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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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Propheten, Söhne Belials und Zeugen des Antichrist, die die Christen mit leeren Worten verführten.« Auch Bernhard von Clairvaux, der Vater der Kreuzzugspropaganda und leidenschaftlicher Verfechter des Kreuzzugsgedankens, hatte nur mageren Trost zu bieten: Er erklärte, dass die Rückschläge, die den Franken widerfahren waren, zum unerforschlichen Ratschluss Gottes gehörten. Auch die Sündhaftigkeit der Christen wurde als Erklärung für die göttliche Strafe angeführt – und in den meisten Fällen sah man die wahren Schuldigen in den Franken, die im Orient wahrscheinlich in Ausschweifung, Saus und Braus lebten. 2
    Unter diesen Umständen überrascht es nicht, dass sämtliche Versuche scheiterten, nach 1149 eine größere Kreuzzugsbewegung in Gang zu bringen. Im Vorderen Orient nahmen die militärische Stärke und die religiöse Einigkeit der Muslime stetig zu, während Outremer eine Abfolge von Krisen durchlitt: den Tod des Fürsten Raimund von Antiochia in der Schlacht bei Inab; die Niederlage von Harim im Jahr 1164; die sich stetig verschlimmernde Krankheit des Lepra-Königs Balduin. Immer wieder und zunehmend dringlich baten die levantinischen Franken um Hilfe, doch war diesen Appellen, abgesehen von vereinzelten kleineren Verteidigungsunternehmungen, nahezu kein Erfolg beschieden.
    Und die abendländischen Monarchen, mittlerweile unentbehrlicher Bestandteil jeder größeren Kreuzzugsunternehmung, hatten in ihren eigenen Königreichen mit Regierungs- und Verteidigungsaufgaben genug zu tun; sie mussten Pflichten erfüllen, die, so die damalige Überzeugung, [399] gleichfalls von Gott vorgegeben waren. Sie hatten sich mit Fragen der Politik, der Kriegsführung, des Handels und der Wirtschaft zu befassen, und die Aussicht, Monate, wenn nicht Jahre mit Kreuzzugsaktivitäten im Vorderen Orient zu verbringen, war alles andere als verlockend. Untätigkeit prägte die Atmosphäre, von Tatendrang war nichts zu spüren.
    Verschärft wurde dieses Problem durch die zunehmenden Rivalitäten zwischen den Herrschern im lateinischen Europa. Im Jahr 1152 wurde Friedrich I. Barbarossa, ein Veteran des zweiten Kreuzzugs, zum deutschen König gewählt. Bereits drei Jahre später wurde er zum Kaiser gekrönt, doch er war jahrzehntelang damit beschäftigt, die zerstrittenen Parteien in seinem eigenen Reich zu unterwerfen und seine Herrschaft über Norditalien zu befestigen; gleichzeitig war er in einen erbitterten Streit mit dem Papsttum und dem normannischen Sizilien verstrickt. In Frankreich war es der Dynastie der Kapetinger zwar gelungen, die Krone zu behalten, doch waren König Ludwig VII. und sein Sohn und (seit 1180) Nachfolger Philipp II. August in ihrer tatsächlichen Machtausübung – sowohl in der Ausdehnung ihres Herrschaftsgebiets als auch in ihrem Handlungsspielraum – nach wie vor empfindlich eingeschränkt. Am stärksten sahen sich die Kapetinger herausgefordert durch den Aufstieg der Grafen von Anjou.
    Im Jahr 1152, nur wenige Jahre nach den Tiefschlägen des zweiten Kreuzzugs, betrieb Eleonore von Aquitanien, die Ehefrau Ludwigs VII., die Annullierung ihrer Ehe – aus der Verbindung waren zwei Töchter hervorgegangen, aber kein Sohn; Eleonore machte sich über Ludwigs verhaltene sexuelle Begierden lustig und verglich ihn mit einem Mönch. Acht Wochen später war sie mit dem temperamentvolleren Grafen Heinrich von Anjou verheiratet, der zwölf Jahre jünger war als sie und seinem Herrschaftsgebiet bereits das Herzogtum Normandie angegliedert hatte. Im Jahr 1154 bestieg er als König Heinrich II. den Thron von England, und gemeinsam schuf das Paar ein neues, ausgedehntes angevinisches »Reich«, in dem sich England, die Normandie, Anjou und Aquitanien vereinten. Ein Großteil des heutigen Frankreichs gehörte zu Heinrichs und Eleonores Einflussbereich, mit ihrem Reichtum und ihrer Macht übertrafen sie den König von Frankreich bei weitem, auch wenn sie, zumindest nominell, hinsichtlich ihrer Territorien auf dem Kontinent nach wie vor Vasallen des Kapetingers waren. Und so war es ganz unvermeidlich, [400] dass aus den Kapetingern und dem Haus Anjou unversöhnliche Gegner wurden. Während der gesamten zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts schränkte die unterschwellige Antipathie und das Ressentiment zwischen diesen beiden Dynastien die Teilnahme der Westeuropäer am Krieg um das Heilige Land empfindlich ein. Heinrich II. von England war so verstrickt in diese Auseinandersetzung, dass er seinen wiederholten

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