Die Krone von Lytar
schüttelte den Kopf. »Der Magier, der diesen Animaton schuf, band die Essenz eines echten Falken in das Metall. Sie mag ein magisches Konstrukt sein, doch empfindet sie sich selbst als weiblich.«
»Welch sonderbare Sachen es gibt!«, sagte Astrak und sah den Falken neugierig an. »Und du meinst, sie kann uns tatsächlich tragen?«
Marten lachte. »Du kannst es mir glauben! Hätten wir ein großes Netz, könnte sie sogar eure Pferde transportieren!«
»Das würde ihnen kaum gefallen«, meinte Astrak. »Wenn ich es recht überlege, weiß ich nicht einmal, ob es mir gefällt!« Er musterte den Falken skeptisch.
»Es ist der schnellste Weg«, versetzte Marten trocken. Dann runzelte er die Stirn und sah zum Heiler hinüber. »Diese neue Entwicklung gefällt mir gar nicht. Wenn wir Hilfe von außen annehmen, kann uns das verletzlich machen.«
»Sind wir das nicht sowieso schon?«, fragte Astrak.
»Nein«, antwortete Marten mit erstaunlich harter Stimme. »Nicht wenn wir uns offen unserem Erbe und unserer Verpflichtung stellen!«
Auch Helge war von der Idee nicht besonders angetan, zumal Marten keinen Hehl daraus machte, dass sein Falke den Heiler lieber mit den Krallen zerreißen würde, als ihn sicher nach Lytara zu fliegen.
Dennoch gab es keine Probleme. Der Falke wirkte nur etwas nervös, als Astrak Marten half, den Heiler hinter dem Sattel festzubinden. Es war bereits später am Abend, denn Helge hatte darauf bestanden, zunächst Vanessas Wunden verbinden zu können.
Ein wenig später sahen Astrak und Vanessa schweigend zu, wie sich der Falke in die Luft erhob und am dunklen Himmel verschwand.
»Hast du bemerkt, wie sehr Marten sich verändert hat?«, fragte Vanessa schließlich leise. Sie bewegte vorsichtig ihren Arm und verzog vor Schmerz das Gesicht. Astrak nickte. »Es schien ihn kaum interessiert zu haben, dass du verwundet wurdest.«
»Das ist es nicht allein. Er ist kalt geworden und wirkt, als ob er sich nur mit Mühe zusammennehmen kann. Er kam mir geradezu arrogant vor und scheint für andere überhaupt keine Geduld mehr zu haben.«
»Aber er hat dir das Leben gerettet!«, bemerkte Astrak.
»Ja, das hat er tatsächlich.« Sie sah in die Richtung, in der Marten und sein Falke mit dem Heiler verschwunden waren, und seufzte schließlich. »Wir räumen nun besser zusammen. Er sagte, es würde nicht lang dauern.«
Tatsächlich waren sie gerade erst mit dem Packen fertig, als sie schon das Rauschen der Schwingen über sich hörten.
»Nun seid ihr an der Reihe«, sagte Marten ohne eine Begrüßung. »Bindet euch fest, Astrak vor mir und du, Vanessa, hinter mir, dann geht es los. Und seht nicht nach unten, sonst wird euch schlecht.«
Seine Stimme klang kühl und desinteressiert, so als wäre er in Gedanken ganz woanders.
Während Vanessa stur nach vorne sah und sich an Marten klammerte, war der Flug für Astrak ein Erlebnis sondergleichen. Er lachte, als der Boden unter ihnen zurückfiel, und dass der Flugwind ihm die Tränen in die Augen trieb, schien ihn kaum zu stören. Nachdem sie unweit des Dorfes gelandet und vom Falken abgestiegen waren, umarmte Astrak Marten, der davon völlig überrascht war.
»Danke, mein Freund«, sagte Astrak mit bewegter Stimme. »Das war das Schönste, das ich je erlebt habe!«
»Freu dich nicht zu früh«, gab Marten zurück, und ein Schatten seines alten Selbst zeigte sich, als er verhalten lächelte. »Dein Vater wartet schließlich noch auf dich.«
»Das hätte ich beinahe vergessen«, grinste Astrak. »Aber diese Reise war jedes Donnerwetter wert.«
Als Vanessa und Astrak den Gasthof betraten, wurden sie bereits von Pulver erwartet. Er nickte Vanessa freundlich zu und bedeutete seinem Sohn mit einem Blick, dass sie später noch etwas zu besprechen hätten. Dann sah er auf den Verband an Vanessas Arm. »Willst du nicht lieber zu deinem Vater gehen?«, fragte er. »Er wird sich Sorgen machen.«
»Wo ist er?«, gab Vanessa zurück.
»Er ist kurz nach Hause gegangen und sollte bald wieder zurück sein«, antwortete Pulver. »Du siehst erschöpft aus. Etwas Ruhe wird dir nicht schaden.«
»Noch halte ich es aus. Sagt, wie hat der Rat entschieden?«, fragte Vanessa neugierig, als sie sah, wie Helge zusammen mit Ralik den Gasthof verließ. Sie waren ins Gespräch vertieft, und Helge schien sie gar nicht zu sehen, während Ralik ihnen nur kurz zunickte.
»Marten wird den Heiler zum Söldnerlager zurückfliegen. Wir sind handelseinig geworden, und nun sollen
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