Die Kristallsaengerin
zu ihr um, als er die Kanzel schloß.
»Ja.«
Er grunzte und machte eine weitere Notiz auf seinem Memo, wobei er auf das Display schaute.
»Inspizieren Sie jedes Fahrzeug, nachdem es benutzt worden ist?« fragte sie, bemüht, liebenswürdig zu sein.
Er gab keine Antwort. Vielleicht, weil sie als Rekrut nur einen niedrigen Rang hatte? Ein plötzliches Gefühl des Unmuts brach durch die Ruhe durch, die ihr die Kette gegeben hatte. Sie stupste ihn an und wiederholte ihre Frage.
»Immer. Das ist mein Job. Einige von euch gehen verdammt nachlässig mit den Dingern um und machen mir mehr Arbeit, als nötig. Es ist selbstverständlich, daß ich meine Arbeit tue, aber mehr als nötig muß ja nicht sein. Wirklich nicht.«
Ein lautes Heulen von den Wartungsgestellen ließ Killashandra zusammenzucken, doch der Hangarmann verzog keine Miene. Erst jetzt begriff sie, daß er taub war. Ein zweites durchdringendes Heulen ertönte, und sie verzog das Gesicht, während der Mann immer noch keine Reaktion zeigte. Bei seiner Tätigkeit mußte es ein Segen sein, wenn man taub war.
Nachdem er ein letztesmal mit der Hand über den zurückge-kehrten Gleiter gefahren war, kletterte der Mann zu einem anderen Transportgerät hinüber, ohne sich Killashandras Gegenwart bewußt zu sein. Hatte seine Arbeit, seine Hingabe an die Unterhaltung seiner Gleiter, das Interesse an anderen Menschen verdrängt? Sie starrte ihm nach. Wenn der Symbiont sie das Ge-hör verlieren ließ, würde sie sich dann auch so völlig von ihren Mitmenschen lösen?
Auf ihrem Abstieg zum Hangarboden zuckte sie jedesmal von neuem zusammen, wenn einer der Motoren, die repariert wurden, ungedämpft losdröhnten. Sie konnte vielleicht auf Musik als Karriere verzichten, aber sie nie mehr hören? Sie schüttelte sich krampfhaft.
Sie war so sicher gewesen auf Fuerte, daß sie eine glänzende Karriere als Solistin vor sich hatte, da sollte sie jetzt vielleicht nicht so verdammt überzeugt sein, eine Kristallsängerin zu werden und sich über Alternativmöglichkeiten in der Gilde informieren.
Plötzlich hatte sie keine Lust mehr, in den Aufenthaltsraum der Rekruten zurückzukehren, und sie wollte sich auch nicht die Berichte der anderen acht anhören, die den Gildekomplex mit Gleitern verlassen hatten. Sie wollte allein sein. Es hatte ihr gut getan, allein hinauszufliegen, zum Rand der Bergkette, und die Begegnung mit dem Hangarmann bildete einen lehrrei-chen Kontrast dazu.
Sie verließ rasch den Hangar und stemmte sich gegen die steife Brise, die ihr entgegenschlug. Der östliche Himmel wurde dunkel; als sie den Kopf zurückdrehte, sah sie im Westen Wolkenbänke, die von der untergehenden Sonne purpurn ge-färbt waren. Sie blieb stehen, um den Anblick in sich aufzunehmen und eilte dann weiter, denn sie wollte nicht von den zu-rückkehrenden Gleitern gesehen werden. Als sie die Längsseite des Komplexes hinter sich gelassen hatte, stieg sie eine kleine Anhöhe hinauf, wobei ihre Stiefel auf dem Boden scharren-de Geräusche verursachten. Ein warmer, würziger Duft stieg von der Erde auf. Sie lauschte dem aufkommenden Wind, nicht nur mit den Ohren, sondern mit ihrem ganzen Körper, die Stie-felabsätze fest in den Boden gegraben in der Hoffnung, noch einmal jenen Aufruhr des körperlich empfundenen Lautes zu erleben. Der Wind trug den Geruch nach Salzwasser und Kälte heran, aber keinen Laut, als er um sie herum und weiter nach Osten wirbelte.
Dort war der Himmel jetzt dunkel, und es zeigten sich die ersten schwachen Sterne. Sie mußte die Astronomie von Ballybran studieren. Merkwürdig, daß dieses Thema nicht in den Vorträgen über Meteorologie zur Sprache gekommen war. Oder hatte man es mit Absicht ausgelassen, weil es in keinem direkten Zusammenhang mit ihrer Ausbildung stand?
Shanganagh, der mittlere Mond, stieg honiggelb im Nordosten auf. Fast schien es, als würde er, ähnlich wie Killashandra, herauskriechen, um von der stärkeren Persönlichkeit Shankills und den sprunghaften Übergriffen Shilmores fortzukommen. Killashandra grinste - wenn Shankill symbolisch für Rimbol stände, dann verkörperte Shilmore Shillawn. Übrig blieb Shanganagh, der den beiden anderen aus dem Weg ging, bis ihn beim Übergang unerbittliche Kräfte zwischen ihre Wege zogen.
Shanganagh wurde silbrig blaß, als er höher stieg und Killashandras Weg beleuchtete, bis sie den Kamm eines sanften Hügels erreicht hatte und sich bewußt wurde, daß sie so die ganze Nacht ziellos weitergehen
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