Die Korallentaucherin
dir dort Tee, Kaffee und etwas zu essen, wenn du willst, besorgen.
»Mac, das ist so lieb von dir.«
»Dafür verlange ich nur, dass du nicht schluderst. Bringe das Buch zu Ende. Später würde ich gern mal mit dir darüber reden, ob du nicht auch für uns schreiben kannst. Aber zuerst ziehst du deine jetzige Arbeit durch.«
»Du hast nichts, was ich geschrieben habe, je gelesen. Ist es akademisch, esoterisch, historisch, wissenschaftlich?«
»Mach dir im Moment noch keine Gedanken darüber. Aber halte dir ein paar Tage frei für die Zeit, wenn Isobel hier ist. Ich glaube, sie wird dir gefallen. Sie ist eine erstaunliche Frau. Vielleicht hättest du Lust, über sie zu schreiben. Allerdings glaube ich, Lloyd hat das Interesse dieses Journalisten Tony geweckt.«
Jennifer breitete ihr Arbeitsmaterial aus, machte sich an die Arbeit und merkte kaum, wie die Zeit verging.
»Was hältst du von einer Kaffeepause?« Rudi stand unter der Tür und lächelte. »Ich will gerade welchen kochen.«
»Von Herzen gern.« Jennifer reckte sich.
»Komm mit nach nebenan. Ich habe alles Notwendige in meinem Labor.«
Sie folgte ihm in das vollgestopfte Labor. »Woher kommst du ursprünglich, Rudi? Dein Name und dieser schwache Akzent – ich kann beides nicht zuordnen.«
»Meine Familie stammt aus St. Petersburg. Ich bin mit zehn Jahren hierhergekommen. Bin auf die Universität von New South Wales gegangen. Und verrate es bitte niemandem, aber mein richtiger Name ist Rudolf. Und? Wie schmeckt dir der Kaffee?«
Jennifer betrachtete die verschiedenen Glastanks, während er Kaffee einschenkte. »Mit Milch, bitte. Warum hast du dich für das Studium von Unterwasserpflanzen entschieden?«
»Ich weiß, für sich betrachtet, erscheinen sie nicht so wichtig, aber sie bilden die Grundlage einer Nahrungskette und sind seit mehr als zwei Milliarden Jahren Teil des Ökosystems des Meeres. Und wunderschön anzusehen. Es ist ein unwirkliches Gefühl, durch die Kelpwälder von Tasmanien oder über unterseeischen Wiesen beim Riff zu schwimmen.«
»Das hört sich an wie ein Ausflug aufs Land«, sagte sie und lachte. »Und sind die Wälder auch voll von wilden Tieren?«
»Dort unten gibt es merkwürdige und wunderbare Meeresbewohner, klar. Ich interessiere mich für die chemischen Bestandteile in dem Gewebe und den Fasern, die sie schützen und verhindern, dass die Fische sie fressen.« Rudi leerte seine Tasse. »Das könnte in der Medizin, der Pharmazie, der Genetik oder sogar in der chemischen Kriegführung Verwendung finden … Wer weiß?«
Jennifer überlegte. »Die Arbeit, die Forschung, die hier betrieben wird, ist vielleicht doch gar nicht so esoterisch. Also, das, was ihr herausfindet, wenn ihr am Riff unter Wasser herumwatet, könnte der Menschheit nützen oder sogar das große Geld einbringen?«
»Möglich. Das Gesamtbild betrachten wir eher selten. Wissenschaftlich gesehen ist es ein Schritt-für-Schritt-Prozess im kleinen Rahmen, bis wir einen Durchbruch erzielt haben und weiterkommen, wenn auch nicht in Riesensprüngen, dann doch zumindest in der richtigen Richtung. Es ist befriedigend, ein bloßes Bauchgefühl oder eine Theorie bestätigt zu sehen.« Er füllte noch einmal Kaffee nach. »Allerdings muss ich sagen, dass man an äußerst merkwürdigen Stellen Interesse an meiner Arbeit geäußert hat. So etwas überlasse ich Mac, denn er ist der Leiter dieses Programms. Ich hoffe jedoch, dass Isobel vielleicht neue Proben vorweisen kann.«
»Wer ist Isobel, und wie passt sie ins Bild?«, fragte Jennifer gespannt.
»Ah. Warte, ich gehe ins Internet, dann kannst du es selbst lesen. In unserer Welt ist sie eine Berühmtheit, aber ich schätze, der normale Mann auf der Straße kennt sie nicht.«
Jennifer ließ sich vor Rudis Computer auf einem Hocker nieder. Auf dem Bildschirm erschien das Foto einer attraktiven, fröhlichen, dunkelhaarigen Frau in den Fünfzigern. Sie trug einen farbenfrohen Neoprenanzug und saß am Rande eines Riffs in der Karibik. »Königin der dunklen Tiefe« stand unter dem Foto, gefolgt von einer Reihe Links und Websites. Jennifer klickte eine davon an.
Während der nächsten Stunde klickte sie sich durch diverse Geschichten, Fotos und Interviews von der erstaunlichen Dr.Isobel Belitas. Inspiriert von der legendären Sylvia Eagles, der weltberühmten Unterwasserforscherin, hatte Isobel sich von der Welt unter dem Meeresspiegel – »wo unsere Zukunft liegt« – faszinieren lassen.
Jennifer las, dass
Weitere Kostenlose Bücher