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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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stellte Fauth fest. «Deiner Erzählung nach mindestens vier Tage.»
    «Ja, leider. Aber die Bauern hatten Angst, die Sache direkt an das Militär-Detachement zu melden. Sie fürchteten, die Soldaten würden ausrücken und sie aus Vergeltung alle umbringen.»
    Fritz Fauth zündete seine Pfeife an. «Exzellenz Truppel ist ein gerechter Mann. Und ein friedfertiger. Er würde niemals Soldaten schicken, ohne vorher genau zu wissen, was geschehen ist.»
    «Der deutsche Gouverneur ist sicher ein gerechter Mann. Doch hat er immer alle seine Offiziere unter Kontrolle? Könnte es nicht sein, dass einer seiner Untergebenen unbedachte Dinge tut, während Truppel gerade in eine andere Richtung schaut?»
    «In der Reichsmarine herrscht Disziplin, Hu Haomin», fuhr Fauth auf, beruhigte sich dann aber gleich wieder.
    Konrad Gabriel wusste, der Chinese spielte auf einige Vorfälle im Laufe des Boxer-Aufstandes an, als sich verzweifelte Bauern, nach einer Zeit der Cholera-Epidemien, der verheerenden Überschwemmungen und der Hungersnot den Rebellen angeschlossen hatten. Das rigorose Vorgehen der Schantung-Eisenbahngesellschaft, die ihre Schienen sogar über die Gräber der Ahnen bauen wollte, die das Fengshui von Wasserläufen und Landschaften zerstörte, war der letzte Funke gewesen, der die Glut entzündet hatte. Der Aufruhr brach los, noch angeschürt von Flugblättern. Die Fremden hätten die Ahnen und die Götter erzürnt, hieß es darauf. So lange sie im Land seien, werde es niemals wieder eine gute Ernte geben. Auch das hatte ihm Tang erzählt.
    Der frühere Gouverneur von Schantung, Yuan Shikai, hatte rigoros für Ruhe gesorgt. Später hatte ihn der Kaiser sogar zum Generalgouverneur befördert, zum Tsung-tu. Es gab in China lediglich acht dieser hohen Beamten. Yuan war damit gleichzeitig auch Generalzensor und Kriegsminister in seinem Machtbereich. Und nächst dem Kaiser der höchste Herr über die Menschen der Provinzen Schantung, Hubei, Henan und Tschili.
    «Ich weiß», räumte Fauth gleich danach ein. «Es ist einiges nicht ganz so gut gelaufen. Doch das war zu einer anderen Zeit unter einem anderen Gouverneur. Oskar Truppel hingegen würde es niemals zulassen, dass die Gräber der Ahnen geschändet werden. Zumindest nicht ohne eine Entschädigung für die Nachkommen.»
    Konrad Gabriel hatte auch davon gehört. Unter anderem zum Beispiel, dass manche Chinesen eine Entschädigung kassiert, dann die Gebeine der Ahnen schnell wieder ausgebuddelt und dort vergraben haben sollen, wo die Schienen demnächst hinkommen würden. Er wusste jedoch nicht, ob das nur ein Gerücht war. «Damals soll es auch Flugblätter gegeben haben», platzte er heraus.
    Fritz Fauth und Hu Haomin schauten den Gefreiten erstaunt an. Er erkannte, dass sie während der Unterhaltung seine Anwesenheit völlig vergessen hatten.
    Nach kurzem Zögern griff der Major in seinen Ärmel, zog ein Papier heraus und legte es vor Konrad Gabriel auf den Tisch. «Hier, Soldat, lies! Du kannst doch Chinesisch.» Das wirkte plötzlich feindselig.
    Konrad senkte den Kopf. «Leider weiß ich zu wenig, um die Zeichen alle zu verstehen», gestand er und hoffte, den richtigen Ton getroffen zu haben.
    Es schien so zu sein, denn der Major lachte, wurde dann aber gleich wieder ernst. «Gut, dann übersetze ich, was hier steht. Diese Zettel kursieren seit dem Tag nach dem Mord an diesem Heizer. Ich wollte euch das ersparen und bitte tausendfach um Entschuldigung für diese Anschuldigungen. Jeder gebildete Chinese weiß natürlich, dass sie nicht wahr sind.»
    An den genauen Wortlaut konnte sich Konrad später nicht mehr erinnern, doch der Inhalt erschreckte ihn zutiefst. Da wurden die Christen des Inzests bezichtigt und der Sodomie. Dazu der Kastration von Knaben. Und sie wurden beschuldigt, Magie zu betreiben. Diese Praktiken sollten auch von chinesischen Christen gegenüber nichtchristlichen Chinesen angewendet worden sein.
    Fauth fluchte. Lang und wortreich. «Geht das schon wieder los! Deshalb also deine Zweifel, Major.»
    Dieser nickte. «Ja, es scheint so. Dieses Flugblatt hat übrigens noch etwas sehr Seltsames. Es trägt das Zeichen dieser Sekte, der Grünen Bande.»
    «Das ist wirklich seltsam», stimmte Fauth zu. «Meines Wissens agieren die Leute dieser Triade doch eher im Süden und machen ihre Geschäfte mit Schutzgelderpressung und anderen netten Sachen. Warum sollten sich solche Leute mit dem Verhalten von Christen beschäftigen? Ist das denn

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