Die Korallentaucherin
selbst an«, rief Isobel, die am Heck einstieg. »Es gibt hier doch noch Fische. Und bis in zwanzig Metern Tiefe ist die Ausbleichung nicht allzu schlimm. Je tiefer man natürlich kommt, desto weniger Licht haben die Korallen. Besorgniserregend ist allerdings, dass die Wassertemperatur leicht gestiegen ist. Das ist nicht gut für die Korallen.« Sie setzte ihre Taucherbrille ab und lächelte Jennifer an. »Es ist wunderschön, und eines Tages sollten wir dich in meine Welt holen. Bald.«
Lloyd reichte gekühlte Drinks, Tony fotografierte, daher achtete niemand besonders auf ihre letzte Bemerkung.
Auf dem Weg zurück zur Insel, das Haimobil im Schlepptau, schrieb Gideon seine Beobachtungen auf, und Isobel, die am Bug saß, sprach in ihr Diktaphon. Lloyd konzentrierte sich aufs Steuern des Boots und des fischähnlichen Fahrzeugs in seinem Gefolge.
»Ich hätte nie erwartet, dich mal sprachlos zu erleben.« Jennifer lachte.
Tony schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht. Zuerst habe ich mich orientierungslos gefühlt. Ich dachte, ich würde Platzangst bekommen, aber dann war es wie im Surround-Kino, ich war mitten im Film. Das Merkwürdigste war das Gefühl, nicht zu wissen, wo oben und unten ist. Diese Maschine ist schon erstaunlich.«
»Wie fliegen unter Wasser.«
»Ja, das kommt der Sache am nächsten. Komisch war auch die Beziehung zwischen Isobel und Gideon. Ganz anders als sonst. Ich fühlte mich in sicheren Händen, denn die beiden wussten, was sie taten. Und ich sollte meine Eindrücke schnellstens aufschreiben, bevor sie sich verflüchtigen.«
Jennifer fühlte wie eine Außenstehende und wünschte sich, nicht unter dieser Meeresphobie, wenn man es so nennen konnte, zu leiden. »Dann schreibe ich meine Eindrücke von
dir
auf. Hast du jemals zuvor eine derartige Euphorie empfunden?«
Er senkte den Blick und lächelte weich. »Wenn ich verliebt war, vielleicht.«
Lloyd reichte Tony eine Dose Bier. »Ich denke, das kannst du jetzt gebrauchen.«
Tony nahm die Dose, riss sie auf und reichte Lloyd den Ring. »Da denkst du richtig. Danke.«
Zurück in der Forschungsstation, saß man in Gruppen an Tischen vor der Kantine und besprach den Tauchgang. Mac nahm Jennifer beiseite.
»Dein Zimmer ist geputzt, frische Bettwäsche aus der Ferienanlage und deine Sachen stehen bereit. Ich denke, es wird dir gefallen. Behalte deinen Arbeitsplatz bei Rudi, deine Unterkunft ist nicht groß genug, und du willst sicher nicht immer nur in deinem Zimmer hocken. Es befindet sich im oberen Stockwerk; du hast sogar einen kleinen Balkon. Aber die Häuser sind nicht sehr solide gebaut; falls ein Tropensturm kommt, laufe ins Freie.«
»Das soll ein Witz sein, oder?«
»Hm … nein. Das Hauptgebäude der Forschungsstation entspricht den Bauverordnungen, aber die restlichen Gebäude sind irgendwie erbaut worden, und zwar nicht unbedingt vorschriftsmäßig. Tony wohnt im Erdgeschoss, aber er ist ein ruhiger Mieter. Dusche und Klo benutzt ihr gemeinsam, aber nur ihr zwei. Du brauchst nicht die Dusche zu benutzen, die für die Studenten vorgesehen ist. Allerdings befindet sich da auch die Wäscherei, aber vermutlich kannst du ja deine Wäsche in der Ferienanlage waschen lassen.«
»Mac, das alles ist prima. Es ist ja viel einfacher, als ich gedacht hatte. Sogar Blair verhält sich ganz nett.«
»Das hier ist aber kein Ferienlager, meine Liebe. Du musst dich schon anstrengen, wenn du wirklich studieren willst.« Seine Augen lächelten.
Jennifer fiel ihm um den Hals. »Mac, ich ziehe das durch. Für mich, aber auch für dich. Es kann losgehen.«
Die sogenannten VIP -Unterkünfte befanden sich an der sandigen »Hauptstraße«, die an dem Laborgebäude, den Studentenunterkünften mit der Kantine und dem Aufenthaltsraum und dem Bereich der barackenartigen Häuschen entlangführte, in denen Mac und Rudi und die Doktoranden wohnten. Isobel stand die beste der beiden zweistöckigen Unterkünfte zur Verfügung. Das Häuschen wirkte wackelig, und als Jennifer daran hinaufblickte, zweifelte sie an der Tragfähigkeit des Holzbalkons. Eine Außentreppe führte zu ihrem Stockwerk. Das Bad befand sich im hinteren Teil; über den gerodeten Platz spannte sich eine Wäscheleine bis zu den Pisonien und Keulenbäumen. Es schien ein ruhiges Plätzchen zu sein, denn die Studentenunterkünfte lagen weit entfernt.
Sie stieg die Treppe hinauf und fand sich in einem offenen Wohnbereich mit Kochnische, Schlafplatz und Balkon wieder. Die Einrichtung war
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