Die Krieger der Königin: Falkenherz
Wass setzte.
Gabralina gab ihrem Krieger die Sporen, und ihr Sylph brüllte, holte auf und setzte sich wieder vor Leon und Ril. Ril zwang sich, erneut aufzuholen, und dann rannten die beiden wieder Kopf an Kopf dahin.
Schneller als jedes normale Pferd rasten die beiden die Straße entlang. Sie schlängelte sich durch Kurven, dann fiel sie steil ab. Tief und riesig lag das eigentliche Tal vor ihnen. Es war größer als Leon im Mondlicht sehen konnte. Aber er konnte die Lichter der Stadt weit vor sich erkennen, mit ein paar einsamen Lichtern von vereinzelten Farmen in der Nähe. Die zwei Krieger erreichten den Bergrücken. Sie sprangen, landeten auf der abfallenden Straße, und ihre Hufschläge hallten durch die Nacht. Im Schatten des Tales gab es fast kein Mondlicht mehr, aber Leon machte sich keine Sorgen darum, dass eines ihrer Reittiere aus dem Tritt kommen würde. Nicht bei diesen beiden.
Er beugte sich tiefer über Rils Hals und sah zu Gabralina hinüber. Zum ersten Mal stand keine Angst in ihrem Gesicht. Ihre Augen leuchteten, und ihr Mund war zu einem breiten Lächeln verzogen. Ihm war nicht klar gewesen, dass sie etwas anderes sein konnte als ein plapperndes Mäuschen, und er bereute diese Erkenntnis nicht. Ihre Freude an diesem Wettstreit war vielleicht das Einzige, was sie verband.
Im letzten Moment gewann Ril. Weil er mit der Umgebung vertraut war, verließ er die Straße, sprang über einen Zaun (und den Mann dahinter, der auf dem Weg zum stillen Örtchen war), machte zwei lange Schritte, flog über den Zaun am anderen Ende des Hofes und erreichte gute drei Meter vor Gabralina den Markplatz. Sie warf ihm grollend einen Blick zu. Leon hätte gelacht, wenn sie nicht gleichzeitig verwirrt gewirkt hätte. Stattdessen lächelte er sie einfach an. Sie errötete und wandte den Blick ab.
»Ihr zwei habt geschummelt«, entschied sie.
»Ich wusste gar nicht, dass es Regeln gab«, antwortete Leon milde. Er machte sich weniger Sorgen um ihre Reaktion als darum, was sein Krieger sich mit diesem Galopp angetan hatte. Er streichelte Rils Hals und summte eine beruhigende Melodie, während ein Kribbeln in seinen Fingern ihm verriet, dass sein Krieger sich bereits von seiner Energie nährte.
Drei Krieger in Blau und Gold sanken auf die Straße herab und beäugten sie wachsam. Sie waren durch den Lärm gewarnt worden oder – was wahrscheinlicher war – hatten die Gruppe von dem Moment an gespürt, als sie das Tal betreten hatten. Wass blieb einfach stehen wie ein Idiot. Hinter ihm traten Männer und ein paar Frauen neugierig aus der Taverne, die auch als Gasthaus diente.
»Claw«, rief Leon einem der Krieger zu, »bitte hol die Königin. Ich muss sie im Audienzsaal sehen, sobald Ril versorgt ist.« Der seltsame, blauhaarige Krieger zitterte einen Moment, dann verschwand er als Rauchwolke in einem der Kamine, die aus dem unterirdischen Teil der Stadt aufragten.
Das erregte endlich Wass’ Aufmerksamkeit. Er starrte dem verschwundenen Krieger hinterher und spitzte die Ohren.
»Gabralina«, rief Leon. Sie sah ihn an. »Willkommen in Sylphental. Ich möchte, dass du Wass in den Audienzsaal der Königin bringst. Sie wird begeistert sein, dich kennenzulernen.« Er nickte einem der Mädchen aus der Taverne zu. »Cherry, bitte zeig ihr den Weg.«
»Wo gehst du hin?«, fragte Gabralina. Es war deutlich, dass sie wieder nervös war. Sie rutschte von Wass’ Rücken, und sofort nahm er wieder seine menschliche Gestalt an. Die Krieger spannten sich an. An jedem anderen Ort hätten sie ihn bereits angegriffen.
»Ich komme gleich wieder«, versicherte Leon ihr. »Versprochen.«
Er konnte spüren, dass Ril unter ihm zitterte, aber trotzdem stieß er den Sylph mit den Knien an, als wäre alles in Ordnung, und ritt um eine Ecke. Sobald sie außer Sichtweite waren, sprang er vom Rücken des Kriegers und lehnte sich an ihn, um ihn auf den Beinen zu halten. »Du Esel«, sagte er. Als Ril ihm einen wütenden Blick zuwarf, schüttelte Leon nur den Kopf. »Komm schon.«
Er geleitete den Krieger zu einer Tür, die in eine Wand zwischen zwei Gebäuden eingelassen war. Dahinter führten Stufen zu dem weitläufigen Komplex, der sich unter der Stadt erstreckte. Es war ein Ort, an den sich die gesamte Bevölkerung bei heftigen Stürmen oder im Fall von Angriffen zurückziehen konnte. Der Weg wurde von Öllampen erhellt, die ständig nachgefüllt wurden. Leon half Ril die Stufen nach unten, die breit genug für sie beide waren, wenn
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