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Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Elyra, die ihren Blick nicht von der Statue wenden konnte.
    »Sie sieht aus, als ob sie lebendig wäre«, fügte Garret hinzu, der wie die anderen fasziniert war, und Tarlon gab ihm recht. Tatsächlich war die Statue so detailliert gearbeitet, dass sogar die lose Robe und der Schmuck, den sie trug, echt wirkten. Der Körper der Figur war aus rosefarbenem Marmor gefertigt, weißer Marmor und Jade waren für die Augen verwendet worden und Obsidian für das pechschwarze Haar, das so fein ziseliert war, dass es in völlig natürlich wirkenden Locken über ihre Schultern floss.
    Tarlon fühlte sich zu Tränen gerührt, als er die Statue betrachtete. Auf dem Niveau dieses unglaublichen Kunstwerkes hatte sich also die Kunstfertigkeit des alten Reiches befunden. Er sah sich langsam um, betrachtete die Bilder an der Wand, den Raum, die Statue und das freundlich willkommen heißende Lächeln, das sie auf ihren Lippen trug. Das waren also die Werte, die beim Untergang Alt Lytars unwiederbringlich verloren gegangen waren.
    Die Legende besagte, dass das alte Reich wegen eines Machtkampfes zwischen den beiden Thronfolgern, dem Prinzen und seiner Schwester, untergegangen war. Was für ein Verbrechen!
    Unwillkürlich dachte Tarlon an seine Schwester Vanessa. Sosehr sie sich auch manchmal aneinander rieben, konnte er sich doch nicht vorstellen, sich mit ihr über das Erbe ihrer Eltern bis aufs Blut zu zerstreiten. Was hatte die Prinzessin und den Prinzen nur dazu getrieben, es so weit kommen zu lassen? Aber der Grund für ihren Streit lag, wie das alte Reich selbst, tief im Dunkel der Vergangenheit begraben. Niemand wusste mehr Genaueres darüber zu berichten.
    »Wer sie wohl war?«, überlegte er laut.
    »Ihr Name steht hier geschrieben«, antwortete Elyra und ließ ihre Fingerspitzen leicht über die Runen am Brunnenrand gleiten, die außer ihr noch niemand bemerkt hatte.
    Tarlon kniff die Augen zusammen. Die Zeichen schienen im Stein zu tanzen, als ob sie lebendig wären.
    »Lanfaire, Dienerin der Herrin der Ewigkeit, Großmagistra der Künste, Hüterin des Tales«, las er leise vor.
    »Das klingt nicht besonders kriegerisch«, stellte Garret fest. »Ich dachte immer, dass unsere Vergangenheit von Krieg, Blut und Schrecken durchzogen wäre und dass wir die Taten unserer Vorfahren sühnen müssten.« Er sah zu dem Gesicht der Statue hoch und musterte deren Züge aufmerksam. »Wunderschön, streng, aber freundlich«, seufzte er dann. »Als würde sie unsere Seelen auf die Waagschale legen. Sieht so jemand aus, der Schreckliches tut?«
    »Sie war eine Priesterin unserer Herrin«, sagte Elyra voller Überzeugung. »Natürlich war sie ein guter Mensch.«
    »Sie war vielleicht gut, aber kein Mensch«, wandte Argor ein, hob seine Hand und deutete auf die Ohren der Statue. »Seht ihr? Sie hat spitze Ohren.«
    »Also eine Elfin«, stellte er fest.
    Die anderen nickten, und Tarlon schenkte der Statue nochmals einen langen Blick. Dann aber wandte er sich den vier verschlossenen Türen zu.
    »Es sieht so aus, als hätten wir noch einiges zu erforschen. Ein Depot habe ich mir allerdings anders vorgestellt. Eher wie eine große Halle. Die Türen und Gänge scheinen mir außerdem viel zu klein zu sein, um große Gegenstände durch sie hindurch zubekommen.«
    Elyra kletterte auf den Brunnenrand.
    »Was machst du denn da?«, fragte Garret.
    »Ich will mir die Kristallkugel genauer ansehen«, erklärte sie.
    »Welche Türe nehmen wir zuerst?«, fragte Argor.
    »Die ganz rechts. Denn die Bardin hat stets dazu geraten, in einem Labyrinth den rechts liegenden Weg zu nehmen«, antwortete Garret.
    »Das ist aber keines!«, entgegnete Tarlon. »Ein gerader Gang zu einem Raum mit vier Türen ist noch lange kein Labyrinth.«
    »Es könnte aber noch eines werden«, grinste Garret. »Also, ich bin jedenfalls für die rechte Türe hier.«
    In diesem Moment ertönte hinter ihnen ein lautes Platschen. Sie fuhren herum und sahen, dass Elyra verschwunden war.
    »Was …!?«, rief Garret. »Wo ist sie?«
    »Hier«, antwortete Tarlon, der an den Brunnenrand herangetreten war und hineinsah.
    Elyra trieb mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Luftblasen stiegen von ihr auf, aber sie bewegte sich nicht mehr.
    Tarlon streckte seine Arme aus, griff sie unter den Achseln und zog sie mühelos aus dem Wasser.
    »Ist sie tot?«, raunte Garret.
    »Noch nicht«, antwortete Tarlon, drehte Elyra auf den Rücken und begann, ihren Brustkorb zu bearbeiten. Ein Schwall Wasser schoss

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