Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
gar nicht zu einem Kampf kommen würde. Ihre Feinde würden die Gabiere vermutlich nicht entern, sondern schlichtweg versenken.
Nach dem ersten Schreck rannten alle los und machten sich an den Segeln zu schaffen.
Cael und Amanon riefen ihnen Anweisungen zu, doch der Wind war einfach zu schwach, als dass sie mehr Geschwindigkeit aufnehmen konnten. Auch die Eskadrillen wurden nun langsamer, sie hatten einen Großteil der Segel gerefft und die meisten Ruder eingezogen. Seit der Insel Ji fuhren die beiden Kriegsschiffe beidseits des Kielwassers der
Rubikant
nebeneinander her. So konnten die Erben nicht einmal ausnutzen, dass ihr Schiff wendiger war als das ihrer Verfolger. Wenn sie schräg zum Wind segelten, setzten sie ihre Längsseite dem imposanten Sporn der Eskadrillen aus.
Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als geradeaus weiterzufahren und darauf zu hoffen, dass der Wind auffrischte.
»Die Beiboote bremsen uns«, bemerkte Keb. »Weg damit!«
»Vielleicht brauchen wir sie noch«, sagte Amanon zögernd. »Wenn sie unser Schiff versenken …«
»Was dann?«, fiel Keb ihm ins Wort. »Glaubst du ernsthaft, sie würden seelenruhig zusehen, wie wir zum Festland rudern?«
Da niemand protestierte, nahm er seinen Dolch und schnitt kurzerhand die Seile durch, mit denen die Beiboote vertäut waren. Die Gabiere gewann dadurch etwas an Fahrt, allerdings nicht genug, um den Verlust wettzumachen. Bowbaq sah den Booten eine Weile nach, bis sie im Kielwasser der Eskadrillen verschwanden. Besorgt dachte er daran, dass eins der Boote nach Ji treiben und Zui'a doch noch die Flucht ermöglichen könnte.
Bei dieser Vorstellung sank ihm der Mut. Am schlimmsten war das Gefühl der Ohnmacht. Was nutzten ihm seine Kraft und Körpergröße in dieser hoffnungslosen Lage? Weder konnte er die Fahrt ihres Schiffs beschleunigen noch ihre Verfolger aufhalten oder verhindern, dass sie den Kindern seiner Freunde wehtaten. Selbst die Gwelome konnten ihnen nicht helfen. Jeden Moment würden die Kriegsschiffe den Rumpf der
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zerschmettern, und er würde innerhalb weniger Dezillen ertrinken. Bowbaq hoffte, dass er der Einzige war, dem dieses Schicksal drohte, aber er wagte nicht in die Runde zu fragen, wer schwimmen konnte.
Wie jedes Mal, wenn sie in Gefahr waren, machte sich der Großvater vor allem Sorgen um seine kleine Niss. Dabei konnte er sie seit zwei Dekanten im Grunde nicht mehr »kleine Niss« nennen. Eryne hatte eine junge Frau aus ihr gemacht, schön wie die erste Blume nach dem Schnee. Das zusammengebundene Haar und das weite Hemd verliehen der Jüngsten an Bord ein verwegenes Aussehen. Ihre Eltern und ihre Großmutter wären ganz entzückt gewesen. Leider sah es nicht so aus, als würden sie einander jemals wiedersehen, zumal das Mädchen noch immer in der Teilnahmslosigkeit dahindämmerte, die ihn so traurig machte. Nichts von dem, was die Gefährten erlebten, schien ihr eine Gefühlsregung zu entlocken. Niss folgte ihnen überallhin, aß und schlief, wenn die anderen aßen und schliefen, und wartete ansonsten einfach nur brav ab. Auch jetzt saß sie still auf einer der Bänke an Deck.
Bowbaq überlegte, ob er sie nach unten bringen sollte. Aber war sie dort tatsächlich in Sicherheit? Wenn ihr Schiff getroffen wurde, war es besser, ins Wasser springen zu können, als in der Kombüse festzusitzen. Außerdem befanden sich alle an Deck, und er wollte Niss nicht von den anderen trennen, auch wenn sie ihnen keine Beachtung schenkte.
Die Anspannung an Bord wuchs von Dezille zu Dezille, während die Eskadrillen unaufhaltsam näher kamen. Zejabel spannte einen Pfeil in ihren Bogen, aber noch waren die Schiffe zu weit entfernt, und ihre Feinde waren eindeutig in der Überzahl. Trotzdem packte Bowbaq seine Kaute fester, Nolan zog den Stockdegen, und auch die Klingen der anderen blitzten auf.
Sie würden keine Gelegenheit haben, auch nur einen Schlag auszuführen, dachte Bowbaq. Eine der beiden Eskadrillen würde der
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ihren Sporn ins Heck rammen und den Rumpf der Länge nach aufschlitzen, und die Mannschaft des zweiten Schiffs würde sich die Überlebenden vorknöpfen. Sie hatten nicht die geringste Chance.
Als ein dumpfer Stoß die
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erschütterte, fuhr er zusammen. Die Eskadrillen waren noch ein ganzes Stück entfernt. Hatten sie einen Felsen gerammt? Oder ein Stück Treibholz? Ungläubig beugten sich die Gefährten über die Reling und starrten ins Wasser. Niemand schlug Alarm, und auch Bowbaq konnte
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