Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
ihre Augen unsichtbar. Sombre hat mich einfach in meinem Palast in Wallos aufgesucht. Er wusste ja, wo er die Königin finden würde.«
»Aber was wollte er?«, polterte Keb noch einmal. »Er wird dich ja wohl um etwas gebeten haben!«
Mit einem strengen Blick wies sie ihn in die Schranken. Er schluckte seine Empörung hinunter, griff nach einem vollen Krug und schenkte sich Wein nach. »Ganz einfach«, sagte sie tonlos. »Er hat mir befohlen, was er all seinen Verbündeten aufgetragen hat, das Einzige, was er nicht selbst tun kann, ohne sein Leben in Gefahr zu bringen: den Erzfeind zu töten.«
Die Nachricht machte Amanon eher betroffen, als dass sie ihn überraschte. Auch den anderen hatte es die Sprache verschlagen: Bowbaq schüttelte unaufhörlich den Kopf, Zejabel, Cael und Nolan machten ernste Gesichter und Niss starrte die Königin an, als wäre sie Sombre höchstpersönlich. Eryne war die Einzige, die ihrem Entsetzen Luft machte.
»Also verschwört sich bald die ganze Welt gegen uns!«, rief sie aus. »Warum fahren nicht gleich Blitz und Donner auf uns herab, und die Erde öffnet sich unter unseren Füßen?«
»Dafür würde Sombre sorgen, wenn es in seiner Macht stünde«, sagte Chebree. »Dessen bin ich mir sicher.«
»Und welche Belohnung hat er Euch versprochen, wenn Ihr uns tötet?«, fragte Amanon .
Sein Ton war heftiger, als er gewollt hatte, aber die Königin schien keinen Anstoß daran zu nehmen. Sie betrachtete ihren Sohn, der sich wieder auf den Kissen ausgestreckt hatte.
»Er hat mir nur eins in Aussicht gestellt: mein Leben zu verschonen. Ich habe die Alte Religion, seine Religion, jahrelang bekämpft, und das weiß er. Nach einem solchen Verrat würde er mir natürlich nicht anbieten, an seiner Seite zu herrschen.«
»Aber Warum hat er sich dann überhaupt an Euch gewandt?«, fragte Nolan. Sie seufzte leicht und schloss kurz die Augen. Vielleicht wurde sie von Erinnerungen überwältigt. Trotz ihrer würdevollen, ruhigen Haltung schien sie innerlich unvorstellbare Qualen zu leiden.
»Ich bin die älteste noch lebende Sterbliche, die er kennt«, sagte sie. »Und ich war seine Emaz. Er war sicher, dass es mir gelingen würde, unsere einstigen Feinde wiederzufinden.
Seine
einstigen Feinde«, verbesserte sie sich. »Um sie zu töten«, ergänzte Amanon .
Chebree nickte langsam, während die Erben niedergeschlagen die Köpfe hängen ließen.
»Ich habe nicht vergessen, dass ich Lana mein Leben verdanke«, fuhr Chebree fort. »In der Nacht nach Sombres Besuch brach ich nach Goran auf und schickte Keb zu ihr, um sie hierher zu bitten. Ich wollte sie vor der Rückkehr des Dämons warnen.«
»Das hättet Ihr doch auch mit einer einfachen Nachricht tun können«, bemerkte Amanon. »Aus welchem Grund seid Ihr nicht selbst nach Lorelia gereist?«
»Was die Königin tut und lässt, geht dich nichts an«, fuhr ihn Keb an und hielt drohend seinen Kelch in Amanons Richtung. »Bedanke dich lieber für ihren Edelmut.« Wieder warf Chebree ihrem Sohn einen seltsamen Blick zu. Dann erhob sie sich und ging zu der gedeckten Tafel.
»Ich war nicht sicher, ob Lana kommen würde, wenn sie die Wahrheit erfährt. Und ich hoffte … dass Eure Eltern sie begleiten würden. All jene, die Saat besiegten.«
Die Erben sahen sich fragend an, während die Königin einen bronzenen Teller nahm und sich einige kleinere Häppchen auflud. Daraufhin rappelte sich auch Keb auf und wankte auf den Tisch zu.
»Das hätten sie bestimmt getan«, sagte Bowbaq. »Meine alten Freunde hätten sich bei Reyan versammelt und wären dann gemeinsam hergekommen.«
»Aber warum?«, wunderte sich Eryne. »Was habt Ihr Euch von dieser Begegnung erhofft?«
Die Königin kehrte mit dem gefüllten Teller zu ihnen zurück und setzte sich, bevor sie antwortete. »Ich wollte Eure Eltern dazu bringen, den Dämon zu jagen. Ich wäre sogar bereit gewesen, sie zu begleiten. Wollt Ihr mir nicht berichten, was aus ihnen geworden ist? Und falls Ihr hungrig seid – bitte bedient Euch.«
Die Gäste folgten ihrer Aufforderung, auch wenn nicht alle Appetit verspürten. Einem wohlerzogenen Lorelier wie Nolan kam es zunächst seltsam vor, sich zum Essen auf den Boden zu setzen, aber dann fand er die Teppiche und Kissen doch sehr bequem. Wären die stummen Wachen an den Wänden und die Erinnerung an seine Eltern nicht gewesen, hätte er den Abend sogar genießen können. Zejabel, die anmutig wie eine Katze neben ihm lag, hatte daran keinen unwesentlichen
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