Die Krieger der Königin: Falkenherz
Meister hatte ihm befohlen, in seinen Träumen Lizzy zu finden, auch wenn ihm nicht klar gewesen war, dass er es getan hatte. Er hatte Ril befohlen, in seine menschliche Form zurückzukehren, statt sich umzubringen, indem er dem von seiner Traumreise ausgelösten Impuls folgte, wieder seine natürliche Form anzunehmen. Und jetzt befahl Leon ihm, zu trinken und sich selbst zu retten – nur, wie sollte der Mann fliehen, wenn er Ril nährte? Was würde mit Lizzy geschehen? Ril fühlte sich so schwach, dass er Leons gesamtes Leben in sich saugen könnte und trotzdem sterben musste.
Nicht, dass diese Sorgen eine Rolle spielten. Er konnte nur gehorchen. Trink. Leons Energie lag wie ein Nebel um ihn herum, ein warmer, honiggleicher Dunst. Ril berührte ihn und sog ihn tief in sich. Die Energie fing an, die Speicher in ihm zu füllen, durchfloss die Muster, die Leon vor so langer Zeit in seiner Seele erzeugt hatte, und füllte dann in die brennenden Schluchten, die der Angriff hinterlassen hatte. Aber die Kraft brachte auch die Schmerzen zurück, und er schrie auf, während er weiter von der Energie seines Meisters trank. Er war so ausgehungert, dass die Risse in ihm trotzdem tiefer wurden und sich ausbreiteten.
»Du siehst aus wie ein Puzzlemann«, flüsterte Leon. Sein Gesicht war mit Dreck und Schweiß verschmiert.
»Flieh«, flüsterte Ril. »Du kannst niemanden retten, wenn sie dich gefangen nehmen.«
»Ich werde dich nicht im Stich lassen«, erklärte Leon. »Wir werden es beide schaffen.«
Nicht aus dieser Situation. Ril fühlte, wie sich die Dunkelheit hinter den Schmerzen auftürmte, wusste aber nicht, ob es der Tod oder Schlaf war. Es spielte keine Rolle. Er konnte nicht mehr kämpfen, und sobald er sich aufgelöst hatte, würde Leon fliehen müssen, durch die Öffnung, die Ril für ihn geschaffen hatte.
»Südlich«, erinnerte er seinen Meister. »Ungefähr fünf Kilometer. Unter der Erde. Finde sie.«
»Ril …«
Leons Energie ergoss sich immer noch in ihn, überschwemmte einen Körper, den er bis an seine Grenzen belastet hatte. Ril schloss die Augen, weil er weder die Schwäche noch die Schmerzen fühlen wollte. Oder Leons Energie, da er ihn nur aussaugen würde, bis sie beide tot waren. Nutzlos. Er war nutzlos. Er ließ die Dunkelheit über sich zusammenschlagen und hoffte noch in diesem Moment, dass Leon aufgeben und ein Mal auf ihn hören würde.
Leon fühlte, wie der Krieger in seinen Armen schlaff wurde, und dann endete das schreckliche, kreischende Ziehen. Rils Kopf sank zur Seite, seine Wimpern dunkel auf den bleichen Wangen. Die Haut des Sylphen war mit tiefen Rissen überzogen – Rissen, von denen Leon irgendwie wusste, dass sie sich bis in sein Innerstes erstreckten.
Rette Lizzy.
Leon hatte die letzten Worte des Kriegers gehört und wollte ihnen folgen. Er wollte nicht gehen, aber es schien keine Alternative zu geben. Und es sah so aus, als würde Ril in Stücke brechen, wenn er versuchte, ihn zu tragen.
Um sie herum waren nur Sekunden vergangen. Die Lichtflecken, die von dem riesigen blauen Krieger übrig geblieben waren, rieselten weiterhin um sie herum zu Boden, und die Zuschauer waren auf die Füße gesprungen und schrien. Die Wächterkrieger schwebten immer noch hoch über der Arena und umkreisten die verzierte Loge, in der ein Mann etwas verkündete, was Leon wegen des Rauschens in seinen Ohren und des Schmerzes in seinem Herzen nicht verstehen konnte. Nur ein paar Dutzend Schritte entfernt klaffte ein Loch in der Arenawand und er konnte die Straße dahinter sehen. Es war niemand anwesend, der ihn aufhalten konnte.
Aber er konnte Ril nicht verlassen.
Andererseits, wenn er jetzt nicht floh, dann wäre sein Sylph umsonst gestorben. Aber sein Krieger war nicht tot, doch das bedeutete nicht, dass Leon ihn retten konnte. Aber seine Tochter konnte er noch retten.
Sanft legte Leon seinen Krieger auf den Sand, strich ihm die Haare aus den Augen und faltete seine Hände auf der Brust. Er wischte ein wenig Dreck von der Wange des Kriegers, dann stand er auf und packte sein Schwert. Keuchend, fast weinend, drehte er sich um und rannte durch die Staubwolke und das Loch in der Wand davon.
In dem Viertel hinter der Arena entdeckte er nur heruntergekommene Häuser, deren Wände vom Ruß verfärbt waren. Elende Gestalten wanderten herum. Manche standen hinter Verkaufsständen mit vertrockneten Früchten, fliegenbedecktem Fleisch, Töpferwaren oder Stoffen. Erst nach einem Moment begriff
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