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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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und eh du dich’s versiehst, bist du hier die Jungbäuerin. Ja, ich weiß, du hast keine Mitgift, und der Bauer wünscht sich für seinen Hof sicherlich eine bessere Partie, aber Ludger ist ein Sturkopf und weiß auch gegen den Bauern seinen Willen durchzusetzen. Wenn er dich noch mal in den Arm nimmt, lass ihn dich küssen. Mehr aber nicht! Hörst du? Nur küssen. Und küss ihn ruhig wieder, mit weichen Lippen. Und dann lass ihn wieder stehen.“
    „Warum?“
    „Ach Mädchen, es ist ein Spiel. Es ist ein ständiges Ich geb dir was und du gibst mir was. Dann wieder sich verweigern und den anderen auf die Folter spannen. Mach ruhig, wie ich dir geraten. Wirst schon sehen, alles andere entwickelt sich ganz von selber. Du wirst es in dir spüren, was du willst und was zur Zeit richtig oder falsch ist. Zur Not kannst du mich ja wieder fragen. So, nun aber husch auf dein Lager. Morgen sollen wir die oberen Hänge mähen.“
    Noch lange lag Ursula wach und konnte nicht einschlafen. Die Erinnerung an Ludgers Nähe prickelte ihr auf der Haut, und die Hitze, die sie gespürt hatte, schien wieder in ihr aufzusteigen, als ob sie erröten würde. Vom Rande ihres Lagers nestelte sie den kleinen hölzernen Engel hervor. Zärtlich rieben ihre Finger über das Holz, und sie presste das Figürchen an ihre Lippen. Schließlich schlief sie verwirrt ein, und der Schlaf, den sie fand, war tief, aber viel zu kurz. Schon weckte Ute sie, und mit einem Kanten Brot in der Hand saß sie eine halbe Stunde später bereits hinten auf dem Heuwagen, unterwegs zu den oberen Matten.
    Der Tag wurde sehr warm, und die Leute kamen alle gehörig ins Schwitzen. Ein Teil schnitt das Gras, und die anderen klaubten die geschnittenen Büschel zusammen. Ludger und der Knecht gingen dann noch mit langen Rechen über die geschnittene Fläche und rafften so auch noch die letzten Halme zusammen. Das so aufgehäufte Gras wurde anschließend auf grobe Gestelle geworfen, damit Sonne und Wind es schnell trockneten und haltbar machten für den Winter. Wenn das Wetter noch drei, vier Tage hielt, würden sie die Scheune bereits mehr als halbvoll haben, bevor der Spätsommer mit seinen Launen das Heumachen immer schwieriger gestalten würde.
    Als die Sonne am höchsten stand, schickte der Knecht Ursula hinunter zum Hof, die Brotzeit holen. Unbelastet, bergab war der Weg schnell gemacht. Auf dem Hof hatte Ester bereits einen großen Korb mit Brot, Butter und Geräuchertem hergerichtet. Den hob sie Ursula auf den Rücken. Dann bekam das Mädchen noch in jede Hand einen großen Krug mit frischem Wasser. So bepackt stieg sie nun wieder bergan. Der Korb drückte sie in den Rücken, und die beiden Krüge schienen ihre Arme in die Länge zu ziehen. Sie biss die Zähne zusammen und setzte einen Fuß vor den anderen. Fest hielt sie die Henkel gepackt, und als sie endlich, bei den anderen angekommen, die beiden Gefäße abstellen konnte, schien es ihr anfangs nicht möglich, sie wieder loszulassen. Ute half ihr, die Kiepe vom Rücken zu nehmen, und alle setzten sich in den Schatten eines Busches. Es war an Ludger und dem Knecht, mit ihren Messern das Brot aufzuschneiden und einem jedem etwas zukommen zu lassen. Ludger schnitt eine besonders dicke Scheibe vom Laib, tat ordentlich Butter darauf und legte einen Streifen Geräuchertes obendrauf. Dann reichte er es Ursula und sah ihr dabei fest in die Augen. Sie konnte seinem Blick kaum standhalten, schlug die Augen nieder und bedankte sich brav. Ihr war, als müssten alle anderen sehen, wie sich in ihr erneut diese seltsame Hitze ausbreitete. Schnell nahm sie ihr Brot und setzte sich an den Rand der Gruppe, dass niemand ihr Gesicht sehen konnte.
    Am nächsten Tag brachte der Bauer ein neues Werkzeug. Nur der Jungbauer und der Knecht durften damit arbeiten. Der Bauer hatte zwei Hühner und ein bereits kräftig gewachsenes Ferkel dafür eingetauscht. Es waren zwei große Sicheln, an langen Stielen, mit einem sehr langen, nicht ganz so stark wie bei der Sichel gebogenen Schneidblatt aus Eisen. Sie waren so scharf, dass man nicht mehr das Gras als Büschel halten musste. Mit einem kreisförmigen Schwung ließ man das Blatt durch das Gras fahren, und es schnitt dabei die Halme durch. Da das Gras nun aber nicht mehr in Büscheln dalag, war eine neue Arbeitsteilung nötig. Der Knecht und Ludger schnitten, Ingrid, Ute und Arnulf rafften das Schnittgut mit den Rechen zusammen, und Ursula mit den Kleinen musste das Gras aufhäufen.

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