Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
Schießscharten aussahen, und eine schwere, mit Eisenbändern beschlagene Tür … Aber das Schlimmste waren die Wasserspeier, die von der Fassade auf sie herabblickten, einer grotesker als der andere: Menschen mit den Gliedmaßen von Tieren, zähnefletschende Dämonen oder Schlangen mit riesigen Fangzähnen. Manche erinnerten Cael sogar an Reexyyl, den Leviathan. Wen würde bei diesem Anblick nicht das kalte Grausen packen? »Das ist ja grottenhässlich«, sagte Eryne unumwunden. »Wer das gebaut hat, muss von Sinnen gewesen sein.«
»Schön ist es nicht, das gebe ich zu«, sagte Keb belustigt. »Aber es ist eines der ältesten Gebäude im ganzen Kaiserreich. Und du wirst sehen, innen ist es zehnmal so prunkvoll wie das Haus deiner Eltern.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, sprang er die Stufen hinauf und hämmerte mit dem Türklopfer, der die Gestalt eines Bärenkopfs hatte, gegen das Tor. Cael hielt vorsorglich Abstand, und auch die anderen beschlich das ungute Gefühl, die Wasserspeier könnten jeden Moment zum Leben erwachen und die Störenfriede bestrafen. Stattdessen schwang die Tür auf, und ein unfreundlich dreinblickender Krieger kam zum Vorschein. »Prinz Ke'b'ree!«, sagte er erstaunt.
Mehr verstand Cael nicht, denn die beiden Männer sprachen auf Wallattisch weiter. Der Unbekannte war noch keine dreißig Jahre alt, konnte also nicht in der Schlacht am Blumenberg gekämpft haben. Doch genauso hatte sich Cael die Barbaren vorgestellt, nachdem er Keb kennengelernt hatte: massiger Körper, lange dunkle Haare, ungewaschene Kleider und eine Lowa in der Hand. Die Waffe des Türhüters erinnerte allerdings eher an eine Lanze als an die Kreuzung aus Streitkolben und Schwert, die Keb trug.
Jedenfalls schien die Behauptung des Kriegers, er sei ein waschechter Prinz, tatsächlich zu stimmen. Der Wächter behandelte seinen künftigen König mit merklicher Ehrerbietung, auch wenn Keb mit ihm sprach wie mit einem Bruder. Aber war er mit den Erben nicht ebenso unbekümmert umgegangen?
Cael spürte, wie die Anspannung seiner Freunde stieg, je länger das unverständliche Gespräch dauerte. Vermutlich bedauerte Amanon, nicht auch Wallattisch gelernt zu haben, wo er doch schon so viele Sprachen beherrschte! Mit verbissener Miene trat sein Cousin von einem Fuß auf den anderen und ließ Keb nicht aus den Augen, als der seine Begleiter nacheinander vorstellte. Schließlich trat der Wächter zurück, und Keb wandte sich zu ihnen um.
»Die Königin ist nicht da und wird wohl erst heute Abend zurückkehren«, erklärte er sichtlich enttäuscht. »Was soll's, in der Zwischenzeit können wir ein paar Becher leeren.«
»Wo ist sie denn?«, fragte Amanon .
»Keine Ahnung. Der Wächter weiß es auch nicht«, sagte Keb verärgert. »Gibt dein König etwa seinen Dienern Bescheid, wenn er den Palast verlässt?« Darauf hatten die Kaulaner keine Antwort: Die Regierungsgeschäfte im Matriarchat lagen in den Händen des Rats der Mütter, der aus achtundzwanzig gleichermaßen geachteten Ratsfrauen bestand. Der Titel der Monarchin kam vielleicht noch am ehesten der Großen Mutter zu. Aber Keb schien ohnehin kein Interesse an weiteren Diskussionen zu haben. Er verschwand im Haus, während der Wächter darauf wartete, dass die anderen endlich eintraten. »Also?«, fragte Nolan. »Was machen wir?«
»Es wäre dumm, den ganzen Weg umsonst zurückgelegt zu haben«, meinte Bowbaq. »Mir ist eigentlich nicht danach, Saats Witwe zu begegnen, aber wenn sie uns tatsächlich helfen kann …«
Amanon'sah einen nach dem anderen an, seufzte schwer und stieg als Erster die Treppe hinauf. Wenig später standen sie in einem langen, nur von Kerzen beleuchteten Gang. Der Wächter wies wortlos auf eine Tür am anderen Ende, aus der helles Licht drang. Als sie darauf zugingen, fiel Cael auf, dass sich der Mann wieder am Eingang postierte. Sollte er die Villa vor ungebetenen Besuchern schützen oder verhindern, dass die Gäste wieder herauskonnten?
Sie kamen an einigen dunklen Gemächern vorbei, bevor sie in einen weitläufigen Saal gelangten. Keb hatte ihnen nicht zu viel versprochen: Sie waren wie geblendet von der Pracht, die sie plötzlich umgab. Ein Teil des Raums war mit kostbaren römischen Möbeln eingerichtet, darunter einem massiven Esstisch, an dem gut fünfundzwanzig Gäste tafeln konnten. Am anderen Ende befand sich ein offener Kamin. Vor dem Feuer, das in einem Becken aus purem Marmor loderte, verführten zahlreiche Teppiche und Kissen zum
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