Die Krone von Lytar
den vier Freunden befand sich hier unten nichts weiter als eine stabile Holztruhe, die Garret bei dem Sturz nur knapp mit dem Kopf verfehlt hatte.
»Helft mir mal!«, sagte er zu seinen Freuden, während er an der Kiste zerrte. »Dieses verdammte Ding ist schwer.«
»Was hast du damit vor?«, fragte Argor, der sich in der ledernen Kammer sichtlich unwohl fühlte. Deren oberer Rand war zu hoch für ihn, und die Wände waren zu glatt, um daran Halt zu finden.
»Wir holen sie raus und schauen sie uns oben genauer an«, gab Garret zurück.
»Gut«, meinte Tarlon, der sich ebenfalls aufgerappelt hatte. »Ich hebe euch drei hoch, reiche euch die Kiste an, und anschließend zieht ihr mich raus.«
Als sich Tarlon bückte und Garret an den Knöcheln nahm, um ihn dann scheinbar mühelos an der Wand entlang nach oben zu stemmen, war Garret froh, dass er Tarlon nicht zum Feind hatte, denn in Momenten wie diesem wurde ihm klar, wie viel Kraft dieser besaß.
Als Garret seine Arme über den Rand legen konnte, half ihm Vanessa heraus. In schneller Folge schob Tarlon nun auch Argor, Elyra und die Kiste hinauf und kletterte dann selbst aus dem Schacht. Argor war sofort nach seiner Bergung von dessen Kante weggekrabbelt. Mittlerweile saß er in einer Ecke des Raumes neben einem Paar Stiefel, das wohl dem Händler gehörte, und linste misstrauisch über den Rand des Loches hinweg. Dann sah er zu Garret, der sich gerade an einer Ecke des Schachts zu schaffen machte. Dabei war ein Geräusch zu hören, das klang, als ob Seide zerreißen würde, und auf das ein Windstoß folgte, und Garret hielt das Leder wieder in der Hand.
»Das ist mir unheimlich«, grummelte Argor, während er auf die Stelle starrte, an der soeben noch das Loch gewesen war und nun wieder Bodendielen verliefen. »Du solltest das Tuch verbrennen! Wer weiß, was es sonst noch für üble Magie ausübt!«
»Keine Angst, ich habe schon von solchen Tüchern gehört«, versuchte Garret den Zwerg zu beruhigen. »Die Sera Bardin erzählte einst, dass man diesen magischen Trick in der alten Stadt erfunden habe, wo man ihn nutzte, um große Mengen an Ware bequem zu transportieren. Soweit ich weiß, ist das der einzige Gebrauch der Tücher.«
»Ich will hoffen, dass du dich damit nicht täuschst«, gab der Zwerg zweifelnd zurück.
Indessen hatten sich Tarlon und Elyra der Kiste zugewandt. Sie war nicht besonders groß, gerade mal drei Fuß lang, einen Fuß tief und vielleicht ebenso hoch. Das annähernd schwarze Holz war hart wie Stein und wurde von vier stabilen Stahlbändern geschützt. Das Schloss nahm den größten Teil der Vorderseite ein, jedoch war das Schlüsselloch selbst überraschend klein.
»Wurde bei dem Händler ein Schlüssel gefunden?«, fragte Elyra, und Tarlon, der noch dabei war, die Kiste zu inspizieren, schüttelte den Kopf.
»Nein, soweit ich weiß, nicht. Vielleicht hat er ihn irgendwo hier versteckt. Übrigens kennt sich Vanessa mit Schlössern gut aus. Das hier wäre also ein Fall für sie.«
»Oder für deine Axt«, grinste Garret.
Tarlon sah ihn empört an. »Sag mal, hast du die Stahlbänder nicht gesehen? Ich schlage doch meine gute Axt nicht an dieser Kiste schartig!«
»Dann mach mal Platz, Tarlon«, lachte Vanessa und kniete sich vor die Kiste.
»Sind das etwa Dietriche?«, rief Garret entgeistert, als Vanessa ein schmales Lederetui hervorholte und ihm einen hakenförmig gebogenen Metallstift entnahm.
»So ist es.«
»Woher hast du sie?«
»Ich habe sie dem Sohn des Kunstschmieds abgekauft.«
»Meinst du, er verkauft mir auch einen Satz?«, fragte Garret neugierig, als er sich neben sie kniete, um ihr zuzusehen.
»Glaube ich kaum.«
»Warum nicht?«
»Du wirst sie nicht bezahlen können.«
»Was glaubst denn du? Ich habe genug Gold!«
»Aber würdest du Renfry auch küssen wollen?«, schmunzelte Vanessa, und während Garret sie mit offenem Mund ansah, drang ein Klicken aus dem Schloss.
»Du hast Renfry tatsächlich geküsst?«, fragte Garret fassungslos.
Elyra sah amüsiert zu Tarlon hinüber. »Er scheint nicht zu verstehen, dass Küssen Spaß machen kann!«
»Das schon«, protestierte Garret. »Aber Renfry?«
»Reg dich ab«, lachte Vanessa. »Es war nur eine Wette. Er hat seine Dietriche darauf gesetzt, dass ich ihn nicht küssen würde.«
Garret sah sie entgeistert an. »Und darauf bist du reingefallen? Das ist einer der ältesten Tricks!«
Sie sah amüsiert zu ihm hoch. »Aha? Du kennst dich also damit aus, wie?
Weitere Kostenlose Bücher