Die Korallentaucherin
Ich glaube nicht, dass Rosie davon weiß. Doyley hat versucht, es zu vertuschen.«
»Wusste Blair davon?«
Lloyd wurde verlegen. »Ich glaube nicht. Offen gestanden, ich glaube, die großen Bosse sind ihm wichtiger. Ich will ihm nichts Schlechtes nachsagen, aber er arbeitet an seiner Beförderung, denke ich.«
»Blair ist sehr ehrgeizig«, bestätigte Jennifer gleichgültig und hätte gern gewusst, inwieweit Lloyd über ihre und Blairs Probleme informiert war.
»Ich glaube nicht, dass diese beiden Kerle bei Reef Resorts viel zu sagen haben. Laut Gideon jedenfalls nicht. Wenn man vom Teufel spricht …«, fügte er hinzu.
Denn in diesem Moment krächzte Gideons Stimme aus dem Funkgerät. »Wir überqueren das südwestliche Ende von Scarf’s Reef, machen noch einen Tauchgang, dann kommen wir wieder rein. Over.«
»Roger, Gideon. Wir ankern wie besprochen. Over.«
»Wir tauchen im Umkreis von fünfzig Metern auf. Die Sicht ist gut. Over, out.«
»Möchte wissen, wie tief sie gegangen sind«, sagte Jennifer.
»Isobel prüft den Zustand des Riffs, weil sie sehen will, ob auch dort, wie am inneren Riff, Bleichung stattfindet. Oder ob es andere Probleme gibt, wie einen Befall mit Dornenkronenseesternen.«
»Vielleicht finden sie heraus, wo die großen Fische sich herumtreiben«, sagte Jennifer.
»Aber sicher. Das Problem ist nur, sie ziehen weiter«, sagte Lloyd und lachte. »Ich war schon mit Leuten zum Angeln und hatte mit dem Echolot eine Schule Fische direkt unter uns ausgemacht, aber nicht einer hat angebissen.«
»Mir ist nicht wohl dabei, diese großen Fische zu fangen«, sagte Jennifer.
»Tja, vielleicht können Carmel und ich dich eines Tages mal zu einem Segeltörn überreden.«
Jennifer mochte Lloyd und vertraute ihm. »Ich habe große Achtung vor deiner Seemannskunst, Lloyd, aber daran muss ich noch arbeiten. Kann Carmel segeln?«
»Ich hab’s ihr beigebracht. Wir planen sogar einen Ausflug mit Isobel, Gideon und ein paar anderen. Irgendein Freund von Isobel kommt mit einem ziemlich großen Schoner her. Ein solides, stabiles Boot. Das wird ein Spaß.«
»Ich will’s mir überlegen«, sagte Jennifer, und es war ihr ernst. »Wie eng ist deine Beziehung mit Carmel?«, fragte sie und dachte, dass die beiden trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft doch sehr gut zusammenpassten.
Wie ein Echo auf ihre Gedanken antwortete Lloyd: »Sehr eng. Ich glaube, ich liebe sie. Das heißt« – er grinste – »woher will man das so genau wissen?« Dann fuhr er fort: »Wir kommen aus sehr unterschiedlichen Familien. Ihre Familie ist ziemlich reich, glaube ich. Aber sie und mein Dad verstehen sich bestens. Wirklich wichtig ist nur die Tatsache, dass wir die gleichen Dinge mögen, dass wir beide großes Interesse haben an dem, was wir hier tun. Mein Job in der Ferienanlage gilt dem Geldverdienen. Von Gideon zu lernen und zu verfolgen, was die Leute in der Forschungsstation leisten, das ist unsere gemeinsame Leidenschaft.«
Jennifer blickte aufs Meer hinaus und schwieg eine Weile. Seine Antwort gab ihr das Gefühl, innerlich hohl zu sein, und sie verdeutlichte ihr wieder einmal die tiefe Kluft zwischen ihr und Blair. Plötzlich durchbrach das Haimobil als willkommene Ablenkung den Wasserspiegel. Es schwankte und schaukelte sanft, während Lloyd den Anker lichtete und darauf zuhielt. Als das Fischerboot sich auf gleicher Höhe mit dem Haimobil befand, wurde die Luke geöffnet, die Leine befestigt, und Isobel glitt ins Wasser. Sie schob das Fahrzeug zur Seite, wo die Schutzbojen verhinderten, dass es gegen den Schiffsrumpf prallte. Gideon und Tony wurden an Bord geholt. Beide hatten ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
»Wir müssen wohl gar nicht erst fragen, wie es war«, sagte Jennifer.
»Herrgott, du musst das auch mal machen! Unbedingt!«, rief Tony, so übersprudelnd vor Begeisterung, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Er grinste übers ganze Gesicht, seine Augen blitzten, und ihm schienen die Worte zu fehlen, um das Erlebte zu schildern. Stattdessen packte er Jennifer und schüttelte sie. »Es ist phantastisch, verdammt noch mal! Du musst das sehen!«
Gideon öffnete den Reißverschluss seines Taucheranzugs und schüttelte das Wasser aus seinem silbrigen Haar. »Es war wirklich gut. Das Fahrzeug funktioniert. Ich dachte zwar, der Motor hätte einmal ausgesetzt, als wir stillstanden, aber insgesamt lief alles prima.«
»Und was habt ihr gesehen?«, fragte Lloyd.
»Schau es dir beim nächsten Tauchgang
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