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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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gehört in den Topf, nicht auf den Kopf», würdest Du sagen.
    Die meisten Soldaten, überhaupt die meisten Europäer, haben zur chinesischen Bevölkerung nur wenig Kontakte, es sei denn, diese sind Dienstboten. Die Truppenunterkünfte sind stets von Kulis umlagert, kaum ein Soldat wäscht seine Wäsche selbst oder putzt seine Stiefel. Bezahlt wird in Dollars. Die Verpflegung in den Kasernen lässt jedoch viel zu wünschen übrig, obwohl die angelieferten Lebensmittel von guter Qualität sind. Es fehlt einfach an gelernten oder wenigstens brauchbaren Köchen. Es werden nämlich nur solche Soldaten zum Kochdienst abgestellt, die im normalen Dienstbetrieb stören. Was sie produzieren ist oft ungenießbar, weswegen sich viele Kameraden selbst versorgen. Und das sieht dann so aus:
    In jeder Stube steht ein Ofen. Eine Pfanne ist leicht und billig zu beschaffen, Butter gibt es in der Kaserne reichlich mit der Abendverpflegung. Also öffnet man das Fenster und ruft hinaus: «    Seit ich Fauth zugeteilt bin, habe ich die Probleme mit dem Essen nicht mehr, denn wir werden meist aus der Küche des Truppel’schen Haushaltes verköstigt. Und Ihre Exzellenz Anna Truppel hat ihrem chinesischen Koch wunderbare deutsche Rezepte beigebracht. Er kann schon fast so gut Linzer Torte backen wie Du. Aber nur fast. Gegen Deinen Mandel-Apfelkuchen kommt sowieso niemand an.
    Seit er weiß, dass ich gelernter Kaufmann bin, überlässt mir Fauth die Verhandlungen mit dem Zahlmeister, wenn die Ausgaben für den Gouverneurshaushalt mal wieder den gesetzten Rahmen überschreiten – was praktisch ständig passiert. Ich glaube, er mag den Zahlmeister nicht. Ich musste lernen, dass es bei chinesischen Dienstboten, auch bei denen des Truppel’schen Haushaltes, durchaus üblich ist, einen Teil des Einkaufsgeldes abzuzweigen. Squeeze nennt sich das und ist in China gang und gäbe, sogar bei den chinesischen Beamten, die vom Staat kaum Geld bekommen. Die Deutschen wissen das und dulden es stillschweigend – solange die Dienstboten es nicht übertreiben. Deshalb muss ich auch die ganzen Abrechnungen des Truppel’schen Haushaltes überprüfen. Ich glaube, Fauth ist froh, diese lästige Arbeit los zu sein. Und wenn etwas schiefläuft, dann hat er auch gleich einen Sündenbock. Ich muss allerdings sagen, er ist immer gerecht und behandelt mich gut, auch wenn er sich große Mühe gibt, Distanz zu wahren. Ich habe außerdem den Eindruck, dass er mich beobachtet.
    Damit ich in Ruhe rechnen kann, habe ich den Vorzug, allein in einer kleinen Stube (Fangzi oder Wu, wie sie hier sagen) zu wohnen. In meiner Schlummerbude findest Du unter anderem einen geschnitzten chinesischen Tisch, ein deutsches Militärbett auf einem eisernen Bettgestell, einen Spind, einen eisernen Ofen mit dem nötigen Rohr und mit deutscher Tapete versehene Wände. Diese sind mit Bildern fast vollständig bedeckt, darunter ist auch das Foto von Dir, Deinem Mann und den Kindern, das Du mir geschickt hast. Gemütlich ist es, und das ist die Hauptsache.
    Habe ich noch etwas vergessen? Ach ja. Staunen wirst Du vielleicht, wenn ich sage, dass der französische Rotwein hier noch nicht einmal halb so teuer ist wie das Bier. Noch in diesem Jahr soll in Tsingtau übrigens eine neue Bierfabrik gegründet werden. Es gibt schon eine Brauerei, aber es wird gemunkelt, sie habe Probleme – aus Gründen, die ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann. Die Flasche Rotwein kostet sage und schreibe 20 Cent, das sind 34 Pfennige, Bier dagegen in der Kantine 40 Cent und im Restaurant 50 Cent, also fast eine Mark. Auch steht uns Soldaten täglich ein Viertelliter Wein zu, holen tun wir uns jedoch oft einen halben Liter. Fauth lässt außerdem recht oft eine Gans braten, natürlich wilde, denn zahme sind in China unbekannt.
    Dieser Brief wird sicher erst Ende Juni bei Euch eintreffen, habe ich recht? Er hat immerhin einen weiten Weg über Sibirien vor sich. Ich freue mich schon auf Post aus der Heimat. Antworte bald und schreibe, wie es Euch allen geht.
    Viele Grüße aus China Dein Bruder Konrad
    Von seiner Heldentat, der Frau des Maiban und diesem verwirrenden Brieflein schrieb Konrad Gabriel in diesem ersten Brief aus Tsingtau nichts.

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