Die Korallentaucherin
falls Jennifer und Blair auseinandergingen, nicht behaupten konnte, sie hätte es ja von Anfang an gewusst, Männern darf man nicht vertrauen und so weiter. Vis Beobachtungen jedoch sagten ihr, dass es Jennifer und Blair ziemlich ernst war, und das äußerte sie auch Don gegenüber.
»Himmel, ich hoffe nicht, Schatz. Er ist ja ein netter junger Mann, aber Jen muss doch ein bisschen in der Welt herumkommen. Du weißt schon, ein bisschen leben.«
»Ich wollte, sie könnte es sich leisten, nach dem Examen nach Übersee zu reisen«, sagte Vi. »Das Problem ist nur, dass Tina würde mitkommen wollen.«
»Das ist nur zu wahr«, pflichtete Don ihr bei. »Ich würde ihr anbieten, etwas beizusteuern, falls Jen reisen will. Aber nicht, wenn ihre Mum sich an sie hängt. Vielleicht würde sie ja gar keinen Urlaub bekommen«, fügte er hinzu.
»Don, Tina würde ihren Job einfach schmeißen, wenn sie dafür mit Jen verreisen könnte.
»Hast recht, Schatz … Kommst du mit und schaust dir meine beiden neuen Pfirsichbäckchen an?«
Jennifer war glücklich wie noch nie. Ihre Beziehung mit Blair war stark und gefestigt. Sie verbrachten die meisten Wochenenden in gemütlicher Häuslichkeit zusammen. Sie war froh, dass ihre Mutter nicht mehr einsam war und ihren Job anregend fand, und sei es nur durch ihre Kritik an den Wohnungspreisen, den Strategien der Makler und den übrigen Angestellten. Jennifer kam oft zu Kurzbesuchen zu Christina bei Vi und Don. Um ihr schlechtes Gewissen zu beschwichtigen, weil sie sich mit Vi (manchmal kam auch Don mit) und Blair zum Essen traf, lud sie Christina häufig zum Mittag- oder Abendessen ein.
Christina regte sich ständig über die Preise auf. »Du solltest nicht so viel Geld für mich ausgeben. Du meine Güte, wie können die für das bisschen Essen solche Preise verlangen?«
Wahre Erfüllung aber fand Jennifer bei ihrer Arbeit und an der Uni. Die Seminare machten ihr Freude, und sie belegte noch ein Zusatzseminar in Ökologie. Ihren Teilzeitjob im Nationalpark hatte sie ausgeweitet. Die Beziehungen, die ihr Job ihr einbrachte, erwiesen sich als nützlich, und sie verbrachte viel Zeit mit diversen Rangern im Freien. Sie reiste in Grenzgebiete nördlich und südlich von Sydney und war fasziniert von den Binnenwasserwegen, den Feuchtgebieten und dem Buschland. Als sie bei West Head auf der Landspitze stand, glaubte Jennifer, noch nie im Leben eine so schöne Gegend gesehen zu haben. Sie blickte zur Halbinsel Palm Beach mit der stumpfen Spitze der Landzunge Barrenjoy Headland hinüber; Lion Island war, an der Mündung von Pittwater und vor Broken Bay gelegen, der Brandung des Pazifik ausgesetzt, und hinter ihr dehnte sich der Nationalpark Ku-ring-gai aus. Hier fanden sich Tiere, Pflanzen und Malereien der Ureinwohner, die schon Jahrhunderte vor Captain Cooks Landung an dieser Küste existiert hatten.
Jennifer atmete tief durch. Sie spürte plötzlich den Wunsch, sich über die Landspitze fallen zu lassen und wie in Zeitlupe zu fliegen. Ganz deutlich empfand sie das Gefühl des Schwebens, Gleitens, Treibens auf Luftströmungen, des Herabstoßens aus großer Höhe, um die Wasseroberfläche zu streifen.
Sie hoffte sehr, dass diese Gegend sich nie veränderte, und sie war froh, mit den bewundernswerten engagierten Menschen zusammenzuarbeiten, die solche Gebiete schützten.
Sie sprach gern mit den Rangern über ihre Beobachtungen und Gedanken, da sie mit Blair nicht darüber reden konnte. Sie wusste, dass er keinen Gedanken daran verschwendete, was sie nach ihrem Examen tun würde, weil er sich auf seine eigene Karriere konzentrierte.
Und Blairs Zukunft sah strahlend aus. In dem Jahr, das er als stellvertretender Direktor in dem Hotel verbrachte, hatte er einen großen Eindruck hinterlassen. Als man erkannte, dass er über die Gabe verfügte, das Personal zu führen und zu motivieren, übertrug man ihm größere Verantwortung. Seine Jugend betrachtete man als Vorteil, außerdem verfügte er über solide Marketing- und Administrationskenntnisse sowie Erfahrung in der Hotelarbeit von der Küche bis zum Empfangstresen. Alle prophezeiten ihm großen Erfolg, ganz gleich, in welche Richtung er seine Energien lenkte.
»Jenny … ich habe mir etwas für deinen Geburtstag überlegt.«
»Wieso, Blair? Der ist doch erst nächste Woche.«
»Es sollte eigentlich eine Überraschung sein, aber du solltest dir übers Wochenende lieber freinehmen. Ich dachte, wir könnten mal
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