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Die Kornmuhme (German Edition)

Die Kornmuhme (German Edition)

Titel: Die Kornmuhme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H. Schreiber
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die
Grenze auf das dahinterliegende Grasland gestoßen worden waren, hatte alles
aufgehört. Schlagartig.
    Gryla verschwand, und Irrgrim
hatte das Bewusstsein verloren.
    Jetzt kam die Erinnerung daran mit
einem Schlag zu ihm zurück, und mit einem Mal fühlte er sich auch völlig klar, so
wie schon seit Tagen nicht mehr. Denn auch Ursul war erschöpft und musste ihre
Kräfte erst wieder sammeln. Die Hexe hatte seinen Geist nicht mehr im Griff.
    >>Wer bist du<<,
keuchte er, zog sein Messer und drückte die Klinge zwischen das Gefäß und seine
Haut, so dass dessen Spitze direkt auf den Rumpf der Blume gerichtet war.
    Lange antwortete die Blume nicht.
    Dann sprach sie müde: >> Ich
bin die Ursul. Du weißt was ich bin <<
    Irrgrim schwieg. Ja, er wusste es.
Es konnte nur eine Magische sein. Eine Hexe - das Wort machte ihm Angst.
    >>Und was willst du von mir?
<< fragte Irrgrim. Er schaute auf seine schmerzende, entzündete Brust, in
der sich die Wurzeln der Pflanze schon tief hineingegraben hatten, und deren
Einstichlöcher von Blutkrusten gesäumt waren. Wie hatte er das zulassen können?
Es war ihm nicht mehr möglich, sich von ihr zu befreien. Die Wurzeln waren
schon zu tief in ihn eingedrungen und umschlangen inzwischen sogar sein Herz.
Er konnte ihren todbringenden Würgegriff geradezu spüren und ahnte, dass sie
nur ein einziges Mal zudrücken musste, um sein Herz zu zerquetschen.
    Das Risiko, sie einfach
abzuschneiden, war zu groß. Und noch etwas hielt ihn zurück – trotz ihrer
Schwächung umgarnte das Gefühl ihrer Geborgenheit immer noch seinen Geist. Es
schwächte seinen Wunsch, sich von ihr zu befreien. Ihm war mit einem Mal
bewusst geworden, dass er ihr Gefangener war – sie war ein Symbiont, den er
nicht mehr loswerden konnte.
    >>Ich habe eine Mission. Ich
muss mein Volk retten. Wir müssen jemanden aufhalten. <<
    >>Wen? <<, fragte
Irrgrim, >>und warum? <<
    >>Einen Menschenjungen. Er
könnte mein Volk zerstören. Wir werden ihn ganz sicher in Hoxberg antreffen.
Wenn wir Glück haben sogar früher. <<
    Ursul sandte an Irrgrims Geist
ihre Vision, in der er Aron sehen konnte. Er erschrak, als er das verzweifelte
Gesicht des Fremden sah.
    >>Hoxberg, wo ist das?
<<
    >>Drüben auf der anderen
Seite des Flusses. Ein paar Tagesreisen entfernt. Irrgrim … hilf mir! <<
    Das Flehen der Magischen wurde
drängender und nahm sein Herz gefangen. Traurigkeit stieg in ihm hoch - ihre
Traurigkeit.
    >>Und warum gerade ich?
<<, fragte er noch ein letztes Mal aufbegehrend. Er versuchte die
Schnallen auf seinem Rücken zu lösen, die das Gefäß auf seiner Brust hielten,
doch es gelang ihm nicht. Der Mechanismus war eingerastet und so konstruiert,
dass er nicht mehr zu lösen war.
    >>Du warst gerade
da…<<, sagte sie voller Zärtlichkeit. >>Du bist meine Insel, meine
Rettung.<<
    Ursul war schwach und hoffte, dass
Irrgrim nicht versuchen würde, sich zu befreien. Die Vorstellung, was geschehen
könnte, wenn sie nicht erfolgreich sein würde, war unerträglich für sie und
trieb sie unerbittlich an. Das Menschengeschlecht würde nicht nur aufbegehren.
Falls überhaupt welche der ihren überlebten – geschwächt und ihrer Kraft
beraubt - würde sich ihnen gegenüber der über die Jahrhunderte aufgestaute Hass
der gesamten Menschheit entladen. Sie mobilisierte noch einmal all ihre Kraft,
und langsam gelang es ihr wieder, Oberhand zu gewinnen. Sie verwirrte Irrgrims
Geist. Er ließ das Messer sinken.
    Hexen - Irrgrim drehte und wendete
dieses Wort nun in seinem Kopf, doch es sagte ihm auf einmal nichts mehr. Es
war ein wichtiges Wort gewesen, eines, das er ganz genau kannte, und doch
erlosch nun dessen Bedeutung. Er vergaß, dass Hexen Todfeinde waren, und ließ
sich in die warme, düstere Umarmung der Ursul zurück fallen. Nur noch ein
leises, mahnendes Gefühl blieb zurück und schwelte von nun an immer im
Hintergrund.
     
     

22
     
    Er hatte nur kurz geschlafen, und
als Aron erwachte, war es noch früh am Morgen. Er hatte die Nacht halb sitzend
auf dem Bett, oder angelehnt an die Wand nahe der Türe verbracht, den
Holzknüppel immer griffbereit.
    Sofort schaute er sich um. Alles
war unverändert. Das Licht, das durch die Läden zu ihm hereindrang, beruhigte
ihn, und der Schrecken der Nacht wirkte nur noch leise in ihm nach. Trotzdem
schlich er nervös zur Türe und öffnete nach einiger Überwindung das Kläppchen
zum Guckloch. Der Gang war leer. Niemand war zu sehen. Er atmete hörbar auf,
zog seine Schuhe an, nahm seinen

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