Die Konkubine
sah.
«Ah, da vorne an dem kleinen Bach, das ist ein deutsches Gasthaus, von Eddenbüttel. Gute Verpflegung und angenehme Zimmer. Zehn Minuten weiter und Sie können auf einem Hügel das deutsche Militär-Detachement mit sehr schönen Parkanlagen sehen», erfuhr er.
Kurz danach hielt der Zug mit quietschenden Bremsen. Sie wurden von einer Abordnung deutschen Militärs erwartet, zwei Soldaten samt Kutscher auf einem offenen Pferdewagen zwecks Beförderung der Besucher. Am Bahnhof entdeckte Konrad aber auch noch ein chinesisches Empfangskomitee, eine Sänfte, begleitet von einem ganzen Tross von bewaffneten Männern. Fauth kletterte aus dem Zug, zeitgleich wurde der Vorhang der Sänfte zur Seite geschoben, ein Mann stieg aus.
Der Maat ignorierte die deutschen Soldaten. Der hochgewachsene Chinese in Militäruniform und der «Vizegouverneur» von Kiautschou gingen zielstrebig aufeinander zu. Auf Fauths Gesicht erschien sogar ein Ausdruck, der sich fast als Lächeln deuten ließ. Die Männer verneigten sich zunächst respektvoll voreinander, lachten und umarmten sich schließlich. Ein erstaunlicher Vorgang, fand Konrad. Er hatte noch nie gesehen, dass ein Europäer einen Chinesen umarmte. Nach einigem Schulterklopfen winkte Fauth seinen Begleiter heran. «Das ist mein Assistent. Er kann Chinesisch.» Fauth hielt es nicht für notwendig, ihn vorzustellen oder ihm zu sagen, mit wem er es zu tun hatte.
Konrad Gabriel verneigte sich: «Hen gaoxing renshi nin, shaoxiao, sehr erfreut, Euch kennenzulernen, Major», radebrechte er.
Er erntete ein Grinsen. «Ihr Chinesisch ist schon ganz gut. Jedenfalls können Sie die Zeichen lesen und wissen, ich bin Major.» Dann wandte er sich wieder Friedrich Fauth zu. Die beiden schienen sich auch ohne seine Hilfe als Übersetzer bestens zu verstehen.
«Wo de hanyu hai hen cha, mein Chinesisch ist noch sehr schwach», erwiderte der Gefreite Gabriel bescheiden, trat diskret einige Schritte zurück und war in diesem Moment über drei Dinge überaus erleichtert. Erstens: Er hatte den Rang seines Gegenübers richtig erraten, «Major» war ihm als Erstes eingefallen. Er kannte sich mit den chinesischen Uniformen nicht gut aus. Den zweiten Grund zur Freude lieferte der Umstand, dass der Major sein Chinesisch überhaupt verstand. Und den dritten, dass er sich nach der vierstündigen Reise endlich die Füße vertreten konnte und dem Qualm der Fauth’schen Pfeife entkommen war.
Das Gespräch schien beendet, die Männer verabschiedeten sich wieder. Der Major stieg nicht wieder in die Sänfte. Sie war wohl für die Besucher gedacht gewesen. Er schwang sich auf einen Rappen, den ein Diener am Zügel hielt, und galoppierte davon; die Sänftenträger und die anderen Männer in seiner Begleitung trabten im Eilschritt hinterher.
Fauth nahm nun endlich Notiz von dem Karren, den das Detachement auf ihre telegrafische Anmeldung hin geschickt hatte, und winkte Gabriel zu. «Übrigens, der Major heißt Hu Haomin. Wir laden unsere Sachen ab und gehen dann ins Gasthaus», informierte er ihn knapp. Auch das, fand Konrad Gabriel, war eine erfreuliche Entwicklung.
Zu seiner Überraschung schlug Fauth eine Stunde später nach dem Gespräch mit dem dortigen Kommandanten allerdings nicht den Weg in das deutsche Gasthaus ein, an dem sie vorher vorbeigekommen waren, sondern marschierte in Richtung Stadt. Er lehnte es rundweg ab, gefahren zu werden. «Niemand muss wissen, wohin wir gehen», sagte er mit verbissenem Gesicht.
Die Stadt Kaumi war von mächtigen Mauern umgeben. Im Stadtgraben hatten sich Händler niedergelassen, das Marktgetümmel bot den Augen ein malerisches Bild, die Nase dagegen hatte einiges zu verkraften. Fauth stapfte zielbewusst durch die Straßen. Er kannte sich offensichtlich aus. Konrad Gabriel stellte fest, dass Handel und Wandel hier sehr rege sein mussten. Unter den Verkaufsläden in den zweigeschossigen Häusern sah er viele Silberschmiede. Es ging an einem Tempel und zahlreichen Monumenten vorbei. «Außerhalb der Stadt gibt es sehenswerte Totenhaine mit uralten Bäumen und ein schönes Mandaringrab mit alten Steinfiguren. Sehr schwer zu finden», klärte Fauth den Gefreiten Gabriel unvermittelt auf und hüllte sich danach wieder in Schweigen. Schließlich steuerte er auf ein chinesisches Restaurant zu. Davor stand schon die Sänfte des Majors. Sie hatten sich also verabredet.
Der Chinese winkte, als er die beiden Deutschen eintreten sah. Sofort begann das Personal, Speisen
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