Die Kraft der Mitfuehlenden Kommunikation
Kompliment an ihre Mutter an: »Du bist der großzügigste Mensch, den ich kenne.« Stephanie und ich waren überrascht. Das hatte sie uns noch nie gesagt.
Stephanie erwiderte das Kompliment: »Ich bin wirklich gerührt, dass du hier mitspielst. Du bist ein so wunderbares Kind, und ich bin wirklich froh, diese Übung mit dir machen zu können.«
Bevor ich Ihnen jetzt das Ergebnis schildere, möchte ich auf etwas eingehen, was ich sehr interessant fand. Amanda wollte unbedingt im Rahmen der dreißig Sekunden bleiben, und sie ermahnte Stephanie oft, ihre Redezeit nicht zu überschreiten. Wenn Stephanie länger reden wollte, ließ Amanda es nicht zu. Normalerweise redet Amanda ununterbrochen, und deswegen fanden wir beide es bemerkenswert, wie strikt sie sich an diese Regel hielt.
Nach dem Austausch der Komplimente fragte Stephanie Amanda, wie sie darüber dachte, dass sie zu wenig aß und ihre Stimmung darunter litt. Amanda reagiert auf solche Fragen gewöhnlich gereizt und ablehnend, aber diesmal antwortete sie sehr ruhig. Und sie schien wirklich zu begreifen, was Stephanie meinte.
Amanda konnte uns tatsächlich begreiflich machen, warum sie diese Diskussionen über ihre Essgewohnheiten so ärgerlich fand. Sie sagte – in kurzen und langsam gesprochenen Sätzen, immer in der vorgegebenen Redezeit –, wir hörten ihr nie zu, wenn sie uns in solchen Situationen etwas sagen wollte.
Im Laufe des Gesprächs fanden Stephanie und Amanda einige mögliche Lösungen. Amanda wollte mehr darauf achten, wann sie Hunger bekam, und Stephanie und ich versprachen, ihr besser zuzuhören und mehr auf sie einzugehen.
Insgesamt verlief die Übung sehr positiv, und Amanda machte sie richtig Spaß. Am Ende sagte sie, sie habe jetzt richtig Hunger, und wir gingen alle nach unten, um gleich etwas zu essen. Sie zögerte nicht und musste nicht überzeugt werden, also war der erste Tag erfolgreich.
In dem einen Jahr, das seit diesem »formellen« Gespräch vergangen ist, hat Amanda sehr viel regelmäßiger gegessen als zuvor und ihre Stimmungsschwankungen als Signal genutzt, dass es Zeit ist, etwas zu essen. Stephanie und ich können auch besser damit umgehen, und wir hören uns jetzt alle gegenseitig mit mehr Empathie und Verständnis zu.
Früh anfangen
Die meisten Forschungsergebnisse untermauern die These, dass unser Gehirn stark von der Umgebung beeinflusst wird, in die wir hineingeboren werden. Obwohl man mit Kindern unter vier bis fünf Jahren noch keine abstrakten Gespräche führen kann, ist es mit älteren Kindern durchaus möglich. Wir wissen außerdem, dass das Gehirn zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr den Höhepunkt seiner Stoffwechselaktivität erreicht. Das kindliche Gehirn baut in dieser Zeit Milliarden von Verbindungen auf und um, besonders solche, die mit Sprache und Kommunikation zu tun haben.
Des Weiteren zeigen Forschungen, dass die neuronalen Verbindungen umso stärker wachsen, je mehr das Gehirn durch liebevolle Interaktionen mit anderen Menschen stimuliert wird. Man kann also davon ausgehen, dass Kinder von Anfang an besser kommunizieren lernen, wenn man bereits in diesem frühen Stadium möglichst viele mitfühlende Gespräche mit ihnen führt. Diese besseren Fähigkeiten verhelfen ihnen später, wie wir wissen, zu Erfolg im Studium und im Beruf.
So haben zum Beispiel Betty Hart und Todd Risely von der University of Kansas mehr als 1300 Stunden Gespräche zwischen Eltern und Kindern mit verschiedenen ethnischen und wirtschaftlichen Hintergründen aufgezeichnet. Ihre veröffentlichten Ergebnisse belegten einen direkten Zusammenhang zwischen der schulischen Leistung in der dritten Klasse und dem Umfang des aktiv gebrauchten Wortschatzes im Elternhaus zwischen der Geburt und dem vierten Lebensjahr. 1 Die Forscher fanden heraus, dass Kinder, die etwa 3000 Wörter in der Stunde hörten – zirka 30 000 pro Tag –, später erfolgreicher im Leben waren als andere, die weniger Begriffe vernahmen. In Akademikerhaushalten war das kein Problem, aber in solchen mit niedrigerem sozioökonomischen Status schwankte die stündliche Wörterzahl zwischen 500 und 3000.
Das heißt, dass einige Kinder im Laufe eines Jahres über elf Millionen Wörter hören, andere dagegen weniger als drei Millionen. Letztlich kommt es nicht darauf an, ob man reich oder arm geboren wird: Der Unterschied zwischen Erfolg und Versagen im Leben, zwischen Glück und Unglück, so die Autoren, »liegt im Umfang der Gespräche, die jeweils
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