Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
Vom Netzwerk:
Monate lang gegen die Muslime und nur elf Monate gegen die Franken gekämpft. Er war ein Usurpator mit deutlich ausgeprägtem Machthunger und einer bemerkenswerten Fähigkeit, Macht zu akkumulieren – ein aggressiver Autokrat, der immer wieder muslimische Gebiete einnahm, die ihm von Rechts wegen nicht zustanden, und der mit übertriebenen Propagandamitteln arbeitete, um seine Unternehmungen zu rechtfertigen und den Ruf seiner Gegner in Misskredit zu bringen. Natürlich haben nicht alle Historiker diese Auffassung geteilt. Noch immer vertreten einige die Meinung, er sei während seiner gesamten Wirkungszeit vom Gedanken des heiligen Krieges gegen die Franken besessen gewesen – er habe unablässig auf einen groß angelegten Angriff auf das Königreich Jerusalem hingearbeitet und ständig den Kampf gegen seine christlichen Feinde gesucht –, doch alles in allem belegen die zeitgenössischen Quellen, dass diese Auffassung falsch ist. 13
    Es überrascht nicht, dass die Ziele, die Saladin bis zum Jahr 1186 verfolgte, nach wie vor umstritten sind, denn nicht einmal seine Zeitgenossen waren sich in dieser Frage einig. Einige priesen den Sultan in den höchsten Tönen. Wilhelm von Tyrus etwa war zwar überzeugt, dass der Ajjubidenherrscher für das Überleben der Kreuzfahrerstaaten eine schwere, akute Bedrohung darstellte, doch er schrieb auch (wahrscheinlich kurz vor seinem Tod im Jahr 1185), Saladin sei »weise im Rat, tapfer in der Schlacht und über die Maßen großzügig«. 14 Andere Gegner und Anhänger jedoch – angefangen bei dem prozangidischen irakischen Chronisten Ibn al-Athir bis zu al-Fadil, dem persönlichen Sekretär des Sultans – wussten nur zu gut, dass Saladin sich durchaus nicht selbstlos und mit ganzem Herzen für den Dschihad einsetzte und dass ihn dies gefährlich angreifbar für die Anschuldigung machte, es gehe ihm lediglich ganz eigennützig um den Aufbau seines eigenen Imperiums. Wenn der Sultan Anfang 1186 gestorben wäre, dann wären die Fragen nach seinen Absichten unbeantwortet geblieben. Aber er lebte weiter, und nun vernahm er den machtvollen Ruf zum heiligen Krieg.

12
    [366] DER HEILIGE KRIEGER
    I m Frühjahr 1186 reiste Saladin, nachdem er die schlimmste Phase der Krankheit hinter sich hatte, nach Damaskus zurück. Er war nun ungefähr 48 Jahre alt. Den größten Teil dieses Jahres brachte er damit zu, wieder zu Kräften zu kommen; er widmete sich erholsamen Beschäftigungen wie theologischen Debatten und der Jagd, und allmählich kehrte seine körperliche Vitalität zurück. Eine ganz besondere Zerstreuung bot dieser Sommer insofern, als ein Weltuntergang prophezeit war. Seit Jahrzehnten hatten Astrologen schon vorhergesagt, dass am 16. September 1186 eine bestimmte lineare Planetenanordnung einen verheerenden Sturm auslösen und alles Leben von der Erde hinwegfegen werde. Diese finstere Prophezeiung hatte sowohl unter den Muslimen als auch unter den Christen die Runde gemacht; trotzdem hielt der Sultan sie für lächerlich. Ostentativ veranstaltete er in der angeblichen Katastrophennacht unter freiem Himmel ein Fest im Schein von Fackeln, während sich gleichzeitig »törichte« Angsthasen in Höhlen und unterirdischen Schutzräumen verkrochen. Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass der Abend ohne Zwischenfälle vorüberging; einer der Mitfeiernden stellte sogar die markige Behauptung auf, dass »wir noch nie eine so windstille Nacht erlebt haben«.
    Saladins Gesundheitszustand besserte sich zusehends, und er machte sich nun daran, das Gleichgewicht und die Verteilung der Macht in dem Gebilde neu zu organisieren, das er mit Fug und Recht als sein ajjubidisches Reich bezeichnen konnte. Besonders wichtig war ihm, seinen ältesten Sohn al-Afdal als seinen Haupterben einzusetzen. Der junge Prinz, damals ungefähr 16 Jahre alt, wurde aus Ägypten in den Norden nach Syrien geholt. In Damaskus wurde er mit Feierlichkeiten empfangen, die eines Sultans würdig gewesen wären, und offiziell zum Herrscher der Stadt ernannt, obwohl er in den Jahren danach seinen Vater [367] häufig begleitete und von ihm in den Künsten der Staats- und Kriegsführung unterwiesen wurde. Ähnlich wurden zwei der jüngeren Söhne Saladins befördert. Der 14-jährige Uthman wurde als Herrscher über Ägypten eingesetzt, und al-Adil, Saladins treuer Bruder, kehrte aus Aleppo in die Nilregion zurück, um dem Jungen als Beschützer und Mentor zur Seite zu stehen. Aleppo wurde dem 13-jährigen az-Zahir übergeben.

Weitere Kostenlose Bücher