Die Kristallsaengerin
denken, die er ihr sowohl als Mann wie auch als Gildemeister zukommen ließ. Es war ihr klar, warum Lanzecki, als Gildemeister, ihr Verlangen ausgenutzt hatte, in die Ketten zu kommen und Keborgens wertvolles Claim zu finden. Und sie hatte es geschafft. Jetzt, in einer unerklärlichen Umkehrung, wollte Lanzecki sie von Ballybran haben. Nun, sie konnte sich ja heute morgen, wenn sie sich die Wettergeschichte ansah, überlegen, ob es Lanzecki der Mann oder der Gildemeister war, der da sprach. Sie hoffte, daß es ersterer war, denn sie mochte Lanzecki den Mann und bewunderte den Gildemeister mehr als jeden anderen Mann, den sie bisher kennengelernt hatte.
Was hatte er damit gemeint, als er gesagt hatte, daß sie nicht berechenbar war? Hatte er ihr schmeicheln wollen? Hatte sich der Gildemeister einer Laune hingegeben? Nicht, nachdem er ihr geholfen hatte, in die Ketten zu kommen; nicht nachdem sie erfolgreich schwarze Kristalle geschnitten hatte. Und vor allem nicht nachdem ihr Lanzecki im Sortierraum sehr energisch den Unterschied zwischen dem Mann und dem Gildemeister klar gemacht hatte.
Bei der Erinnerung an diese Szene zuckte sie innerlich zusammen. Sie .hatte den Tadel verdient. Sie konnte auch seine Sorge um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen akzeptieren. Er brauchte noch mehr schwarze Kristalle wenn das der Grund war. In Ordnung, Killashandra Ree, sagte sie sich energisch, in keinem Abschnitt oder Paragraphen der Charta der Heptitengilde steht, daß der Meister zu Erklärungen verpflichtet ist. Die zehn Jahre an der Musikschule von Fuerte hatten Killashandra gelehrt, daß einem niemand einen Gefallen tat, ohne nicht dafür eine Gegen-leistung zu erwarten. Lanzecki hatte mit jedem Schulbeispiel, das er präsentiert hatte, auch seine Selbstbeherrschung und seinen Eigennutz unterstrichen.
Eigentlich wollte sie nicht von Ballybran weg, obwohl es andererseits wichtig war, daß sie das Geld für den außer planetarischen Einsatz gebrauchen konnte. Sie sah auf die Lohntabelle; es war eine beträchtliche Summe, die sie bekommen würde. Vielleicht würde es besser sein, den Auftrag anzunehmen. Aber das bedeutete auch eine Trennung von Lanzecki. Verbissen musterte sie sich im Spiegel, während sie sich anzog. Anderereits war es vielleicht klug, gerade deshalb Ballybran zu verlassen. Nur wür-de sie dann besser wieder Frieden mit Rimbol schließen.
Dankbar, daß sie nicht mit den zusätzlichen Kosten eines neuen Schneiders belastet würde oder mit einer solchen Bitte zum Fischer zu kommen mußte, brachte sie das Gerät hinauf zur Technik-und Ausbildungssektion. Als sie das kleine Vorbüro betrat, sah sie zwei vertrauliche Gestalten.
»Ich bleibe nicht noch einmal während Passover hier«, sagte Borella gerade zu dem Sänger, der Killashandra noch vom Shuttle her in Erinnerung war.
»Machst du es wieder mit Rekruten?« fragte der Mann, während er gleichgültig seinen Schneider über die Theke schob und den verbitterten Ausruf des Technikers ignorierte.
»Rekruten?« Borella starrte ihn ausdruckslos an.
»Hast du denn vergessen, meine Liebe«, - die Stimme des Mannes klang spöttisch - »daß du es manchmal so machst, daß du während dieser Zeit unseren hoffnungvollen Nachwuchs auf Shankill ausbildest?«
»Natürlich habe ich das nicht vergessen«, gab Borella gereizt zurück. »Aber diesmal habe ich das nicht nötig, Olin«, fuhr sie selbstgefällig fort. »Ich habe grüne in Achtergruppen geschnitten. Fünf Stück. Genug für eine ophterianische Orgel. Zwar nur eine kleine, aber du weißt ja, daß das eine Weile vorhält.«
»Ich hatte zufällig auch Glück«, redete Olin in ihren letzten Satz hinein.
Borella murmelte ihm irgend etwas Beruhigendes zu, als sie dem Techniker ihren Schneider reichte, mit dem sie eine Spur vorsichtiger umging als Olin. Dann hakte sie sich bei dem Sänger unter. Als sie sich umdrehte, um hinauszugehen, nickte Killashandra Borelia höflich zu, doch die Frau warf nur einen scharfen Blick auf ihren Schneider und ging dann einfach an Killashandra vorbei. Nur die Tatsache, daß sich ihre Finger fester um Olins Unterarm schlossen, zeigten, daß sie sie erkannt hatte.
»Die Ärmsten, die das Pech haben, hierbleiben zu müssen.«
Ihre gedehnte Bemerkung ließ anklingen, daß Killashandra zu diesen Leuten gehörte. »Hast du eigentlich Lanzecki in letzter Zeit gesehen, Olin?« fragte sie, als sie hinausgingen.
Einen Augenblick lang verschlug die doppelte Beleidigung Killashandra die
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