Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
Schritt vor.
Instinktiv hatte sich Amanon zwischen Cael und Nolan gestellt. Jetzt trat er näher an seinen Cousin heran, um ihn zu beschützen. Aber war er dazu überhaupt in der Lage? Vor wenigen Tagen hatte er zum ersten Mal in seinem Leben kämpfen müssen, und das Schicksal war ihm bei seinem Sieg über die Valiponden gnädig gewesen. Wenn man Eryne glaubte, hatte ihr Bruder nicht mehr Erfahrung als er selbst, und Cael hatte noch nie Fechtunterricht genommen! In diesem ungleichen Kampf hatten sie keine Chance.
»Wen
nennt Ihr eine Hure?«, brüllte Eryne plötzlich.
Amanon warf einen raschen Blick über die Schulter. Sie hatte vor Empörung einen hochroten Kopf. Dabei war in ihrer Lage nichts wichtiger, als Ruhe zu bewahren.
»Wir wollen keinen Ärger«, sagte Amanon zu den Männern. »Lasst uns gehen, dann wird es keine Verletzten geben.«
»Ich frage Euch noch einmal:
Wen
nennt Ihr hier eine Hure?«, beharrte Eryne wutschnaubend.
»Gib mir deine Einnahmen, liederliches Weib!«, befahl der Wirt. »Und euch anderen werde ich schon noch austreiben, mir Konkurrenz machen zu wollen.«
»Liederliches Weib?«, stieß Eryne fassungslos hervor.
»Ihr irrt Euch«, begann Nolan. »Wir sind keine …«
»Halt die Klappe! Ich habe dich und deinen stämmigen Freund schon eine ganze Weile im Auge! Glaubst du etwa, ich sehe seelenruhig zu, wie du hier dein Geschäft betreibst? Ich habe genau beobachtet, wie ihr jeden Tag auf Kundenfang gegangen seid. Und jetzt habt ihr auch noch ein Kind angeschleppt!«
»Ich bin
vierzehn«,
sagte Cael zähneknirschend.
»Liederliches Weib?«,
wiederholte Eryne mit sich überschlagender Stimme.
»Ihr seid auf dem Holzweg«, sagte Amanon ungeduldig. »Ihr seht doch, dass hier nicht das passiert, was Ihr glaubt. Wenn Ihr uns vor die Tür setzen wollt, soll uns das nur recht sein. Gebt den Weg frei, und wir verschwinden.«
Anstatt auf diesen Vorschlag einzugehen, trat der Wirt einen weiteren Schritt vor. Er musste nur noch den Arm heben, um die Axt auf Amanons Schädel niedersausen zu lassen. Der junge Mann umklammerte den Griff seines Krummschwerts fester und stellte sich darauf ein, den Schlag abzuwehren. Hinter dem Wirt schoben sich drei weitere Männer ins Zimmer. Man sah ihnen schon an der Visage an, in welchem Gewerbe sie arbeiteten. Vermutlich hatte der Wirt sie in irgendeiner finsteren Gasse aufgegabelt. Mehrere hatten ein blaues Auge und Schrammen im Gesicht, als kämen sie gerade von einer anderen Prügelei. Von solchen Kerlen durfte man kein Mitleid erwarten.
»Natürlich werdet ihr von hier verduften!«, sagte der Wirt mit zusammengekniffenen Augen. »Aber das Mädchen bleibt hier. Und ihr bekommt eine gehörige Abreibung!«
Mehr noch als diese Drohung war es die plötzliche Anspannung im Körper seines Gegners, die Amanon in Alarmbereitschaft versetzte. Das Blut schoss ihm durch die Adern, und ehe er sich versah, trat er dem Wirt kräftig zwischen die Beine. Der Mann, der gerade ausgeholt hatte, um Amanon mit der flachen Seite seiner Axt eins überzuziehen, ging mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie. Amanon gelang es gerade noch, die Axt mit dem Fuß beiseitezuschieben, bevor die anderen Kerle zum Angriff übergingen.
Ihr einziger Vorteil war die Enge des Zimmers. Die Männer konnten nicht alle gleichzeitig durch die Tür stürmen, weil sie sonst ihre Komplizen in der vordersten Reihe gegen die ihnen entgegengestreckten Schwerter gedrängt hätten. So gelang es Nolan, Cael und Amanon, sich ihre Gegner einigermaßen vom Leib zu halten. Allzu lang würden sie jedoch nicht standhalten können. Nach ein paar herausfordernden Schlägen gegen die Klingen und ein oder zwei Finten stieß einer der Kerle Cael gegen die Wand und schlug ihm das Rapier aus der Hand.
Amanon kam seinem Cousin sogleich zu Hilfe, indem er seinem Angreifer mit dem Krummschwert in die Seite stach. Der Mann fluchte und wich zurück, aber in der Zwischenzeit hatten sich seine Komplizen auf Nolan gestürzt, der nun allein vor der Tür stand. Mit drei Knüppelschlägen entwaffneten sie ihn und drängten ihn einen Schritt ins Zimmer zurück. Zwei weitere Angreifer packten die Gelegenheit beim Schopf und schoben sich durch die Tür, während die übrigen Männer auf dem Treppenabsatz lauerten.
Amanon wollte Nolan zu Hilfe eilen, da nun mehrere Kerle auf ihn eindroschen, aber der Wirt, der immer noch auf dem Boden lag, packte seinen Knöchel und hinderte ihn am Eingreifen. Der Kaulaner zögerte, einen
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