Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
worden sind?«, fragte Eryne.
»Das habe ich nicht gesagt«, widersprach Amanon. »Alles ist möglich. Vielleicht steckt noch jemand anders dahinter.«
Eryne riss die Augen auf. »Allmählich habe ich das Gefühl, dass Ihr mir nur Angst machen wollt!«, klagte sie. »Jemand anders? Wer denn? Die Züu?«
»Mag sein. Vielleicht stehen sie mit den Valiponden im Bunde. Oder wir haben es mit einem noch viel schrecklicheren Feind zu tun.«
»Aber warum sollten es die Valiponden auf Cael abgesehen haben?«, warf Nolan ein.
Alle wandten sich zu dem Novizen um, der seit einer Weile nichts mehr gesagt hatte. Amanon war zwar kurz davor gewesen, ihnen endlich von Corenns Tagebuch zu erzählen, aber da Cael die Frage des Loreliers auch wichtig fand, war er bereit, ihm die Verzögerung zu verzeihen.
»Du meinst: Warum haben es die Valiponden auf unsere Familien abgesehen?«, verbesserte ihn Eryne.
»Nein«, widersprach ihr Bruder. »Ich frage mich, warum sie versucht haben, Cael lebend zu verschleppen, während sie alle anderen töten wollten: Amanon, dich, mich, den Stallknecht …«
»Wir wissen doch gar nicht, ob die Legionäre uns töten wollten«, sagte Eryne mit tonloser Stimme.
»Das hast du vor kurzem aber noch ganz anders gesehen«, entgegnete er. »Du weißt genau, dass ich Recht habe! Wir werden in ganz Lorelien als Verräter gesucht. In wenigen Dekaden wird der König unser Hab und Gut beschlagnahmen lassen, ob er nun mit den Valiponden unter einer Decke steckt oder nicht. Glaubst du tatsächlich, die Graue Legion würde sich die Mühe machen, uns vor Gericht zu stellen?«
Eryne antwortete nicht, aber der Schmerz, der sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, sprach Bände. Sie schluckte ihren Kummer hinunter, verschränkte stolz die Arme vor der Brust und starrte ins Leere.
»Möglicherweise liegt des Rätsels Lösung bei Cael«, fuhr Nolan fort. »Wenn wir herausfinden, warum die Valiponden hinter ihm her sind, hilft uns das vielleicht weiter.«
Jetzt war es an dem Jungen, große Augen zu machen. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Noch nie hatte er die Sache in diesem Licht betrachtet. Wie auch? Er war niemand Besonderes und besaß nichts, was eine Sekte, die ihm noch dazu bis vor kurzem unbekannt gewesen war, interessieren könnte.
Was wollten die Mörder bloß von ihm? Was hatten sie mit ihm vor?
»Was du sagst, ist gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt«, bemerkte Amanon, während Cael dastand wie vom Donner gerührt. »Ich glaube, es ist an der Zeit, Euch etwas mitzuteilen. Meine Mutter hat mir eine Art Testament hinterlassen«, erklärte er und legte sich eine Hand auf die Brust. »Darin beschreibt sie die Vergangenheit unserer Eltern. Und sie spricht von Cael«, schloss er ernst.
Plötzlich waren die Blicke aller drei Erwachsener auf Cael gerichtet. Was hatte das zu bedeuten? Was wusste Corenn über ihn? Als er sich an die argwöhnischen Blicke seines Cousins erinnerte, wurde Cael angst und bange. Was auch immer Amanon zu sagen hatte, war vermutlich nicht angenehm …
In diesem Augenblick wurde ihr Gespräch jäh unterbrochen: Drei Schläge gegen die Tür ließen sie zusammenfahren. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt!
»Das muss Keb sein«, flüsterte Eryne.
»Ich habe gesehen, wie er die Straße hinuntergegangen ist«, murmelte Amanon. »Er kann nicht schon wieder zurück sein!«
Sie rührten sich nicht, und wieder hämmerte es mehrmals an der Tür. Cael hatte keine Schritte auf der Treppe gehört. Entweder war er zu sehr in ihr Gespräch vertieft gewesen, oder der Unbekannte hatte sich auf Zehenspitzen die Treppe heraufgeschlichen.
Plötzlich erschütterte ein heftiger Stoß die Tür. Eryne schlug entsetzt die Hände vors Gesicht, sprang von ihrem Stuhl auf und floh ans andere Ende des Zimmers, während Amanon sein Krummschwert und Nolan den Stockdegen zog. Als Cael sein Rapier packte, klopfte sein Herz zum Zerspringen. Die Tür erbebte unter den Schlägen einer Axt, deren Klinge bereits zum Vorschein kam. Die beiden Männer und der Junge stellten sich im Halbkreis vor der Tür auf, als die Angeln mit einem Krachen nachgaben.
Mindestens zehn mit Messern und Knüppeln bewaffnete Kerle drängten sich auf dem Treppenabsatz. Mittendrin stand der Herbergswirt.
»Die Gilde der Drei Schritte duldet es nicht, wenn Fremde auf eigene Rechnung arbeiten!«, rief er keuchend. »Ich lasse nicht zu, dass eine dahergelaufene Hure mir das Geschäft verdirbt.«
Mit der Axt in der Hand trat er einen
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