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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Es dauerte eine Weile, ehe er Tang Huimin gut genug kannte und es wagte, ihn zu fragen, was die Zeichen bedeuteten. Er war wie vom Donner gerührt gewesen, als er begriffen hatte, dass Mulan ihn treffen wollte, um ihm persönlich zu danken. Tang hatte ihn seltsam angeschaut, als er die Botschaft vorlas, aber keine weitere Bemerkung dazu gemacht.
    Seitdem grübelte er, wie er sie wiedersehen könnte. Denn als er die Botschaft endlich verstanden hatte, war es zu spät gewesen und der Zeitpunkt des Treffens längst verstrichen. Er hatte sich überall nach ihr erkundigt, doch sie war unerreichbar aus seinem Leben verschwunden. Auch Salome Wilhelm, die Mulan kannte, wusste nicht genau, was mit ihr war. Es hieß, sie sei schwer erkrankt. Ob er Tang Huimin bitten sollte, ihr eine Antwort zu überbringen? Nein, das hätte sie kompromittiert. So gut kannte er den jungen Tang noch nicht. Draußen war es still, der ewige Baulärm für einige Stunden verstummt, und Konrad Gabriel meinte sogar, das Rauschen der Meereswellen zu hören. Als er ans Fenster ging, bemerkte er, dass der Wind aufgefrischt hatte.
    Die Türe knallte gegen die Wand, Friedrich Fauth stürmte in seine Kammer. Er paffte ausnahmsweise eine Zigarre, drückte sie am Fensterrahmen aus und steckte die halb gerauchte Havanna dann sorgsam in die Brusttasche seiner Marineuniform. Fauth behauptete immer, das chinesische Kraut sei ungenießbar. Konrad fragte sich, woher der Maat das Geld für derart teure Zigarren hatte.
    «Auf, Gabriel, der Gouverneur will uns sehen!», blaffte er.
    «Jetzt, mitten in der Nacht?»
    «Jetzt, mitten in der Nacht. Sie gewöhnen sich am besten gleich daran.»
    «Und weshalb will Exzellenz uns sprechen?»
    «Wenn er wollte, dass es ganz Tsingtau innerhalb einer Viertelstunde erfährt, dann hätte er seinen Boy geschickt.»
    Konrad Gabriel schloss das Fenster. Der Luftzug, der dabei zwischen der geöffneten Kammertür und dem Fenster entstand, brachte das Licht der Kerze auf dem Tisch zum Flackern. Konrad hatte zwar eine elektrische Deckenlampe, doch zum Nachdenken bevorzugte er diese Form der Beleuchtung. Das Flackern gab Fauth ein fast dämonisches Aussehen. Dieser hatte bereits wieder auf den Hacken kehrtgemacht und marschierte aus dem Zimmer. Er schaute sich nicht einmal um, ob Konrad ihm folgte.
     
    Truppel lief in seinem mit chinesischer Seide gefütterten Morgenmantel unruhig in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Nur einige wenige Gegenstände verrieten, dass sie sich in China befanden. Die schweren Samtvorhänge waren zugezogen, die Perserteppiche auf den rot lackierten Dielen, der große Eichenschreibtisch, die Konsole und die tickende Uhr darüber vermittelten die Atmosphäre eines deutschen Zimmers. Auf dem Tisch aus Nussbaum lag eine Decke aus feinstem Leinen mit guter deutscher Lochstickerei, die Stühle mit der geflochtenen Rückenlehne hatten reiche Verzierungen und gedrechselte Beine. Darüber prunkte der Kronleuchter. Die Gouverneursvilla hatte als eines der ersten Häuser von Tsingtau schon vor einer ganzen Weile elektrisches Licht bekommen.
    Der Gouverneur machte nicht viele Umstände. «Sie haben den verschwundenen Heizer gefunden, tot. In Wei hsien. Gouverneur Zhou Fu hat mir freundlicherweise eine Nachricht geschickt. Ich will kein Aufsehen, solange ich nicht weiß, was da geschehen ist. Fauth, kümmern Sie sich darum. Umgehend. Und halten Sie den Mund über diese Angelegenheit.»
    Fauth salutierte zackig. «Zu Befehl, Exzellenz. Und warum sollte ich Gabriel mitbringen?»
    «Kann doch Chinesisch, habe ich gehört. Will keinen unserer Dolmetscher mitschicken. Gäbe nur unnötiges Gerede, was? Bei Ihnen kennen die Leute das schon, sind ja immer mal wieder fort, was? Den Gefreiten vermisst sowieso niemand.»
    Konrad schluckte trocken.
    «Jawoll, Exzellenz», antwortete Fauth.
    Oskar Truppel musterte den Gefreiten Gabriel, der sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätte. Besonders der Satz mit den Chinesischkenntnissen bereitete ihm Sorgen. «Meinen Sie, Sie schaffen das, Gabriel?»
    Konrad meinte das nicht. Sein Wortschatz war noch immer ziemlich bescheiden. Zu seinem Glück kannte Fauth noch weniger Ausdrücke. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig als eine positive Antwort, auch wenn er sich damit auf ein sehr schwankendes Terrain begab. Das konnte er an der Miene Truppels ablesen. «Jawoll, Exzellenz.»
    Der Gouverneur nickte anerkennend. «Scheint sich gut zu machen, was Fauth?»
    Der kleine Mann zwirbelte an

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