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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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haben Sie denn sonst noch gelernt, außer Trompete zu spielen und Frauen in Not zu retten?», erkundigte sich Wilhelm.
    «Ich bin kein Berufsmusiker. Meine Schwester Martha, die mich nach dem Tod der Eltern zu sich genommen hat, wollte, dass ich etwas Solides lerne. Ich habe eine Lehre als Kaufmann abgeschlossen», antwortete Konrad Gabriel.
    «Das scheint eine praktische Person zu sein, Ihre Schwester Martha. Rechnen können sie also auch!»
    «Ein wenig», erwiderte der Gefreite Gabriel bescheiden.
    «Und Ställe mit bloßen Händen ausmisten», fügte Truppel an. Er ignorierte die fragenden Blicke der anderen Herren im Raum.
    Nur der Maiban ließ sich seine erneute Verblüffung nicht anmerken. Diese Deutschen waren wirklich ein merkwürdiges Volk. Ein Kaufmann als Soldat! Welche Verschwendung. Er seufzte unhörbar. Nun, jedenfalls war Mulan von keinem Unwürdigen «gerettet» worden. Das würde es für sie leichter machen, ihre Rolle zu übernehmen. Er vermutete, dass sie mit seiner Taitai, seiner Ersten Nebenfrau und den anderen Frauen des Haushalts hinter dem Vorhang saß und alles gehört hatte.
    «Vielseitig, wie? Dann könnte der Mann ja meine Tochter zur Schule begleiten», überlegte Truppel laut weiter. Er ließ offen, warum er dachte, Konrads Vorbildung könne diesen besonders für die Begleitung des Mädchens qualifizieren. Niemand fragte nach. Alle, die mit ihm zu tun hatten, wussten, dass Truppel manchmal zu Gedankensprüngen neigte. «Müssen wissen, mein Mädel fährt immer in meinem Wagen und in Begleitung eines Soldaten in die Höhere-Töchter-Schule der Franziskanerinnen. Habe leider nicht so viel Zeit wie unser geschätzter Koenig, was? Unser Medicus bringt seine beiden immer höchstselbst zu den frommen Schwestern. Auf dem Fahrrad. Sportliche Familie, das.»
    «Wie ich höre, machen die Franziskanerinnen große Fortschritte, im nächsten Jahr wollen sie sogar ein Pensionat gründen», meldete sich jetzt Chinesenkommissar Schrameier zu Wort. Konrad wusste, das war neben dem Gouverneur einer der wichtigsten Männer im Schutzgebiet. Schrameier hatte die gesamte Land- und Bauordnung der neuen Kolonie entworfen und die Verhandlungen über die Grundstückskäufe geführt. Und jetzt war er der Verbindungsmann zwischen den Sprechern der Chinesen und der Verwaltung. Er wirkte streng auf Konrad, fast asketisch.
    «Ja, gute Sache, diese Schule. Die Gören lernen was. Hätten keine besseren Lehrerinnen finden können als die Nachfolgerinnen des heiligen Franz», bestätigte Truppel. «Kommen immer mehr Schülerinnen. Inzwischen beinahe zwanzig. Und anfangs waren es nur zehn. Dabei ist erst ein Jahr Unterricht! Ha, unser Tsingtau macht sich. Haben auf dem Missionshügel zu diesem Wachstum noch einiges beizutragen, Wilhelm. Selbst Voskamp von der Berliner Mission ist Ihnen voraus, nicht nur im Missionieren von Chinesen, auch bei seinen Jungs, was? Hat schon drei und Sie erst zwei! Ein oder zwei Mädchen täten da oben ganz gut. Geben Sie sich mal Mühe, Wilhelm, damit wir unsere Mädchenschule voll bekommen. Übrigens, was macht die werte Gattin? Geht ihr hoffentlich besser, was? Nach der Geburt des zweiten, Ihres Manfred, musste sie ja sogar zur Erholung nach Japan.»
    Liu Guangsan schüttelte erneut innerlich den Kopf über seine Gäste. Kein gebildeter Chinese würde jemals öffentlich so über eine seiner Frauen sprechen. Er würde sich niemals an diese barbarischen Manieren gewöhnen. Er erinnerte sich gut an diese Reise von Salome Wilhelm zu Missionsfreunden nach Japan. Yuan Shikai hatte ihr außerdem Kontakte vermittelt, ganz unauffällig. Auf dem Schiff ergaben sich zwanglos interessante Begegnungen. Salome Wilhelm hatte nicht geahnt, dass sie mit Unterstützern der Genyosha zusammensaß, einer japanischen Geheimgesellschaft mit Kontakten bis zum Tenno, die überall ihre Agenten hatte. Auch hier in Tsingtau. Liu schätzte die Japaner nicht. Doch es war immer gut, sein Netz möglichst großflächig zu knüpfen. Ah, Yuan war ein Meister darin. Liu spuckte zielgenau in einen mit Blumenmustern verzierten Porzellannapf. Er stand fast drei Meter von ihm entfernt. Einige der Herren zuckten zusammen. Liu hingegen schien über seine Treffgenauigkeit sehr zufrieden zu sein. Hatte Liu dem Missionar eben zugezwinkert? Sollte das eine Provokation sein? Als Maiban wusste Liu sicher, wie sehr die Europäer über diese Sitte die Nase rümpften. Nein, das konnte nicht sein, entschied Konrad. Wilhelm zeigte auch keine

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