Die Küsten der Vergangenheit
Schließlich folgte er April.
Der Gang war kaum sechs Fuß hoch und vielleicht vier Fuß breit. Er war eng, fast klaustrophobisch. Die Wände waren weiß getönt und so dick mit Staub bedeckt, daß ihre Struktur kaum zu erkennen war. Schmutz bedeckte den Boden.
»Von irgendwoher kommt Wärme«, stellte April fest. Sie streckte die Hand aus, um die Luftströmungen zu lokalisieren.
Max suchte nach einem Türöffner. Nur die sechs Platten kamen in Frage. Zwei Paare waren unmittelbar einander gegenüber angeordnet. Der fünfte und sechste Schalter saßen weiter auseinander in der Nähe des jeweiligen Endes des Durchgangs. Max merkte sich die Position des Schalters am Eingang, so daß er ihn auch wiederfinden würde, nachdem die Tür sich geschlossen hatte und das Licht erloschen war.
April fuhr mit den Handflächen über die Wand und wischte den Staub ab. »Die Wärme scheint von überall zugleich zu kommen«, stellte sie fest.
Die Tür setzte sich nach unten in Bewegung. Max widerstand dem Impuls, sich unter ihr hindurchzuducken und nach draußen zu hechten. Statt dessen sah er reglos zu, bis sie geschlossen war.
Es wurde nicht dunkel. Ein graues Band, das waagerecht über die Rückseite der Tür lief, versorgte sie mit ausreichend Helligkeit, um ihre Umgebung zu erkennen. Als Max mit dem Ärmel über das Band rieb, wurde es heller. Einen Augenblick später sah er hindurch und erspähte die Leute draußen vor dem Rundhaus. »Es ist transparent«, stellte er fest.
April grinste. »In Ordnung«, sagte sie. Auch April hatte die Platten in den Wänden betrachtet. Jetzt trat sie zu der Platte am anderen Ende des kurzen Ganges und zog Freewaters Handschuh über. »Bist du soweit, Max?«
»Fang an.«
April atmete durch. »Es ist nur ein kleiner Schritt für eine Frau …« Sie berührte die Platte. Drückte darauf.
In der Wand ertönte ein Klicken. Unmittelbar vor April öffnete sich eine Tür und gab den Blick auf einen runden Saal frei. »Das ist es«, hauchte April und trat ein.
Das Licht war grau und bleich. Gerade ausreichend, um etwas zu erkennen.
»Wir sind da. Das ist der Hauptraum.«
Der Saal war leer. Ein paar Säulen stützten ein Geflecht von Querstreben unter der Decke. Das war alles. In der Mitte des Raums begann ein Graben. Er endete vor der anderen Wand, die sie bisher als Vorderseite angesehen hatten.
Die Tür glitt zu.
Max verspürte einen Schreck, bis er eine Platte in der Wand entdeckte, die genauso aussah wie die Schalter im Eingang.
»Das dort ist unser Kanal«, sagte April und zeigte auf den Graben. »Das Schiff kam durch die Vorderseite herein und machte hier fest.« Es gab sogar ein paar kleine Poller, die genau diesem Zweck gedient haben mochten.
Das Atmen wurde schwer. »Wir sollten aufpassen«, sagte Max. »Die Luft ist schlecht.« Wie hätte es auch anders sein sollen?
Sie öffneten die Türen und stemmten Streben darunter, dann setzten sie ein paar Ventilatoren ein, um frische Luft ins Innere zu blasen. Als sie das Gefühl hatten, genug getan zu haben, ließen sie ihre Leute und die wartenden Journalisten eintreten.
Der Graben war vielleicht fünfzehn Fuß tief und von den Ausmaßen her breit genug, um Tom Laskers Schiff aufzunehmen. Die ursprünglichen Eigner hatten zwar den Mast umklappen müssen, um ins Innere des Bootshauses zu fahren, doch es hätte funktioniert.
Vom Durchgang gingen vier weitere Räume ab. Zwei davon mochten vielleicht einst Apartments oder Lagerräume gewesen sein, doch heute waren sie leer. In den beiden anderen Räumen fanden sich Spinde und Kanister. Die Spinde waren leer. Ein Abfluß im Boden und eine Drainage ähnlich der, die sie auf Laskers Schiff gefunden hatten, legten den Schluß nahe, daß es sich bei einem der Räume um eine Toilette gehandelt hatte. Der andere schien die Küche gewesen zu sein.
Max spürte, wie sich Enttäuschung und Frustration bei den Anwesenden ausbreiteten. April wirkte ganz besonders niedergeschlagen.
»Was haben wir denn erwartet?« fragte er.
Das Rundhaus war leer. Einfach leer.
Kein interstellares Raumschiff. Keine antiken Aufzeichnungen. Keine prähistorischen Computer. Keine Apparate und Maschinen.
Nichts.
15
Die wahren Quellen der Macht liegen nicht in der Erde, sondern in uns selbst.
›Küsten der Vergangenheit‹
Walter Asquith
Tom Brokaw zeigte genau das richtige Maß an Skeptizismus. »Heute nacht«, begann er, »gibt es weitere Beweise, daß Nordamerika während der letzten
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