Die Konkubine
in die Organisation der Waffengeschäfte verwickelt ist. Einen Hinweis hier, einen anderen dort. Vielleicht hätte unter anderen Umständen niemand darauf gehört, doch in der momentanen Situation können sie es sich nicht leisten, solche Andeutungen zu ignorieren. Sie werden beginnen, ihm zu misstrauen, und schließlich alle Argumente, mit denen er sich verteidigt, für Ausflüchte halten. Wir haben genügend Leute bei den Deutschen, um Andeutungen zu streuen. Wenn sie aus mehreren Quellen kommen, wird man diese Geschichte schließlich glauben. Außerdem sind die Urheber dann nicht auszumachen.»
Mulan wagte es nicht, ihren Herrn anzuschauen. Mit gesenkten Lidern wartete sie auf seine Antwort. Liu Guangsan erwiderte zunächst nichts. Ihr blieb fast das Herz stehen. Er durfte ihren Vorschlag nicht ablehnen! Sie konnte diesen Deutschen einfach nicht töten, diesen Mann, der… Sie verbot es sich, weiterzudenken.
Da legte Liu seine Hand auf ihren Arm. «Kein schlechter Vorschlag.»
Das war ein großes Lob. Mulan begriff, dass er stolz auf sie war. «Nun bist du also wirklich eine von uns geworden, mein Kriegermädchen, Mutter meines Sohnes und nun auch vertrauenswürdige Verbündete im Kampf gegen diese Ausländer und für ein starkes Zhongguo. Du machst nicht nur mir, sondern auch deinem eigenen Namen Ehre. Ich freue mich, dass du nun ganz an meiner Seite stehst. Bisher hatte ich immer das Gefühl, meine Gedanken und mein Herz vor dir verbergen zu müssen. Du hast in deiner eigenen Welt gelebt. Nie bist du aus eigenem Antrieb mit einem Plan, einer Idee für unseren Kampf zu mir gekommen. Doch jetzt bist du aufgewacht. Wir werden deinem Vorschlag folgen. Das ist ein viel besserer Weg, als den Soldaten zu töten. Das hätte nur eine neuerliche Untersuchung zur Folge, die möglicherweise etwas zutage fördert, was geheim bleiben muss.»
Mulan hielt den Kopf gesenkt. Sie schämte sich. Sie hatte diesen Vorschlag nur aus Eigennutz gemacht, nicht aus Liebe zu ihrem Land. Gleichzeitig spürte sie Erleichterung, aber nur für einen Moment. Sie hatte dem Deutschen das Leben gerettet. Seine Ehre war jedoch für immer zerstört. War das nicht ebenso schlimm, wie ihn zu töten? Nein, sie durfte nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatte für ihn getan, was sie konnte. Und für sich, was sie musste, um ihren Sohn und sich zu schützen, um sicherzustellen, dass er behütet aufwachsen durfte. Persönliche Empfindungen spielten keine Rolle. Chinesische Frauen lernten das schon früh.
«Was werden wir tun? Wir müssen etwas unternehmen! Die Deutschen stochern überall herum!» Tang Liwei war außer sich.
Liu Guangsan betrachtete den alten Freund. «Beruhige dich, ich habe einen Weg gefunden.»
Das Gemurmel in der Runde der Kaufleute im Nebenzimmer des Yamen verstummte, die Unruhe legte sich etwas. Die Männer schauten Liu erwartungsvoll an. Sie waren am offiziellen Versammlungsort des Chinesenkomitees zusammengekommen, um keinen Verdacht zu erregen. Die Deutschen konnten sich nicht vorstellen, dass etwas, das in aller Öffentlichkeit geschah, gegen sie gerichtet sein könnte. Außerdem, fand Liu, war der ehemalige Yamen des chinesischen Generals ein ausgezeichneter Ort für konspirative Treffen. So voller Symbolik.
Er hob die Hand. «Nur ruhig, meine Freunde. Ich habe schon alles geregelt. Die Waffen und das Opium werden künftig mit den chinesischen Reisdampfern von Shanghai aus kommen. Ich habe bereits mit unseren Verbündeten dort verhandelt. Auf deutsche Lieferungen müssen wir einstweilen verzichten, aber ich bin zuversichtlich, dass wir unseren ehrenwerten Besatzern bald wunderbare Sündenböcke liefern können. Ich denke, die beiden Sergeanten werden wir opfern. Gegen genügend Geld finden wir neue Komplizen in den Reihen der Marine. Es ist nur eine Frage der Zeit.»
«Und wie soll das gehen, Liu Laoye? Wie können die Deutschen überhaupt wieder Waffen liefern? Die Möglichkeit, sie unter den Schiffsladungen für die Brauerei zu verstecken, fällt aus. Außerdem wäre unter den gegenwärtigen Umständen die Gefahr zu groß, dass unsere Leute beim Umladen entdeckt werden. Wir brauchen das Wohlwollen der Deutschen. Ihr Vertrauen zu uns ist der beste Schutz vor Verfolgung. Es hat dieses Mal doch auch funktioniert. Soweit ich das sehe, tun sie alles, um die Angelegenheit diskret zu regeln.»
«Du hast recht, alter Herr Tang, wir brauchen das Vertrauen der Deutschen. Doch, wie ich schon sagte, es gibt immer eine
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