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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Weise hatte für Cunomar und Valerius der Abend begonnen - indem sie sich nach besten Kräften bemühten, andere etwas glauben zu machen, was man unmöglich glauben konnte, und ihre stetig wachsende Furcht zu verbergen. In Ermangelung eines Geeigneteren - und nicht etwa deshalb, weil er das Recht dazu besessen oder weil Braint dies ausdrücklich so gewollt hätte -, hatte Cunomar schließlich dabei geholfen, Braints Scheiterhaufen anzuzünden. Innerlich hatte er sich jedoch möglichst weit weg gewünscht, als er seine Kiefernharzfackel an die Feuerschwämme an den Rändern des riesigen Holzstoßes gehalten und dann mit der brennenden Fackel in der Hand dagestanden hatte, während die Flammen dicht an seinem Gesicht vorbei in den aufgeschichteten Ästen emporgezüngelt waren.
    In diesem Augenblick hatte er sich inständig gewünscht, Cygfa wäre da, damit sie ihn anschreien und all ihren Zorn und ihren Schmerz über Braints Tod an ihm auslassen könnte und er ihr hätte sagen können, wie unendlich leid ihm das alles tue. Er hatte gewünscht, die Bodicea wäre endlich da, ein wandelndes Wunder, ganz einfach, um zu beweisen, dass solche Dinge möglich waren. Beinahe noch inständiger aber hatte er Ardacos herbeigesehnt, allein schon um der bloßen Anwesenheit des alten Kriegers willen.
    Da aber weder Cygfa noch Breaca oder Ardacos da waren, und da er sich noch nicht einmal sicher sein konnte, dass sie überhaupt noch lebten, hatte Cunomar schließlich laut das Bittgebet an Briga gesprochen, jene speziellen Worte der Anrufung, mit denen ein Ranghöchster Krieger von Mona in die Obhut der Göttin übergeben wurde. Dann, auf Valerius’ Rat hin und in Anwesenheit und Hörweite der Götter und der versammelten Krieger, hatte er Huw von den Ordovizern zu Braints Nachfolger ernannt, sofern der Vorsitzende des Ältestenrats von Mona es nicht vorziehen sollte, an seiner Stelle einen anderen in dieses Amt einzusetzen.
    Seine Stimme hatte plötzlich so tief geklungen wie noch nie zuvor, so tief, wie Cunomar sie selbst noch nie wahrgenommen hatte, als ob erst jetzt, durch Braints Tod, die endgültig letzte Brücke zu seiner Kindheit abgebrochen wäre, obgleich er selbst immer geglaubt hatte, diesen Abschnitt seines Lebens schon lange hinter sich gelassen zu haben. Der Nachhall seiner Worte verebbte und wurde zusammen mit den Nachtfaltern in den züngelnden Flammen verbrannt. Eine Fledermaus schoss dicht an seinem Kopf vorbei und ließ einen Hauch von kühlerer Luft über jene Stelle an seinem Kopf streifen, wo früher einmal sein Ohr gesessen hatte. Braint zu Ehren hatte er sich Kalkfarbe ins Haar gekämmt und dann den langen, von der Stirn bis zum Nacken reichenden Streifen mit Beerensaft dunkel gefärbt, sodass die Strähnen in diesem Bereich schwarz emporstanden wie die Stacheln eines Igels. Er spürte, wie die Farbe in der Hitze des Feuers steif wurde, wie sich seine Kopfhaut spannte. Die alten Narben der Bärin auf seiner Schulter juckten so sehr, wie sie es seit jenem lange zurückliegenden Tag nicht mehr getan hatten, als die Ältesten der Kaledonier ihm in ihren Höhlen die Schnitte in die Haut geritzt hatten. Cunomar versuchte, darin eine Botschaft zu erkennen, doch es gelang ihm nicht.
    Er schloss für einen Moment die Augen und beobachtete, wie die Flammen die Innenseite seiner Lider rot färbten, dann öffnete er die Augen wieder und wandte den Kopf nach links, blickte zu der Stelle hinüber, wo Valerius stand.
    Mit seinen dunklen Haaren, der fein geschnittenen Nase und den hohen Wangenknochen war dieser das vollkommene Ebenbild Luain mac Calmas, seines Vaters, der der Vorsitzende des Ältestenrats von Mona war, und dennoch hatte er irgendwie noch immer etwas von einem Römer an sich, obgleich die Kleidung, die er trug, keinerlei Ähnlichkeit mehr hatte mit einem römischen Gewand. Die Flammen gingen sanft mit Valerius um; sie wuschen die Falten um Mund und Augen glatt, die Kummer und Sorge in seinen Zügen hinterlassen hatten, lüfteten den Deckmantel bitteren Humors, unter dem er so häufig Schutz zu suchen pflegte, und ließen ihn schlicht als einen Mann erkennen, der fast bis an die Grenze des Erträglichen erschöpft war, aber trotzdem noch immer versuchte, das zu tun, was er für richtig hielt.
    In diesem Moment war es Cunomar plötzlich möglich, den Bruder seiner Mutter ganz deutlich als einen Menschen zu sehen, den das Schicksal zerrissen hatte, der innerlich gespalten war, gefangen in der Kluft zwischen zwei

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