Die Kriegerin der Kelten
damit diese ihn über das Vorankommen von Valerius’ Heer unterrichteten, und achtete darauf, dass er sich fortan nur noch an Plätzen aufhielt, wo seine Späher ihn auch sofort ausfindig machen könnten, wenn sie kamen, um ihm Bericht zu erstatten.
Doch es war nicht etwa einer von Cunomars Spähern, der auf ihn zutrat, als dieser gerade einen voll beladenen Karren emporstemmte, damit ein anderer der Krieger die gebrochene Achse reparieren konnte, sondern Braint, Ranghöchste Kriegerin von Mona.
Ihr Haar war schwarz, durchzogen von feinen grauen Strähnen und besprenkelt mit kleinen Schlammspritzern. Ihre ebenfalls schwarzen Brauen schienen so fein und scharf, wie mit dem Messer gezogen, und unter ihnen funkelten Augen mit einem so strengen Blick wie der eines Raben. Diese Augen schienen sowohl Feinde als auch Freunde gleichermaßen zu durchbohren, und selbst für Letztere schien Braint nur wenig Wärme zu empfinden. Zornig beugte sich nun ihre schlanke Gestalt über Cunomar, ganz so, als ob ein inneres Feuer sie antrieb, ein Feuer, das nur wenig zu tun zu haben schien mit den Anstrengungen, die ihnen allen dieser Tage abverlangt wurden - noch nicht einmal die besondere Bürde des gegenwärtigen Tages schien Braints innere Glut zu erklären.
Schließlich war die Achse wieder repariert, das Rad wurde angesetzt und der Bolzen wieder an seinen Platz gehämmert. Cunomar ließ den Karren los und führte die Ranghöchste Kriegerin von Mona hinaus auf die Pferdekoppel, wo nicht mehr so viele Menschen waren, die sie belauschen könnten.
Ganz im hinteren Winkel der Koppel stand eine kastanienrote Stute und beoachtete Cunomar argwöhnisch. Immer wieder hatte er in den vergangenen drei Tagen versucht, das Tier einzufangen. Nun, mit Braint an seiner Seite, schritt er abermals auf die Stute zu.
»Und ich dachte, du wärst bei Valerius?«, begann er die Unterhaltung.
»Das war ich auch«, erwiderte sie, während ihre Augen ihn mit hellem, kaltem Blick anstarrten. Denn obgleich Cygfa Valerius mittlerweile offenbar vertraute, war doch allgemein bekannt, dass ihre Liebhaberin, Braint, die Ranghöchste Kriegerin von Mona, den Bruder der Bodicea fast ebenso sehr verabscheute, wie sie die Legionen hasste.
Genau diese feine Abwägung zwischen dem Hass auf Valerius und dem noch größeren Hass auf ihre Feinde hatte Braint schließlich dazu verleitet, eine Nachricht von Valerius zu übermitteln. »Er hat mich mit der Hälfte meiner Krieger wieder zurückgeschickt, um dir eine Botschaft zu überbringen, die diesen Tag für dich zu einem Glückstag werden lassen dürfte: Suetonius Paulinus marschiert gen Süden und damit genau auf dich zu, gefolgt von dem, was noch übrig geblieben ist von seinen Legionen, nachdem die Meerenge sie auf Geheiß der Götter von Mona wieder ausgespuckt hat.«
Alarmiert schienen Cunomars Innereien sich regelrecht zusammenzukrampfen. »Woher weiß er das denn?«, wollte er sogleich wissen. »Unsere Späher sind doch einen halben Tagesritt weit in sämtliche Richtungen ausgeschwärmt, und die haben keinerlei Anzeichen für ein Näherrücken des Feindes gesehen.«
»Valerius sah Corvus und den Gouverneur, als die beiden mit einer Gruppe irgendwelcher anderen Offiziere auf den
Hügeln oberhalb von Lugdunum standen«, erklärte Braint. »Und er meint, dass sie gekommen wären, um Lugdunum zur Gegenwehr zu bewegen, dann aber begriffen hätten, dass der Ort nicht mehr zu verteidigen war, und darum schließlich wieder davongeritten sind, um die Siedlung an der Brücke von Vespasian Valerius zu überlassen, damit dieser sie in Flammen aufgehen lässt.«
»Und genau das hat er dann ja auch getan.« »Richtig. Jedenfalls sind die römischen Offiziere in Richtung Westen und auf die Küste zugeritten. Valerius glaubt, dass sie die Legionen von Mona aus hierherbefehlen werden, um dann irgendwo zu ihnen zu stoßen, und dass sie dann gemeinsam über diese neue Straße, die sie aufgeschüttet hatten, gen Süden marschieren wollen - ich meine diesen Wall, der breit genug ist, dass acht Männer nebeneinander darauf entlanggehen können, und der sich bis ganz nach unten an die Ufer des Großen Flusses erstreckt.
In der Obhut des Bruders deiner Mutter befinden sich im Übrigen auch nicht weniger als zehntausend Flüchtlinge sowohl aus Canonium, Caesaromagus und natürlich auch aus Lugdunum. Wenn die Legionen auf diese Flüchtlinge treffen, dann gibt das ein wahres Blutbad. Und darum hat er mich ausgesandt, um zu
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