Die Kriegerin der Kelten
stürzte, während er das Gesicht zu ihr emporwandte und Fragen über Fragen sich in seinen blinden Augen zu spiegeln schienen. Atemlos erklärte Graine: »Noch niemals zuvor habe ich das Licht der Bodicea gesehen. Und dies ist also jenes berühmte Strahlen?«
»Ich weiß es nicht.« Noch immer durchwogte die reine Freude Bellos’ Wesen. »Aber es ist schon einmal wesentlich eindringlicher, als ich zu hoffen gewagt hatte. Was ist mit dem Lied ihres Schwertes?«
»Keine Ahnung. Ich jedenfalls kann es nicht hören. Vielleicht trägt sie ja die Klinge meines Großvaters bei sich. Valerius hatte sie einst Hawk übergeben, und der wiederum hat das Schwert vorhin auf dem Rücken seines Pferdes gelassen.«
Kaum aber, dass Graine diese Worte gesprochen hatte, hörte sie im Geiste auch schon ein lautes Klirren, als ob Eisen auf Eisen prallte. Sie verstand nicht, was ihr dies wohl sagen sollte, und fuhr fort: »Der Tanz hat dein Bewusstsein wohl derart geöffnet, dass du nun mehr wahrnehmen kannst, als du eigentlich auch nur erahnen dürftest. Denn normalerweise darf nur die Bodicea das Lied ihrer Klinge hören.«
Weise, fast schon hellsichtig schien der Ausdruck auf Bellos’ Gesicht. Er, der bereits auf Mona geträumt hatte und der einer der Diener Brigas war, schwenkte Graine nun scherzhaft hin und her und widersprach in hellem Singsang: »In dieser Nacht, mein liebes Kind des Mondes, dürfen alle alles hören.«
Und zweifellos hatte er bereits auf Mona so manche Vision durchlebt und war einer der Diener Brigas, ebenso, wie Graine zweifellos noch immer ein Kind war und noch nicht wieder vollständig genesen - und dennoch glaubte sie ihm nicht.
Abermals tauchten schemenhafte Gestalten zwischen den Bäumen auf. Rechts von Breaca erschien Cygfa, links Ardacos. Nun entdeckten auch andere die Neuankömmlinge, der Tanz geriet ins Stocken, bis schließlich auch das Singen und die Flöten und eine der Schädeltrommeln schwiegen. Die zweite Trommel entsandte noch ein gutes Dutzend ihrer zerrissenen, dröhnenden Takte in die Nacht, ehe auch sie verstummte.
In der Mitte des Kreises wirbelte und sprang Hawk derweil immer weiter. Der gehörnte Gott war bereits in ihn eingedrungen, und Hawk konnte den Tanz nicht mehr aus eigenem Willen beenden. Gunovar tanzte ebenfalls unbeirrt weiter, damit er nicht allein wäre. Der Rest der schwitzenden Tänzer, Cornovii wie Eceni, kam unterdessen zum Stehen.
»Du solltest jetzt besser wieder runterklettern.«
Unsicher landete Graine auf dem Boden, indem sie sich erst an Bellos’ Unterarme klammerte, dann an seine Schultern und schließlich an seine Taille. Als sie wieder mit beiden Füßen fest auf der Erde stand, drückte sie ihn noch einmal herzlich an sich. Bellos beugte sich hinab und hauchte ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel.
Überall um sich herum konnte sie Männer und Frauen dabei beobachten, wie diese langsam wieder zu sich selbst fanden. Und nicht alle von ihnen kehrten gerne wieder in die Realität zurück. Efnís schüttelte den Kopf, beugte sich vornüber, die Hände auf die Knie gestützt, während er mühsam um Atem rang. »Zu... früh«, keuchte er. »Das hätte jetzt... noch nicht enden dürfen.« Ihm fehlte offenbar die Luft, um seine kurze Bemerkung noch weiter auszuführen. In jedem Fall aber schien er kein gebrochener Mann zu sein, sondern lediglich besorgt.
Dubornos dagegen war innerlich zerbrochen. Er stand ganz in der Nähe von Graine und blickte starr gen Osten, wo die erste scharfe Kante des Mondes sich über die Felsklippe erhob. Das warme Licht des Feuers schien geradewegs von ihm abzuprallen, und seine Haut schimmerte totenblass, während seine Augen wie dunkle Löcher in seinem Schädel lagen. Ein Mantel schwarzen, unendlichen Kummers schien sich um seine Schultern gebreitet zu haben, so finster, dass die Jahrzehnte der stillen Melancholie dagegen nurmehr ein blasser Schatten waren.
Aus keinem anderen Grund als dem, weil sie ihn nun einmal liebte und gerade in seiner Nähe stand, ließ Graine ihre Hand in die seine gleiten. Dubornos aber zuckte zurück, wollte sogar vor ihr zurückweichen, besann sich dann aber wieder und erlaubte Graine schließlich, ihm mit ihrer kleinen Hand wieder ein wenig Halt zu verleihen. Eindringlich spürte sie die Leere und das Beben in seiner Seele, erahnte den Tunnel, der von Dubornos aus zu dem Gott emporführte und der sich nun, wenngleich nur sehr langsam, wieder schloss.
Dubornos schaute Graine an, versuchte zu
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