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Die Kristallsaengerin

Die Kristallsaengerin

Titel: Die Kristallsaengerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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und von Moll zu Dur die Tonleiter herunter. Diesmal müssen Sie mindestens eine Sext heruntergehen. Da blaue fast so häufig sind wie rosafarbene, ist es kein großer Verlust, wenn Sie einen Fehler machen. Entspannen Sie sich. Fangen Sie an.«
    Killashandra hatte sich dieser Aufgabe nicht gewachsen ge-fühlt, aber Trags Hinweis, daß sie ruhig einen Fehler machen konnte, stärkte sie in ihrer Entschlossenheit. Sie hörte die Sext darunter im selben Augenblick, als sie den blauen anschlug, stellte den Schneider ein und schliff schon, bevor er Zeit hatte, aus dem Weg zu treten. Sie machte die nächsten zwei Schnitte ohne zu zögern und lauschte der Tonveränderung in dem Kristall. Mit einem knappen Nicken bedeutete sie ihm, den Kristall im Schraubstock zu drehen und nahm drei weitere Schnitte vor.
    Erst, als sie mit dem Neuschnitt fertig war, schaltete sie ihr Ge-rät ab. Dann sah sie Trag herausfordernd an. Mit gleichgültiger Miene spannte er den zweiten Kristall ein und schlug erst ihn und dann das neugeschnitte Zwölfeck an. Sie waren in Einklang miteinander.
    »Das genügt für den ersten Tag, Trag.«
    Beim unerwarteten Klang der Stimme hinter ihr fuhr Killashandra herum, den Schneider in einer automatischen Verteidi-gungsreaktion erhoben, als Lanzecki seinen Satz beendete. Mit einem kaum wahrnehmbaren Zucken der Lippen betrachtete er das auf ihn gerichtete Muster. Sofort senkte Killashandra das Gerät und auch ihre Augen, verwirrt und durcheinander durch ihre Reaktion, und völlig erschöpft nach der angestrengten Konzentration dieses Morgens.
    »Ich habe immer gedacht, Fuerte sei ein freundlicher Planet«, fuhr Lanzecki fort. »Trotzdem, Sie schneiden schon sehr gut, Killashandra Ree.«
    »Heißt das, daß ich bald in die Ketten kann?«
    Sie hörte, wie Trag angesichts ihrer Vermessenheit verächtlich schnaubte, doch Lanzecki schien nicht die Einstellung seines Assistenten zu teilen. Seine braunen Augen hielten ihre fest. Als sie seinem abschätzenden Blick begegnete, fragte sie sich, warum Lanzecki kein Kristallsänger war: Er schien so viel typischer zu sein als Carrik oder Borella oder irgendeiner der anderen Kristallsänger, die sie kennengelernt oder gesehen hatte.
    »Bald genug, um nicht eine vielversprechende Karriere zu gefährden. Bald genug. Inzwischen denken Sie daran: Übung macht den Meister. Diese Übung hier« - und Lanzecki deutete auf die Kartons mit gestimmten Kristallen -»ist nur eine von mehreren, die Sie machen müssen, bevor Sie sich an die Ketten wagen können.«
    Wieder war er so rasch verschwunden, daß sich Killashandra fragte, ob er tatsächlich dagewesen war. Die Wirkung, die er auf sie und Trag hatte, ließ allerdings keinen Zweifel an seiner Anwesenheit.
    Der stellvertretende Gildemeister betrachtete sie mit ver-stecktem Interesse.
    »Wenn Sie wieder in Ihrem Quartier sind, nehmen Sie ein Radiantbad«, riet Trag. »Heute nachmittag sind Sie für einen Flug mit dem Schlittensimulator eingeteilt.« Er wandte sich ab und gab ihr damit zu verstehen, daß sie entlassen war.
    In dieser Reihenfolge ging ihre Ausbildung weiter bis zum nächsten Ruhetag, obwohl sie wünschte, daß es umgekehrt gewesen und die Flüge mit dem Schlittensimulator morgens, wenn ihre Reflexe noch unverbraucht und das Schneiden am Nachmittag gewesen wäre, wenn sie sich einen Fehler erlauben konnte.
    Aber es gab einen triftigen Grund für diese anscheinend unlogische Einstellung. Da sie den Schlitten ja würde fliegen müssen, nachdem sie Kristalle geschnitten hatte, mußte sie lernen, abge-stumpfte Reaktionen einzuschätzen.
    Im Radiantbad, dessen ölige Flüssigkeit einen sanften Druck auf ihren ermüdeten Körper ausübte und die durch ihre leichte Wirbelbewegung wie eine wohltuende Massage wirkte, erfrischte sie sich nach dem anstrengenden Morgendrill des Schneidens.
    Eine Nachfrage beim Computer zeigte ihr, daß sie für ihre Mor-genarbeit den Lohn eines Tuners bekam, während ihr der Unterricht bei dem Flugaufseher am Nachmittag in Rechnung gestellt wurde.
    Nach sechs Tagen einer solchen anstrengenden Routine freute sie sich auf einen freien Tag. Da vom Weißen Meer her ein Tiefdruckkeil herkam, würde es an dem Ruhetag möglicherweise bewölkt und regnerisch sein. Sie hatte begonnen, sich wie alle Ballybraner intensiv mit der Meteorologie zu beschäftigen, was durch Trags immer wiederkehrende Fragen nach den Wetterverhältnissen am Anfang jeder Übungssitzung gefördert wurde.
    Ihr Fluglehrer hob ebenfalls

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