Die Kriegerin der Kelten
gleich.«
Dankend nahm Breaca den Kelch voll Wasser entgegen. Aufmerksam beobachtete Theophilus sie über den Rand seines Bechers hinweg. »Und jetzt frage ich doch noch einmal...«, begann er leise. »Bist du zu mir gekommen, weil du hoffst, dass ich dich heilen könnte?«
»Nein. Der Grund, weshalb ich gekommen bin, ist, dass ich dich bitten möchte, mit uns Camulodunum zu verlassen, ehe wir die Stadt niederbrennen. Ich möchte nicht, dass du durch irgendeinen meiner Befehle zu Tode kommst.
Nun jedoch, da ich hier bin und du mir ohnehin schon deine Hilfe angeboten hast, würde ich diese sehr gerne annehmen. Egal, wie bescheiden die Heilung auch sein mag. Denn in dem Zustand, in dem ich mich gegenwärtig befinde, kann ich keinen Kampf sonderlich lange durchstehen.«
Durch den Weinbecher betrachtet, hatte Theophilus’ Gesicht eine seltsam grünliche Farbe angenommen, und Breaca glaubte, plötzlich diesen gewissen, scheinbar alles umfassenden Frieden in seinen Zügen zu erkennen, wie sie ihn manchmal auch schon bei Airmid gespürt hatte, immer dann, wenn diese ihr Können gerade einmal wieder voll hatte einbringen können und das Ergebnis ihre Bemühungen krönte. Beispielsweise, wenn sie einen schwierigen Geburtsprozess zu seinem segensreichen Ende geführt oder wenn sie einen Krieger wieder ins Leben zurückgeholt hatte, obwohl dessen Kampfwunden ursprünglich tödlich zu sein schienen.
Und für diesen kurzen Moment sah Breaca nicht nur den Frieden in Theophilus’ Zügen, sondern sämtliche Facetten seiner Seele. Bis er sich schließlich wieder von ihr zurückzuziehen schien und irgendein Teil seines Wesen, den sie nicht fassen konnte, sich wieder vor sein wahres Ich legte. Und genau dieser seltsam undurchdringliche Teil von ihm tastete sich nun langsam über Breacas Körper, untersuchte sie ebenso gründlich, wie auch seine Finger sie zuvor berührt hatten, nur dass diese mentale Kraft, die Theophilus nun über Breaca gleiten ließ, noch wesentlich tiefer in sie einzudringen schien. Abermals hatte Breaca das Gefühl, als würde ihr die Haut vom Körper gezogen, und sie musste sich fest an den Rand des Brunnens klammern, um nicht zusammenzubrechen.
Mit eiserner Willenskraft hielt sie sich aufrecht, trank langsam einen Schluck Wasser nach dem anderen und betrachtete derweil aufmerksam durch das grüne Glas des Weinkelchs hindurch die fischschwänzigen Ziegen. Nach einer Weile, als sie ihren Becher geleert und Theophilus noch immer nichts gesagt hatte, sah sie zaghaft zu ihm auf. Theophilus weinte, schweigend, und hielt dabei das Weinglas vor sein Gesicht, als wollte er sich dahinter verstecken, was ihm natürlich nicht gelang. Für Breaca, die von der anderen Seite des Glases zu Theophilus aufblickte, sah es nun so aus, als ob grüne Tränen über seine grünen Wangen kullerten.
Theophilus war nun einmal kein Krieger, und das Glas war kein Schild. Doch das brauchte es auch gar nicht zu sein, nicht hier, nicht in ihrer Gegenwart. Leise bat sie ihn:
»Theophilus, sprich mit mir. Was immer es auch sein mag, erzähl es mir einfach. Ich kann es ertragen.«
Er atmete tief ein. »Breaca von den Eceni, es wäre die Krönung meines Lebenswerks, dich zu heilen.«
Genau das hatte Breaca hören wollen. Es war ihr gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie sich nach diesen Worten gesehnt hatte - bis sie sie nun laut ausgesprochen hörte. Theophilus weinte noch immer.
Sie war schließlich eine Kriegerin, und selbst wenn sie sicherlich nicht mehr zu den Besten zählte, so wich sie dennoch keinem Schmerz aus. Eine eisig kalte Angst kroch in ihrer Brust hoch. Trotzdem stellte Breaca tapfer fest:
»Und genau das, meine Heilung, übersteigt offenbar deine Kräfte.«
»Nein, ich könnte dich durchaus heilen. Aber der Prozess würde wohl wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als dir jetzt noch bleibt. Denn das Leid, das du in dir trägst, wurde dir schließlich nicht bloß an einem einzigen Nachmittag zugefügt, egal, wie grausam diese Auspeitschung auch gewesen sein mag. Die Wunden in deinem Inneren reichen noch wesentlich weiter zurück. Und das wissen auch Airmid und Valerius. Um dich zu heilen, müsste man dir sämtliche Verletzungen, die man dir im Verlaufe eines ganzen Lebens zugefügt hat, wieder abnehmen. Und das ist keine leichte Aufgabe. Vor allem lässt sich das nicht einfach so auf die Schnelle bewerkstelligen. Deine Wunden sind ja nicht bloß physische Wunden, und die Verletzungen, die deinem Herzen und deiner
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