Die Korallentaucherin
verreisen.«
»Wirklich? Das wäre schön. Wohin? Wie lange?«
»Ich kann im Moment nur drei Tage Urlaub bekommen. Doch im Hunter Valley gibt es ein phantastisches Nobelhotel. Durch unser Hotel können wir einen schönen Rabatt bekommen. Wie wär’s? All diese Weingüter, hübsche Restaurants, eine romantische Suite …«
»Wie schön!« Sie umarmte ihn und versuchte vor ihm zu verbergen, dass ihre Augen plötzlich in Tränen schwammen.
Jennifers Geburtstagspläne wurden von ihrer Mutter nicht freudig aufgenommen.
»Du verreist an deinem Geburtstag? Mit irgendwem zusammen?« Christinas Miene stand in krassem Gegensatz zu Vis und Dons strahlenden Gesichtern.
»Nicht mit irgendwem, Mum. Mit Blair. Wir sind jetzt fast ein Jahr zusammen. Er hat den Ausflug organisiert. Alles hört sich geradezu himmlisch an. Wir gehen im Weinbaugebiet in die Oper!«
»Seit wann interessierst du dich für Opern? Gib acht, Jennifer, ich möchte nicht, dass dieser Kerl dir weh tut. Offenbar kommt er aus einer besseren Familie als du, und du weißt doch, Schuster, bleib bei deinen Leisten.«
»An Jennifers Erziehung oder Familie ist nichts auszusetzen«, bemerkte Vi scharf. »Und wie soll ein Mensch denn wachsen und lernen, wenn er keine Erfahrungen sammelt?«
»Tja, ich hoffe, sie weiß diese Gelegenheit zum Sammeln von
Erfahrungen
zu schätzen«, sagte Christina. »Zu unserer Zeit gehörte sich so etwas nicht, Vi. Mit einem Mann in ein schmutziges Wochenende zu verreisen – und damit auch noch zu prahlen!«
»Wäre es dir lieber, wenn ich es heimlich täte und behauptete, ich würde mit einer Freundin wegfahren?«, fragte Jennifer ruhig. Sie war gekränkt. Sie sah Don an und hoffte, er würde eingreifen und den Ärger ihrer Mutter auslöschen. Sie wusste, dass er Christina nicht offen kritisieren, wohl aber die Spannung auflösen würde, die sich zwischen Vi, Christina und Jennifer aufgebaut hatte.
»Wie wär’s dann mit einer kleinen Vor-Geburtstags-Party? Wir könnten irgendwo nett zu Abend essen. Oder mal was ganz anderes machen … Vielleicht ein Picknick?«
»Das ist eine prima Idee, Don«, bekräftigte Vi.
»Dieses Jahr werden wir aber wirklich verwöhnt«, sagte Christina mit einem schmalen Lächeln. »Was immer du willst, Jennifer.«
»Ein Picknick wäre toll. Am Donnerstagabend.« Jennifer war erleichtert.
»Oh. Donnerstag.« Christina schaute sich um. »Gibt es hier irgendwo einen Kalender?«
Was jetzt?
Vi und Jennifer tauschten einen amüsierten Blick und konnten sich kaum das Lachen verbeißen.
Christina kehrte ihnen den Rücken zu und blätterte die Seiten des Kalenders an der Küchenwand um. »Oje.« Sie sah die anderen bestürzt an. »Tja, dann muss ich wohl absagen.«
»Du hast etwas vor?«, fragte Vi mit hochgezogener Augenbraue.
»Nichts von Bedeutung.«
Pause
. »Ich nehme seit einem halben Jahr Tennisunterricht. Am Donnerstagabend haben wir unser erstes kleines Match.«
Alle starrten Christina an, die aufrichtig betrübt wirkte. Mit einem Blick in die drei verblüfften Gesichter erkannte sie die Wirkung ihrer Worte.
»Was schockiert euch so? Ich bin nicht senil, versteht ihr?«
Jennifer sah ihre Mutter an, sah sie zum ersten Mal seit Jahren wirklich unvoreingenommen an. Sie sah eine schlanke, drahtige, aber gut durchtrainierte und sonnengebräunte Frau Anfang fünfzig. Sie hatte ihr Haar gefärbt, was Jennifer nie aufgefallen war. Christina hatte ein paar graue Haare gehabt, die jetzt aber verschwunden waren, und ihre Nägel waren rot lackiert. »Mum, das ist phantastisch! Warum hast du uns nichts davon erzählt?«
»Wie? Damit ihr alle über mich herfallt und fragt, wie ich in meinem Alter so etwas anfangen kann, und mir sagt, ich würde mich verletzen?« Trotzdem schien sie sich über die Reaktion zu freuen. »Ich bin nicht mal schlecht. Hätte schon vor Jahren damit anfangen sollen.«
Die Worte berührten einen Nerv bei Jennifer. Ein Instinkt sagte ihr, dass Christina zweifellos ihren verstorbenen Vater für diese verpasste Gelegenheit verantwortlich machte.
Don versetzte seiner Schwester einen Schlag auf den Rücken. »Das ist einfach toll. Wird dir guttun. Kein Wunder, dass du so fit aussiehst. Spielst du nur gegen Frauen? Oder sind auch ein paar Kerle in dem Club?« Er zwinkerte Vi und Jennifer zu.
»Wo und wann spielst du denn?«, wollte Vi wissen.
»Mit ein paar Leuten von der Arbeit. Wir spielen in der Mittagspause. Am Donnerstag findet unser erstes öffentliches Match
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