Die Kraft der positiven Gefühle. Mit neuen Mentaltechniken innerlich frei werden
günstigeren Zeitpunkt fort.
Das gilt auch und gerade, wenn die Desensibilisierung in der Therapie eingesetzt wird. Desensibilisierung sollte nur freiwillig angewendet werden, wenn der Patient das Prinzip verstanden hat und es nach eigenem Urteil bejaht. Eine verordnete Desensibilisierung, der womöglich aus Angst oder aufgrund der Autorität des Therapeuten zugestimmt wird, aber nicht aus Vertrauen in die Wirksamkeit des Prinzips, kann gegenteilig wirken und zu emotionalen Belastungen führen.
Desensibilisierung wirkt, weil sie unsere negativen Gefühle zum Gegenstand macht. Negative und positive Gefühle sind der Dreh- und Angelpunkt unseres Lebens. Das bedeutet, die Desensibilisierung führt uns direkt in unser existentielles Zentrum. Es ist wichtig, dies in seinem ganzen Umfang zu erfassen, auch wenn es Ihnen zunächst philosophisch ein wenig hoch gegriffen erscheinen mag.
Negative Gefühle haben noch ein weiteres wichtiges Charakteristikum, außer dass sie unangenehm, unerfreulich, schmerzhaft, unlustbetont sind: In der normalen, unreflektierten Haltung versuchen wir, vor ihnen zu fliehen. Fliehen oder Zulassen sind jedoch Reaktionen, die unserem Willen unterliegen. Nicht immer in unserer Verfügbarkeit liegt es dagegen, dass wir spontan negative Gefühle erleben. Wichtig für den Umgang mit uns selbst ist dabei, dass sich Gefühle verändern, sobald die Haltung der Flucht, des Verdrängens und Wegsehens aufgegeben wird. Wir verfügen damit über ein hochwirksames Mittel, unsere negativen Gefühle zu beeinflussen!
Weniger oder auch gar nicht wirksam ist die Methode bei starken physisch bedingten Schmerzen. Halten Sie Ihre Hand in eine Kerzenflamme, so wird das Betrachten des Schmerzes kaum das unangenehme Gefühl zum Verschwinden bringen.
Dagegen ist z.B. das unangenehme Gefühl bei dem Vorhaben, als starker Raucher keine Zigarette mehr zu rauchen, sehr effektiv mit Desensibilisierung (als Körper- oder Problem-Desensibilisierung) zu behandeln. Ähnliches gilt für Eifersucht, Minderwertigkeitsgefühle, Nervosität, schlechte Laune, Beleidigtsein, Ängste und zahllose andere Probleme.
Die Verhaltenstherapie wendet das Prinzip der Desensibilisierung erfolgreich in der Therapie von Phobien an. Fahrstuhlangst, Flugangst, Klaustrophobie (krankhafte Angst vor dem Aufenthalt in geschlossenen Räumen) und andere Ängste lassen sich erfolgreich mit dieser Methode behandeln. [55] Dabei wird der Patient stufenweise immer größeren Dosen des angstauslösenden Objekts ausgesetzt, zunächst nur in der Vorstellung, dann auch in der Realität.
Leider ist fast niemandem die wohltuende Wirkung der Desensibilisierung in der Eigenbehandlung leichterer Probleme bekannt. Was bei starken Ängsten wirkt, wirkt offenkundig auch bei allen Arten von starken und schwachen negativen Körpergefühlen, insofern sie seelisch bedingt sind, und bei den meisten seelischen Problemen.
Und es wirkt auch im gegenteiligen Fall – nämlich bei positiven Gefühlen, z.B. bei Sucht.
Der Grund für diese Unwissenheit, selbst bei Ärzten und Psychologen, ist vermutlich in einer mangelnden begrifflichen Generalisierung zu suchen. Man weiß immer noch sehr wenig über den Begriff des „Gefühls“.
Das liegt zweifellos an einem grundsätzlichen Missstand unserer Sprache: Wir haben keine wirklich befriedigenden, adäquaten allgemeinen Ausdrücke für das Positiv- und Negativsein des Gefühls.
Lust, Unlust, Schmerz, Liebe und Hass, Angenehm- und Unangenehmsein erfassen nicht die ganze Bandbreite der Gefühlsnuancen, die positiv oder negativ sein können. Lust erscheint oft zu grob, zu sexuell, zu hedonistisch, um feine, positive geistige oder ästhetische Gefühle wie z.B. „Verantwortung“ oder „Anmut“ zu charakterisieren. „Angenehm“ und „unangenehm“ wiederum wirken in einigen Bereichen zu schwach.
Das positive Gefühl, das wir erleben, wenn wir jemanden unterstützen und ihm helfen, ist zwar nicht unangenehm. Aber auch „angenehm“ – obwohl nicht grundsätzlich falsch – scheint die positive Gefühlsqualität der Bestätigung, Bestärkung und Bejahung nicht vollständig zu erfassen. Und „positiv“ und „negativ“ sind schlicht zu nichtssagend, um die attraktive oder unattraktive, selbstevidente Qualität des Gefühls hinreichend zu bezeichnen.
Die Sprache droht hier tatsächlich zu einem „Gefängnis des Denkens“ zu werden, wie es der amerikanische
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