Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte

Titel: Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
Vom Netzwerk:
Jedenfalls nicht äußerlich, denn in ihm tobte ein Sturm der Gefühle.
    Seit Eryne tot zu Boden gesunken und plötzlich wieder in die Welt der Lebenden zurückgekehrt war, wusste er nicht mehr, wie ihm geschah. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie schwer ihre Verletzung gewesen war: Der Dolch hatte seine Geliebte ins Herz getroffen, daran gab es keinen Zweifel. Der dunkelrote Fleck, der sich auf ihrem Kleid in Höhe der Brust ausgebreitet hatte, war keine Einbildung gewesen. Und trotzdem stand Eryne nun neben ihm, und nur ihr leichenblasses Gesicht verriet, wie erschüttert sie war. Nicht einmal sie selbst schien fassen zu können, dass sie tatsächlich noch lebte. Vielleicht fürchtete sie sich aber auch davor, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen: Sie hatte einen weiteren Schritt auf dem Weg ihrer Entwicklung zur Göttin zurückgelegt. Eryne hatte Unsterblichkeit erlangt.
    Fortan würde nur ein anderer Gott oder Dämon ihren Lebensfunken löschen können. In der Welt der Menschen konnte ihr keine Waffe, keine Krankheit, kein Gift mehr etwas anhaben. Offenbar vermochte nicht einmal sie selbst ihr Leben zu beenden. So hatten die Erben unverhofft ein weiteres der rätselhaften Gesetze entdeckt, denen die Kinder des Jal unterworfen waren.
    Während seine Gefährten einer nach dem anderen durch die Pforte schritten und sich in der Unterwelt versammelten, beobachtete er Eryne verstohlen. Er liebte sie, das wusste er schon länger, aber erst in dem furchtbaren Moment, in dem er sie verloren glaubte, hatte er erkannt, wie viel sie ihm tatsächlich bedeutete. Was auch immer sie dazu bewogen hatte, in ihrer Verzweiflung Hand an sich zu legen, nun stand fest, dass ihr ewiges Leben bestimmt war. Und das Kind, das in ihrem Leib heranwuchs, würde in eine bessere Welt hineingeboren werden, das schwor er sich. Ganz gleich, wer der Vater war.
    Kaum hatten alle Erben die Schwelle zum Karu über schritten, verschwamm die in tiefe Dunkelheit gehüllte Hochebene hinter dem steinernen Bogen, bis schließlich nur noch eine Art Nebel zu sehen war. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Den Erben blieb nichts anderes übrig, als sich in den zwei Welten des Jal auf die Suche nach ihren Eltern zu machen und zu hoffen, dass sie ihre Kühnheit nicht mit dem Leben bezahlten. Denn die erste und größte Gefahr erwartete sie schon jetzt: Sie standen mitten in der Höhle der Undinen.
    Amanon erinnerte sich noch genau, wie seine Mutter diese Wesen in ihrem Tagebuch geschildert hatte. Als er den Blick hob, sah er sie leibhaftig vor sich. Eine riesige Schlange, von der ein glühendes Licht ausging, lag oben auf dem Steinbogen der Pforte. Aus ihrem Haupt ragten Hörner, die an einen Ziegenbock erinnerten, während ihre Zähne spitz wie die eines Wolfs waren. Der restliche Körper schien nur aus Feuer zu bestehen, und ihre rot schillernde Haut versprühte unzählige kleine Funken.
    Die Schlange allein erhellte die riesige Höhle, in der sich der Flüstersee befand; vielleicht war sie sogar die einzige Lichtquelle in den zahllosen Gängen des Karu. Seltsamerweise wurde das Leuchten nicht schwächer, als sich ihr Körper auf einmal in zwei identische Hälften teilte. Nachdem die Verwandlung vollzogen war, glitten die beiden kleineren Feuerschlangen an den Pfeilern der Pforte hinab.
    »Wir müssen hier weg. Sofort«, murmelte Bowbaq.
    Das musste er nicht zweimal sagen. Amanon fuhr herum, ergriff Erynes Hand und zog sie mit sich. Auch wenn er wusste, dass sie seiner Hilfe eigentlich nicht bedurfte, war sein Beschützerinstinkt einfach stärker. Die Erben rannten durch einen riesigen, gut zwanzig Schritte tiefen Kessel, den die Undinen binnen kürzester Zeit füllen würden, um den Flüstersee zu bilden, den seine Mutter beschrieben hatte. Als er einen Blick über die Schulter warf, stellte er mit Grauen fest, dass aus den zwei Schlangen bereits vier geworden waren, die sich in ebendiesem Moment wiederum teilten. Bald würden es unzählige sein.
    Die Erben liefen, so schnell sie konnten, doch der lange Marsch durch das Höhlenlabyrinth und der Kampf gegen die Lemuren hatten sie viel Kraft gekostet. Nur Cael zeigte keinerlei Ermüdung und nahm Niss sogar ihr Bündel ab, damit sie schneller vorwärtskam. Als Nolan stolperte und hinfiel, zog Keb ihn mit einem Ruck wieder auf die Füße. Doch der Rand des Sees schien einfach nicht näher zu kommen, während sich die Undinen mit unglaublicher Geschwindigkeit vermehrten. Einige mussten bereits die Verfolgung

Weitere Kostenlose Bücher