Die Konkubine
aufzutragen. Das Mahl begann mit einem Nudelgericht, es folgte Fisch, Huhn mit Erdnüssen, Kohl mit Hackfleisch, gebackener Fisch, weiße und rote Bohnen versetzt mit Hirse und weiteren Erdnüssen, Rindfleischstreifen, Krabben süßsauer, eine herrliche Nudelsuppe, die alle drei Männer mit Behagen schlürften – der Zug der Teller schien nicht abreißen zu wollen. Dazu gab es den üblichen grünen Tee. Der Major bestellte außerdem lachend ein Bier. «Es gibt Dinge, die sind nicht schlecht bei den Deutschen», bemerkte er vergnügt. «Aber du, mein Freund, trinkst ja meistens nur Brauselimonade.» Was? Brauselimonade? Fritz Fauth?
Nun hatte er schon wieder etwas gelernt an diesem Tag. Konrad Gabriel selbst begnügte sich mit Tee und hörte zu.
Ihr Gastgeber sprach überraschend gutes Deutsch. Es ging um gemeinsame Erlebnisse, um die Familie des Majors. Alles deutete darauf hin, dass sich die beiden prima verstanden. Moment, war das nicht sogar der Mann, dessen Bild auf Fauths Schreibtisch stand? Konrad Gabriel hatte sich schon darüber gewundert. Das war jedenfalls nicht üblich. Das Gespräch plätscherte weiter. Hus Frauen mitsamt ihren Kindern schienen alle wohlauf zu sein. Dass er mit Fauth überhaupt über seine Familie sprach, deutete auf großes gegenseitiges Vertrauen hin.
Konrad wusste inzwischen, dass ein solches Vorgeplänkel dazugehörte. Kein Chinese kam umgehend zur Sache. Das war unhöflich. Auch der warme Frühling wurde abgehandelt und der Umstand, dass in einigen Wochen die sommerliche Regenzeit einsetzen würde. Fauth riss mit den Stäbchen geschickt ein Stück aus dem gedünsteten Fisch und klärte seinen Freund darüber auf, dass in diesem Frühjahr mit dem Wechsel der Meeresströmungen ungewöhnlich große Schwärme von etwa ein Meter langen Makrelen und auch viele Degenfische in die Netze der Fischer gegangen seien. Der Major nahm das mit Interesse zur Kenntnis.
Konrad tat sich noch immer schwer mit der Handhabung der Stäbchen. Deswegen ließ er den Fisch Fisch sein und beschränkte sich auf die bereits kleingeschnittenen und deshalb besser zu packenden Fleischstücke.
«Was ist geschehen, was sagen die Leute?», fragte Fritz Fauth seinen Freund schließlich. «Der Kommandant des Detachementes hat Truppel berichtet, der Heizer Kruse sei auf einem Feld gefunden worden, wahrscheinlich hinterrücks ermordet von Chinesen. Jedenfalls hat er Messerstiche im Rücken. Kann es sein, dass er versucht hat, mit einer chinesischen Frau, äh, anzubandeln, und ihr Mann hat ihn dann umgebracht?»
Konrad hatte von solchen Fällen gehört. Noch vor nicht allzu langer Zeit hatte das Gouvernement dafür gesorgt, dass ein Chinese hingerichtet wurde, der sich an dem Vergewaltiger seiner Frau gerächt hatte. Der betreffende deutsche Soldat war zur Gerichtsverhandlung in die Heimat expediert worden. Gabriel wusste nicht, was mit ihm dort geschehen war. Jedenfalls schien die Gouvernementsverwaltung inzwischen entschlossen, solchen Vorkommnissen Einhalt zu gebieten, um das langsam wachsende Einvernehmen zwischen den Chinesen im Pachtgebiet und den Marineangehörigen nicht zu gefährden. Doch die Einheimischen blieben zurückhaltend.
«Truppel ist sehr daran interessiert, die Schuldigen zu bestrafen, auch wenn es Deutsche sein sollten», ergänzte Fauth. «Also, was erzählen die Leute? Mit dir reden sie vielleicht eher als mit mir.»
Der Major wiegte mit dem Kopf. «Es ist noch zu früh, Genaues zu sagen. Natürlich gibt es die üblichen Gerüchte, es handele sich um eine – nun, nennen wir es Liebesgeschichte. Doch die Dorfältesten zucken nur die Schultern, sagen, sie wissen von nichts. Ich soll dir und damit Seiner Exzellenz Truppel jedoch im Namen von Gouverneur Zhou Fu versichern, dass wir alles tun werden, um der Angelegenheit auf den Grund zu gehen.»
Fauth nickte. «Wer hat diesen Kruse denn gefunden?»
«Ein Bauer, der mit seiner Familie das Unkraut auf seinem Weizenfeld jäten wollte. Er wäre beinahe über ihn gefallen. Er hat das dann seinen Dorfältesten gemeldet, die sich an den Bezirksrichter gewandt haben und dieser dann an die Leute von Gouverneur Zhou Fu. Eine Schleifspur deutet darauf hin, dass Kruse nicht auf dem Feld ermordet worden ist, sondern an einem anderen Ort. Außerdem fand sich dort wenig Blut. Wäre er zwischen den Weizenhalmen erstochen worden, dann hätte sein Blut die Erde tränken müssen.»
«Es ist also schon eine ganze Weile her, dass der Mann umgebracht worden ist»,
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