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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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sprechenden Augen. Er sah, wie die Frau ihren Sohn in den Nebenraum zur Amah brachte, sah den Mann aufstehen, auf die Frau warten, bis sie wiederkam. Er sah die beiden hinausgehen. Ohne ein Wort, nebeneinander, ohne Berührung. Doch sie wirkten tief verbunden. Als gäbe es nur noch sie beide auf dieser Welt.

Kapitel 16
    «ALSO, WAS IST GESCHEHEN, was hat sie erzählt?» Artilleristenmaat Fauth musterte Konrad ungeduldig. «Ich hoffe, Sie haben mir etwas Wichtiges mitzuteilen. Ich habe den Kopf für Sie hingehalten, Gabriel.»
    Was sollte er nur sagen? Er hatte sich während des Ritts zurück einen Vortrag nach dem anderen zurechtgelegt – und wieder verworfen. Übrig geblieben waren nur zwei Tatsachen. Mulan musste fort aus dem Haus von Wang Zhen, denn offenbar bedeutete ihr Aufenthalt dort eine große Gefahr für ihn und seine Familie. Zweitens brauchte sie genau deshalb einen sicheren Ort, an dem sie bleiben konnte, zumindest für die nächste Zeit. So lange bis…? Ja, bis er sie mit sich nahm. Sie und ihren Sohn. Wenn er zurückkehrte nach Deutschland. Und das würde in einigen Wochen der Fall sein. Dann war sein Dienst in China vorbei. Die Soldaten wurden alle zwei Jahre ausgewechselt, immer die Hälfte der jungen Männer durch andere junge Männer abgelöst.
    Doch wer konnte ihr bis dahin Sicherheit bieten? Die Hilfe von Tang wollte sie nicht. Sie fürchtete, er könnte sie an seinen Vater verraten. Also blieben nur die Deutschen. Fauth würde sich aber nur für sie einsetzen, wenn etwas dabei heraussprang, das war ihm klar. Und damit war er wieder bei dem Punkt angelangt, an den er immer geriet. Er musste Mulan verraten, um sie zu retten.
    «Ich kann noch wenig sagen», begann er seine kleine Rede.
    «Das wollen Sie mir doch nicht im Ernst erzählen, nachdem Sie zwei volle Tage fort waren!»
    «Frau Mulan hat große Angst. Sie glaubt, dass sie in Lebensgefahr schwebt, und zögert deshalb zu sprechen, bevor sie sich und ihren Sohn nicht in Sicherheit gebracht hat. Sie ist davon überzeugt, dass Liu Guangsan sie umbringt, wenn er sie findet.»
    «Jetzt erzählen Sie mir nur nicht, die junge Dame hat Sie derart eingewickelt, dass Sie ihr diese Räuberpistole abnehmen. Gabriel, Sie sind doch sonst ein Mann mit klarem Verstand. Zumindest meistens.»
    «Ich weiß, das könnte so ausgelegt werden. Aber jetzt denken wir doch einmal darüber nach. Wenn Song Mulan in Lebensgefahr ist, was ich ihr tatsächlich glaube, dann doch wohl, weil sie etwas weiß, etwas verraten könnte, von dem Liu nicht will, dass es an die Öffentlichkeit kommt.»
    «Und was könnte das sein? Liu ist ein geachteter Mann, mit dem wir gut zusammenarbeiten, seit langer Zeit. Er ist absolut ehrlich uns gegenüber.»
    «Er ist aber auch schlau. Vielleicht ist er einfach noch nicht erwischt worden. Ich glaube, dass er bei einigen Aktivitäten mitmischt, von denen wir nichts wissen. Und das betrifft nicht nur den Import und Export von Waren oder die Vermittlung von Geschäften zwischen Chinesen und Deutschen. Ich glaube, es gibt kaum einen Mann im Schutzgebiet, der so weitreichende Kontakte hat, sowohl zu uns als auch bis in höchste chinesische Kreise. Wenn jemand in der Lage wäre, unentdeckt illegale Waffengeschäfte zu organisieren, dann fiele mir kein Besserer ein als er.»
    «Hat die junge Frau so etwas gesagt?»
    Nun war es so weit. Nun musste er sie verraten. «Nein, aber angedeutet. Dafür hat sie etwas anderes erzählt. Baron von Ketteler ist nicht das Opfer eines feigen Anschlages durch die Boxer geworden, sondern von einem regulären chinesischen Soldaten getötet worden. Der Soldat ist hingerichtet worden, obwohl er nur einem Befehl gefolgt ist. Vor seinem Tod soll Ketteler zusammen mit einem Trupp Soldaten wehrlose Chinesen niedergemäht haben mit der Begründung, sie gehörten zu den Boxern. Zumindest hat Frau Mulan gehört, dass er es gewesen sein könnte. Song Mulan sagt, es waren keine Boxer. Ich glaube, sie weiß mehr darüber. Wenn das stimmt, dann haben die Deutschen wegen eines üblen Subjektes mit China Krieg geführt. Wie stehen wir in den Augen der Welt dann da!»
    «So ein raffiniertes kleines Biest, nicht zu fassen. Sie will uns erpressen! Aber Deutschland lässt sich nicht erpressen! Gabriel, das ist alles nichts als eine dreiste Lüge. Ketteler hat niemanden ermordet. Als er getötet wurde, war er meines Wissens sogar unbewaffnet. Er wollte zum Tsungli Yamen, um zu verhindern, dass die Lage weiter eskalierte. Den

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