Die Krieger der Königin: Falkenherz
sind und miteinander darüber reden, wer zu wem gehen soll. Glaub mir, die meisten Krieger reden überhaupt nicht miteinander. Sie springen einfach nur jede an, die sie interessiert.«
Lizzy bemerkte, dass Eapha nichts darüber sagte, ob diese Krieger jemals Interesse an ihr gezeigt hatten. »Wie redest du mit ihm?«, fragte sie stattdessen.
»Gesten.« Eapha vollführte ein paar Bewegungen mit ihren Händen. Zwo erwiderte sie. »Jede bedeutet etwas. Eine der Frauen, die vor ein paar Jahren hier war, hatte einen tauben Bruder. Sie hat die Gesten ein paar der Mädchen und auch einigen Kriegern beigebracht. Es sind allerdings nicht viele, die sie beherrschen, und wir müssen es geheim halten.« Ihre Miene wurde hart. »Ich werde dir die Zeichensprache beibringen, aber bitte, verwende sie nicht außerhalb der Nischen, außer es geht nicht anders. Und achte immer darauf, wer dich beobachtet. Zwo hätte niemals da draußen etwas sagen dürfen, aber du hast ihn überrascht. Mich auch. Die Wärter beobachten uns durch Öffnungen unter der Decke. Wenn sie wüssten, dass wir das tun, würden sie uns in die Pferche schaffen. Für Zwo und die anderen könnte es sogar noch schlimmer kommen. Sie sollen eigentlich überhaupt nicht kommunizieren. Die Wärterinnen haben allerdings keine Ahnung. Sie können nicht sehen, was in den Nischen passiert, und gewöhnlich unterhalten wir uns nur hier drin. Trotzdem, sei bitte vorsichtig. Es gibt ein paar Mädchen, die denken, wir würden für die Wärterinnen spionieren, und es gibt eine Menge Krieger, denen ich nie vertrauen würde.«
Hinter ihnen hüpfte Zwo weiter auf dem Bett herum und schlug bei jedem Sprung mit dem Hand gegen die Decke. Lizzy beobachtete ihn einen Moment lang, bevor sie sich wieder Eapha zuwandte. Sie erlaubte sich nicht, daran zu zweifeln, dass sie Freundinnen waren. An diesem Ort brauchte sie dringend Freunde. Und jetzt hatte sie schon zwei.
»Ist jemals jemand entkommen?«, fragte sie.
»Nein. Ich kannte Frauen, die es versucht haben, aber der einzige Weg nach draußen ist die Tür, und die ist verschlossen und wird bewacht.« Eapha sah, wie Lizzy Zwo einen Blick zuwarf, und lachte bitter. »Er kann dir auch nicht helfen. Er hat klare Befehle, keiner von uns bei der Flucht zu helfen. Krieger müssen die Befehle ihrer Meister befolgen – wusstest du das?«
Lizzy nickte. Zu Hause nutzte niemand ihre Knechtschaft aus. Sie hatte einmal gesehen, wie ein Mann seine Feuersylphe misshandelte und sie fast in den Wahnsinn trieb, aber die Krieger hatten ihr Leid gefühlt und Solie Bericht erstattet. Sie hatte die Sylphe an einen neuen Meister übergeben und den Täter verbannt. Er hatte Glück gehabt, dass die Krieger ihn nicht umgebracht hatten. Auch ihr Vater achtete immer sorgfältig darauf, Ril keine Befehle zu erteilen, weil er wusste, dass Ril nicht anders konnte, als zu gehorchen.
Als sie an den blonden Krieger und die Wärme seiner Lippen dachte, errötete Lizzy. Sie würden kommen, Ril und ihr Vater. Das hatte er ihr in ihren Träumen gesagt. Aber wie war das möglich? Lizzy wollte mit jedem Funken Hoffnung, den sie noch hatte, daran glauben, aber nach Wochen, die sie im Dunkeln in einem Käfig gesessen hatte, und jetzt diesem Ort mit seinen weichen Stoffen und den lüsternen Kriegern, war nur noch wenig davon übrig.
Jetzt, wo sie ausgeruht und ruhiger war, konnte sie es spüren: Das Verlangen der Krieger, das durch den Raum ausstrahlte, um die Scham der Frauen in unkontrollierbare Lust zu verwandeln. Wenn eine Frau nicht willig war, würden sie sie willig machen. Die Stelle zwischen Lizzys Beinen kribbelte, sie schlug die Arme um sich, um ihre fast vollkommene Nacktheit vor Eapha und Zwo zu verbergen. Nicht, dass es einem von ihnen etwas ausmachen würde. Wie sollte man an diesem Ort Sittsamkeit bewahren? Aber trotzdem konnte sie die Arme nicht sinken lassen. Noch nicht. Sie hoffte, dass es niemals dazu kommen würde. Sie wollte sich niemals an diesen Ort gewöhnen.
Bitte, Ril,
dachte sie.
Lass es nicht nur ein Traum gewesen sein.
»Und was jetzt?«, flüsterte sie.
Eapha zuckte mit den Schultern. »Frühstück?«
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12
L izzys Leben wurde von einer Regelmäßigkeit bestimmt, von der sie genau wusste, dass sie sie irgendwann in den Wahnsinn treiben würde wie einen wilden Vogel, der in einem Käfig gefangen war. Sie würde mit den Flügeln gegen die Wände schlagen, bis sie brachen, und enden wie die Frauen, die sie in den Ecken des Harems sitzen
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