wirklich mutig von dir, dir diese Sache aufzuhalsen. Ich hätte nicht gedacht, dass du Ja sagst.«
»Ich habe die blöde Angewohnheit zu handeln, ohne zu denken«, erklärte ich. »Und bis mir klar wird, dass ich etwas besser nicht getan hätte, ist es schon zu spät.«
»Du hast tatsächlich die alte Gang zusammengetrommelt?«
»Nicht wirklich.«
»Wen dann?«
»Neal macht mit. Außerdem Amos und Sonia. Einen Schüler von mir habe ich ebenfalls eingespannt, besser gesagt einen ehemaligen Schüler. Und dessen Vater. Und noch diesen anderen Typen.«
»Ach ja, von dem habe ich schon gehört«, berichtete Liza.
»Neuigkeiten sprechen sich schnell herum. Wer hat es dir erzählt?«
»Amos. Demnach ist der Typ Profimusiker. Wie heißt er denn?«
Seine bloße Erwähnung löste etwas in mir aus, eine Art sinnliche Erinnerung. Plötzlich konnte ich ihn riechen, seine Haut und sein Haar unter meinen Fingern spüren.
»Hayden. Hayden Booth. Ich glaube, er hatte gerade nichts Besseres zu tun.«
»Trotzdem eine wilde Mischung.«
»Wie meinst du das?«
»Wenn ein Profimusiker mit einer Gruppe von Amateuren spielt, sind die Konflikte doch schon vorprogrammiert.«
»Es wird keine Konflikte geben. Abgesehen vom ganz normalen Wahnsinn.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Es ist wirklich ein bisschen verrückt. Ich hoffe, wir bringen den Abend gut hinter uns.«
Wir schwiegen einen Moment. Erneut nahm Liza einen Schluck Wein und warf ein paar Pistazien hinterher.
»Ich wollte mit dir nicht nur über Musiker plaudern, so nett das auch ist. Du weißt, dass ich wegfahre?«
»Nach Indien.«
»Knapp daneben«, meinte Liza. »Obwohl, so knapp auch wieder nicht. Thailand und Vietnam. Aber das tut sowieso nichts zur Sache. Was ich sagen beziehungsweise dich fragen wollte, ist Folgendes: Nach intensiver Recherche bin ich zu dem Ergebnis gelangt, dass du bis zu meiner Wohnung weniger weit hast als alle meine anderen Freunde und Bekannten. Deswegen habe ich mich gefragt, ob du vielleicht einmal am Tag vorbeischauen könntest, oder jeden zweiten Tag – aber besser wäre täglich –, um die Pflanzen zu gießen und dich zu vergewissern, dass die Hütte nicht abbrennt. Bitte, bitte, bitte! Ich wäre dir so dankbar. Ich werde mich auf jede erdenkliche Weise bei dir revanchieren.«
»Das mache ich doch gerne«, antwortete ich, »kein Problem.«
»Falls dir jemand einfällt, der während meiner Abwesenheit hier wohnen möchte, wäre das natürlich auch in Ordnung.«
»Da muss ich erst überlegen.«
»Eigentlich wollte ich mich selbst darum kümmern, habe es zeitlich aber einfach nicht geschafft. Auf jeden Fall wäre das eine Option. Du hast ja dann den Schlüssel.«
»Zeig mir einfach, wo die Pflanzen sind, und ich mache es.«
»Vielleicht magst du auch meine Post ein bisschen stapeln. Am besten da drüben.« Sie deutete auf den hellen Holztisch an der Wand, auf dem eine Vase mit Blumen und ein grüner, wie eine Schildkröte geformter Stifthalter standen.
»In Ordnung, wird gemacht.«
»Du könntest selber hier wohnen.«
»Ich habe doch meine eigene Wohnung.«
»Warum quartierst du dich nicht für die Dauer der Renovierung hier ein?«
»Du weißt genau, dass ich selbst renoviere.«
»Ja, eben deswegen.«
»Liza, mach dir keine Sorgen. Ich werde deine Pflanzen liebevoll hegen und pflegen.«
Danach
»Das reicht für heute«, verkündete ich.
»Findest du?«, entgegnete Amos.
»Wieso, bist du anderer Meinung?«
»Wenn du mich fragst, war das keine Glanzleistung.«
»Vielleicht sind wir nicht in der richtigen Stimmung«, gab ich zurück.
»Ohne Hayden geht es nicht«, mischte Joakim sich ein, »dieser ganze Song ist um seinen Part herum aufgebaut.«
»Wo, zum Teufel, steckt der Kerl?«, ereiferte sich Guy. »Hat er irgendwas zu dir gesagt, Bonnie?«
Ich war auf diese Fragen nicht ausreichend vorbereitet. Was sollte ich antworten? Wie wütend sollte ich mich geben? Schließlich war ich diejenige, die die Proben organisierte und dafür sorgen musste, dass alle Zeit hatten. Sollte ich Bestürzung heucheln? Oder die Beleidigte mimen?
»Nein«, erwiderte ich, »wahrscheinlich ist ihm was dazwischengekommen.«
»Oder er hat es einfach vergessen«, mutmaßte Amos. »Ich glaube nicht, dass wir auf seiner Prioritätenliste recht weit oben stehen.«
»Möglich.«
»Wenn er noch ein anderes Projekt hat«, meinte Guy, »wäre es vielleicht ratsam, das möglichst schnell in Erfahrung zu bringen,
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