Die Kriegerin der Kelten
der römischen Armee. Das Heer der Veteranen wird kämpfen wie ein Bär in der Falle. Und selbst mit einer angemessenen Menge an erfahrenen, kampferprobten Kriegern dürfte es uns noch schwer fallen, diese Kerle zu schlagen.«
... wie ein Bär in der Falle ...
Cunomar konnte es schier nicht begreifen, dass Valerius offenbar von seinem ärgsten Albtraum wusste. Unsicher erwiderte er: »Aber wir werden die Kolonne morgen auch nicht noch einmal so einfach überwältigen können, wie wir es heute geschafft haben. Die werden doch nun mit Sicherheit mit irgendetwas in der Art rechnen.«
»Das steht außer Frage. Wir müssen sie also in genau dem Augenblick erwischen, wenn sie gerade ihr Lager abbrechen.« Valerius hockte sich nieder und zeichnete mit der Fingerspitze ein Quadrat in den weichen, lehmigen Boden.
»Das hier ist das Lager«, erklärte er. »Und wir stehen hier, am westlichen Rand. Longinus und Civilis sind jetzt im Inneren des Lagers und tischen dem Legaten in diesem Augenblick ihre Lügen auf. Und sofern du keinen besseren Vorschlag hast, werden wir morgen folgendermaßen vorgehen...«
Der neue Tag begann mit einer Reihe schmetternder Hornstöße.
Cunomar wartete im Schutz der Bäume, rings um ihn herum hatten sich die Bärinnenkrieger verteilt. In der Nacht, als er sie zu sich zurückgerufen hatte, um ihnen zu erläutern, was Valerius von ihnen verlangte, war Ulla die Einzige gewesen, die laut ausgesprochen hatte, was die anderen nicht zu sagen wagten. »Mir wäre es lieber gewesen, wir wären so vorgegangen, wie du es ursprünglich geplant hattest. Nur leider ist diese Chance jetzt wohl endgültig vertan. Allerdings denke ich, dass auch Valerius uns eine durchaus ehrenvolle Rolle in seinem Plan zugedacht hat, und auch sein weiteres Vorgehen klingt für mich recht logisch. Immer vorausgesetzt natürlich, seine Komplizen, die er im Lager platziert hat, schaffen es, ihren Teil der List in die Tat umzusetzen.«
Alles hing nun von Civilis und Longinus ab.
Der Morgen war kalt, alle fröstelten. Cunomar lag wieder einmal flach auf dem Erdboden und beobachtete die Legionare dabei, wie sie ihre Feuer entzündeten und zum Frühstück kleine Fladen aus Gerstenmehl backten. Er fühlte sich regelrecht bedrängt von dem Geflüster der Speerkämpfer um ihn herum, den leisen Stimmen, in denen Ullas Zweifel mitklangen und ihrer Sorge damit nur noch mehr Gewicht zu verleihen schienen.
Valerius’ Stand im Heer der Krieger war sehr unsicher, viele zweifelten noch an seiner Vertrauenswürdigkeit. Ob man ihn letztlich akzeptieren würde, hing ganz und gar davon ab, ob er es schaffen würde, gemeinsam mit den Eceni die Neunte Legion der Römer zu vernichten. Vor allem würde sich an der heutigen Schlacht beweisen, wie es um sein Talent bestellt war, eine Kriegslist zu planen und in die Tat umzusetzen. Wenn die Bärinnenkrieger gut kämpften und es schafften, in das Lager einzudringen, würden sie damit nicht nur ihrer eigenen Sache dienen, sondern auch dem Ansehen Valerius’. Falls sie jedoch versagten, verlören nicht nur sie, sondern auch Valerius an Respekt. Sie alle wussten das, und die bittere Ironie, die darin lag, jagte ihnen nur noch einen zusätzlichen Schauder über den Rücken.
Im Inneren des römischen Lagers herrschte bereits bange Geschäftigkeit. Die noch verbliebenen Männer der Neunten Legion waren schon vor Sonnenaufgang wieder aus ihrer Nachtruhe erwacht, sofern sie überhaupt geschlafen hatten. Die morgendlichen Pflichten, der Abbau der Zelte, das Zusammenpacken der privaten Habseligkeiten und überhaupt die gesamte Demontage des Nachtlagers gingen wesentlich schneller voran, als dies normalerweise der Fall war, und jeder Einzelne der Legionare bemühte sich, so rasch wie möglich wieder abmarschbereit zu sein.
Im Unterholz verborgen und dicht gegen den Erdboden gedrückt, hatte Cunomar hier, in den westlichen Bergen, schon eine Unmenge von römischen Nachtlagern ausgespäht und dabei stets das gleiche Muster beobachtet: Jene Zenturien, die als Erste im Lager angekommen waren, mussten auch als Erste wieder ihre Zelte zusammenpacken und die Lagerstätte verlassen, während es denjenigen, die als Letzte einmarschiert waren, überlassen blieb, die Kloakegräben zuzuschaufeln und die Feuer zu löschen.
Normalerweise unterhielten die Männer sich oder sangen oder pfiffen ein Liedchen, während sie ihre Pflichten versahen. Auf der Lichtung am Rand des Steinernen Pfads der Ahnen jedoch arbeiteten
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