Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
machen.
Die Königin warf ihm einen unergründlichen Blick zu. Der kurze Moment der Eintracht war vorbei.
»Wenn ich mich weigere, werden unsere Nachbarn über unser Volk herfallen und es vernichten«, verteidigte sie sich. »Würdest du das wollen?«
»Es gibt einen anderen Weg«, entgegnete er. »Einer meiner Gefährten ist dazu ausersehen, den Dämon zu töten, und dann ist der ganze Spuk vorbei.«
Saats Witwe sah die schweigenden Erben einen nach dem anderen mit durchdringendem Blick an, als wollte sie ihre Chancen im Kampf gegen Sombre abschätzen. Ihre todernste Miene verhieß nichts Gutes. »Noch vor einem Mond hätte ich es geglaubt«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich habe nicht vergessen, dass Ihr nicht nur Gors und Zamerine, sondern auch Saat getötet habt, was eigentlich unmöglich war. Und Ihr seid dem Dämon bis heute lebend entkommen. Aber wenn Ihr noch hofft, Sombre besiegen zu können, dann habt Ihr anscheinend nicht die geringste Ahnung, was er wirklich vorhat.«
»Vielleicht könnt Ihr es uns verraten«, sagte Lana vorsichtig.
»Alles, was Ihr uns sagt, wird uns helfen, die Wallatten zu befreien«, fügte Corenn hinzu. »Wir sind keinem Land und keinem Volk feindlich gesinnt. Uns geht es nur darum, den Krieg zu beenden.«
Alles Bitten nützte nichts: Chebree blieb stumm. Plötzlich kam Cael der schreckliche Gedanke, sie könnten die weite Reise für nichts und wieder nichts unternommen haben! Wenn die Königin ihnen Sombres Pläne nicht offenbaren wollte, würde sie wohl ebenso wenig Saats Schwert herausrücken. Die Erben wussten ja nicht einmal, ob Chebrees Dankbarkeit gegenüber Lana oder die Freude über das Wiedersehen mit ihrem Sohn sie davon abhalten würde, ihre Gäste dem Dämon auszuliefern.
Doch schließlich gab sie nach. Sie senkte die Stirn, schloss die Augen und vergrub eine Weile das Gesicht in den Händen, bevor sie sich umwandte und sich auf einem Sitzkissen niederließ. Mit einer Handbewegung lud sie die Erben ein, es ihr gleichzutun. Für diesen Gesinnungswechsel waren weder inständige Bitten noch Drohungen noch schöne Worte nötig gewesen: Keb hatte einfach scheu wie ein Kind, das seine Liebe nicht anders zum Ausdruck bringen kann, ihre Hand berührt.
Als sich alle gesetzt hatten, seufzte Chebree leise und berührte geistesabwesend ihren Anhänger, den Cael als Gwelom erkannt hatte. Während der ganzen folgenden Unterhaltung ließ sie ihn nicht mehr los.
»Sombre hat sich mit der Königin von Lorelien verbündet«, sagte sie und senkte unwillkürlich die Stimme. »Und Agenor hat einen Krieg gegen Goran angezettelt.«
»Das wissen wir bereits«, sagte Corenn. »Aber uns ist nicht klar, was sie damit bezweckt. So reich das lorelische Königreich auch sein mag – ein Sieg über Goran ist so gut wie unmöglich.«
»Darum geht es auch gar nicht«, erwiderte Chebree. »Die Lorelier haben bereits große Verluste einstecken müssen. Sie konnten Ith nur ein paar Tage halten, bevor die Goroner die Stadt zurückeroberten. Und mittlerweile haben sie sogar Lermian eingenommen.«
»Aber was hat Agenor davon?«, fragte Lana ungläubig. »Sie wird doch wohl nicht ihr eigenes Königreich ins Verderben stürzen wollen?«
»Nein, sie will Goran tatsächlich unterwerfen und so über das größte Reich regieren, das die Welt je gesehen hat. Es soll ihr Vermächtnis für den Dämon werden.«
Diese Worte riefen etwas Finsteres in Cael wach.
Zum Herrscher aller Dinge aufsteigen. Über Leben und Tod jedes Sterblichen bestimmen. Sich die anderen Unsterblichen unterwerfen.
So hatte es der Bezwinger seit jeher gewollt. Die Stimme in Caels Kopf hatte es ihm oft genug eingeflüstert.
»Sombre braucht keine Armee, um ein Reich zu erobern«, bemerkte Keb. »Er könnte den Kaiser von Goran einfach in Stücke reißen und sich auf den Thron setzen.«
»Ja, aber er ist ein Gott, und als Gott braucht er Menschen, die ihn verehren«, erklärte seine Mutter. »Wer wüsste das besser als ich, seine einstige Emaz?«
»Was genau hat er also im Sinn?«, hakte Amanon nach. »Und welche Rolle hat er den Wallatten dabei zugedacht?«
»Wir sollen die Lorelier zur Alten Religion bekehren«, antwortete Chebree. »Wir sollen ihnen unseren Glauben nahebringen, damit Sombre eines Tages leibhaftig erscheinen und sich als derjenige darstellen kann, der ihnen zum Sieg verholfen hat.«
Grabesstille trat ein, während die Erben versuchten, das ganze Ausmaß ihrer Worte zu begreifen. Die Oberen Königreiche würden
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