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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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versuchte, sich an etwas aus den letzten Minuten - oder waren es Stunden? - zu erinnern, aber da waren nur Schwärze und ein diffuses Gefühl der Unreinheit, das sie nicht zuordnen konnte.
    »Nein«, sagte sie. »Ich habe es nicht einmal gemerkt. Aber darum geht es nicht. Das, was du getan hast, war intim und gewalttätig. Niemand sollte sein Innerstes preisgeben müssen. Nicht einmal dir.«
    »Wie ich schon sagte«, antwortete Alberich. »Ich war unsicher.«
    »Dann frag. Du weißt jetzt, was ich für dich empfinde, das Mindeste, was ich im Gegenzug verlangen kann, ist, dass du mir sagst, was ich dir bedeute. Das habe ich verdient.«
    Alberich zog die Augenbrauen zusammen, nicht ärgerlich, sondern verwirrt. »Du glaubst, dass ich an deiner Liebe zweifle, dass ich dich deshalb durchleuchtet habe?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, mich hat eine ganz andere Sache unsicher gemacht. Ich brauchte eine Antwort. Und die habe ich bekommen.«
    Angela fühlte einen heißen Knoten in ihrem Magen. Seine Worte klangen Unheil verkündend, aber zugleich aufregend. Als er auf sie zuging, ergriff sie seine Hände und drückte sie. »Wovon redest du?«
    Alberichs Lächeln nahm ihr ein wenig die Nervosität. »Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung in meinem Schlafgemach?«
    Und ob sie das tat. Diese Begegnung hatte ihr Leben für immer verändert. Das hoffte sie zumindest.
    »An diesem Tag sagte ich dir, du würdest so ähnlich heißen wie meine Urenkelin.«
    »Angelina.« Angela nickte. Sie wusste nicht viel über diese Urenkelin, nur, dass sie während der Wirren um die Elfenzeit ums Leben gekommen war. »Du sagtest, sie sei gestorben.«
    Alberich nickte. »Das ist sie auch. Aber sie wurde reinkarniert.«
    Er sah Angela an. »In dir. Du bist Angelina.«
    Sprachlos stand Angela vor Alberich. Sie versuchte, Fragen zu formulieren und in sich hineinzuhorchen, ob sie dort irgendetwas Fremdes fand, etwas, das nicht zu ihr gehörte, sondern zu dieser Angelina, die Alberich in ihr sah. Doch da war niemand, nur die Person, die Angela immer schon gewesen war.
    »Bist du ... sicher?«, fragte sie nach einer Weile. »Hätte ich das nicht merken müssen?«
    Es erschien ihr seltsam, überhaupt darüber zu sprechen. Zu abwegig war der Gedanke, zu verrückt. Trotz all der Ereignisse in Innistìr, trotz all der Magie und der Wesen, die sie an diesem Ort kennengelernt hatte, war sie immer noch Realistin. Sie war fest mit der wirklichen Welt verhaftet, Religion hatte sie nie interessiert.
    Alberich antwortete nicht. Er ließ ihr Zeit, zu verarbeiten, was sie gehört hatte.
    »Eine Reinkarnation?«, fragte Angela. Sie war sich nicht sicher, ob sie eine Antwort darauf wollte oder die Worte einfach nur sagte, um sie in den Griff zu bekommen.
    Alberich ließ ihre Hände nicht los. Er wartete einen Moment, dann sagte er: »Das ist nicht so abwegig, wie du denkst. Ich hätte es bereits viel früher bemerken müssen. Ihr beide ähnelt euch so sehr. Der gleiche analytische Verstand, der gleiche Sinn für Geschäfte, immer korrekt, immer kontrolliert. Habe ich dir erzählt, dass sie drüben in der anderen Welt meine Ausflugsschiffe auf dem Rhein verwaltet hat? Sie hat die Firma nach vorn gebracht, sie wusste immer, was zu tun war. Sogar die Touristen liebten sie, wahrscheinlich, weil sie spürten, dass unter der kühlen Oberfläche Leidenschaft und Lust brannten.« Er lächelte. »So wie bei dir.«
    Sie erkannte sich in seinen Worten wieder. Es fiel ihr leicht, sich vorzustellen, an seiner Seite eine Firma zu führen, sie aufzubauen und die Früchte der Arbeit gemeinsam zu genießen. Mit Felix wäre das nicht möglich gewesen. Er war zu sehr auf Sicherheit bedacht und ergriff nie die Initiative. Je länger sie an ihn dachte, desto weniger verstand sie, weshalb sie ihn überhaupt geheiratet hatte.
    Alberichs Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Hast du keine Fragen?«
    »Doch.« Sie blinzelte und rang um Konzentration. »Ich habe tausend Fragen, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin mir immer noch nicht sicher, dass ich glaube, was du da sagst.«
    »Ich habe sie in dir gespürt.« Alberich drückte ihre Hände, bis sie schmerzten. »Ich habe deine Seele berührt und ihre gefunden. Ihr seid eins, du und Angelina. Was glaubst du, weshalb deine Mutter sich für diesen Namen entschieden hat? Dir ist doch klar, dass das kein Zufall war. Sie hat gespürt, was in ihr heranwuchs, selbst wenn sie es nicht verstand. Aber du verstehst es jetzt, und

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