Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
mit lautem Schnalzen die Sehnen mehrerer Bogen und Armbrüste und peitschten ihren Trägern ins Gesicht. Offenbar hatten Yan und Corenn begonnen, ihre magischen Kräfte zu gebrauchen. Nolan überlegte gerade fieberhaft, aufweiche Weise er sich nützlich machen konnte, als Keb einen Pfiff ausstieß, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
»Du kennst dich doch hier aus, oder? Hier im Palast, meine ich«, raunte er ihm zu. »Weißt du, wie man da hochkommt?«
Er wies auf die Empore, auf der sich ihre ärgsten Feinde versammelt hatten. Nolan überlief es eiskalt. Wie sollten sie es mit Sombre und Zuia gleichzeitig aufnehmen? Aber zumindest würde er so den Schauplatz seiner Schreckensvision verlassen.
»Aber da kommen wir nicht durch«, entgegnete er und zeigte zur Tür.
Keb grinste und kam geschmeidig auf die Füße. Als er seine Lowa mit einer ausholenden Bewegung über dem Kopf kreisen ließ, sprangen die Wallatten hoch, die immer noch auf dem Boden gekauert hatten. Ohne nachzudenken, schloss sich Nolan dem Prinzen und den rund dreißig verbliebenen Kriegern an und stürmte mit pochendem Herzen auf ihre Feinde zu. Vor seinem geistigen Auge sah er sich bereits in einer Blutlache liegen, einen Pfeil im Herzen.
Aber nichts dergleichen geschah. Überrumpelt von der Gegenwehr und verwirrt von den rätselhaften Angriffen auf ihre Waffen, blieb Alcides Männern keine Zeit mehr, neue Pfeile einzuspannen, bevor sich die Wallatten mit dem Mut der Verzweiflung auf sie stürzten und die Männer in der vordersten Reihe niedermetzelten. Dann trieben Kebs Krieger die übrigen Schützen mit gewaltigen Lowahieben auseinander, und der eigentliche Kampf begann.
Nolan hielt sich dicht hinter Keb, der eine Schneise aus Blut und zerschmetterten Schädeln in das Getümmel schlug. Nichts und niemand schien den wallattischen Prinzen aufhalten zu können!
Abgeschirmt von Kebs breitem Rücken bemerkte Nolan irgendwann, dass sie die Reihen ihrer Feinde durchbrochen hatten. Nach ein paar weiteren Schritten standen sie im Flur.
»Wo lang?«, fragte Keb keuchend.
Nolan zeigte beklommen in eine Richtung, und Keb sprintete los. Wohl oder übel musste er ihm folgen.
Doch schon nach zwanzig Schritten bereute er seine Entscheidung. Er hätte bei Zejabel, seinen Eltern und seinen Freunden bleiben sollen. Wenn sie schon dem Untergang geweiht waren, sollten sie dem Tod wenigstens gemeinsam ins Auge sehen.
Jeder von ihnen kämpfte gegen zwei oder gar drei Gegner, aber die Erben und Aufständischen hatten den Mut der Verzweiflung auf ihrer Seite, diesen Lebenshunger, den man nur in den finstersten Augenblicken spürt und der bisweilen den Ausschlag geben kann. Amanon wagte noch nicht, sich zu freuen, aber es sah ganz so aus, als geschähe tatsächlich ein Wunder.
Seit dem unerwarteten Ansturm von Keb und seinen Kriegern herrschte wüstes Durcheinander. Inzwischen konnte Amanon die hochgewachsene Gestalt des wallattischen Prinzen nirgends mehr entdecken, doch seine Gegner ließen ihm auch keine Zeit, sich in Ruhe umzusehen. Die Grauen Legionäre und Dämonisten hatten ihre Überraschung schnell überwunden und zogen Schwerter und Dolche, um die Wallatten zurückzudrängen und zu töten. Angesichts der Überzahl ihrer Feinde wichen die Erben und ihre Verbündeten Schritt für Schritt zurück und entfernten sich so immer mehr von dem einzigen Ausgang aus dem Saal. Sie saßen in der Falle. Aber verloren war die Schlacht noch lange nicht.
Das lag natürlich vor allem an Cael. Sein Cousin mähte bisweilen zwei Gegner mit einem einzigen Schwertstreich nieder oder stach mit blutigen Fingern nach den Augen oder dem Hals seiner Feinde. Einige der Männer ergriffen die Flucht, erstarrten aber nach wenigen Schritten mitten in der Bewegung und sackten zu Boden wie Marionetten, denen man die Fäden durchgeschnitten hat. Der Dämon im Körper des Jungen hatte offenbar beschlossen, keinen von Sombres Dienern lebend entkommen zu lassen, und so war sein Weg durch den Saal schon bald von Leichen gesäumt.
Aber nicht nur Cael wurde seinen Gegnern gefährlich - auch Bowbaq, Reyan, Leti, Zejabel, Grigän und Amanon schlugen sich wacker. Nach den Lemuren kam ihnen der Kampf gegen gewöhnliche Menschen wie ein Kinderspiel vor.
Doch der Schein trog: Sombre und Agenor hatten ihnen ihre besten Kämpfer auf den Hals gehetzt, und obwohl sich die Erben gegenseitig Deckung gaben, trugen sie immer wieder Verletzungen davon. Amanon blutete bereits aus einem tiefen Schnitt an
Weitere Kostenlose Bücher