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Die Küsten der Vergangenheit

Die Küsten der Vergangenheit

Titel: Die Küsten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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ihrem Reservat zu vertreiben, sagte ihm nicht sonderlich zu. Sie besaß einen schalen Beigeschmack. Und es war schlechte Politik. Auf der anderen Seite galt das natürlich auch für kollabierende Märkte.
    »Die Sache wird sich totlaufen«, versicherte ihm Peters beruhigend. »Lassen Sie ihr ein wenig Zeit. Vielleicht haben wir gar kein echtes Problem. Lassen Sie uns kein künstliches schaffen. Wir sollten uns statt dessen lieber auf Pakistan konzentrieren.«
    »Pakistan?«
    »In Pakistan gibt es keine Wähler, aber eine Menge Menschen werden getötet. Veröffentlichen Sie eine Stellungnahme. Mißbilligen Sie die Gewalt. Vielleicht sollten Sie anbieten, als Vermittler aufzutreten. Es sieht sowieso ganz danach aus, als würde der Kampf bald eingestellt. Beide Seiten sind erschöpft. Vielleicht gelingt es uns, die Lorbeeren für einen Waffenstillstand einzuheimsen.«
    Der Präsident seufzte. Peters war ein hoffnungsloser Zyniker. Es wäre ein leichtes gewesen, ihn zu verabscheuen. Eine Schande, daß Amerikas Politiker derart leicht in geschmacklosen Opportunismus verfielen. Selbst die guten Leuten waren davor nicht sicher.
     
    Arky Redfern war in der Nähe von Fort Totten im Devil’s-Lake-Indianerreservat aufgewachsen. Er war das jüngste von fünf Geschwistern und der erste in der Familie mit einem akademischen Abschluß. Arkys Geschwister hatten früh geheiratet und schlecht bezahlte Jobs ohne Zukunft angenommen, was seinem Vater das Herz gebrochen hatte. Er hatte sich geschworen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um seinen Kindern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Am Tag von Arkys Abschluß an der juristischen Fakultät der George Mason University hatte sein Vater ihm den Bogen vermacht.
    Auch James Walker, einer der Ratsmänner des Stammes, hatte Arky gefördert und ermutigt. Walker hatte stolz bemerkt, daß nicht mehr länger alle Rechtsanwälte von der Regierung gestellt wurden. Redfern war besessen von der Vorstellung, die Interessen der Mini Wakan Oyaté zu verteidigen, wie der Siouxstamm am Devil’s Lake sich in seiner eigenen Sprache nannte. (Der Ausdruck bedeutete Volk vom Geistersee.) Arky hatte sein Examen im ersten Anlauf bestanden und war nach North Dakota zurückgekehrt, wo er eine Kanzlei eingerichtet hatte und sich mit Testamenten und Scheidungen befaßte, was gut bezahlt wurde. Er wurde darüber hinaus Rechtsbeistand des Stammes, was weniger gut bezahlt wurde. Dafür gab es andere Belohnungen.
    Etwa um die Zeit, als Matt Taylor überlegte, wie er in der Angelegenheit bei Johnson’s Ridge weiter vorgehen sollte, nahm Redfern Paxton Wells mit in das Reservat, wo er persönlich ein neues Angebot machen wollte. Wells, in düsterer Stimmung, hatte offensichtlich erkannt, daß der Anwalt gegen ihn voreingenommen war und alle Versuche eingestellt, den jungen Mann für sich zu gewinnen. Er saß auf dem Beifahrersitz und starrte schweigsam in die flache, leere Landschaft hinaus.
    Es war endlich wieder warm geworden. Überall entlang der Straße schmolzen die letzten Schneehaufen, und an zahlreichen Stellen staute sich das Wasser.
    Die Versammlungsräume des Stammes befanden sich in einem Gebäude, das Blaues Haus genannt wurde. Die Nationalflagge und das Banner der Mini Wakan Oyaté flatterte in einer steifen Brise. Redfern steuerte den Wagen auf den Parkplatz.
    »Hier ist es?« fragte Wells und starrte in die offene Landschaft, die sich rings um das einzelne Gebäude erstreckte.
    Redfern kannte Typen wie Wells. Sie umgaben sich mit einer Aura der Unnahbarkeit und Arroganz, solange sie nicht mit Leuten zu tun hatte, die ihnen vorgesetzt waren oder sonst eine Position innehatten, in der sie ihnen Schaden zufügen konnten. Genau diese Haltung legte Wells nun an den Tag, nachdem er den Rechtsanwalt nur noch als Mittel zum Zweck, als Führer zu dem Sioux-Äquivalent eines Unternehmensvorstands betrachtete. Selbstverständlich war das ein schwerer Fehler, doch davon konnte Wells nichts ahnen.
    Sie stiegen aus dem Wagen, und Redfern führte den Besucher nach drinnen.
    Das Blaue Haus beherbergte das Postamt, das Büro für Indianerangelegenheiten, das medizinische Zentrum und die Verwaltungsbüros des Stammes. Redfern setzte die indianische Sekretärin davon in Kenntnis, daß der Besucher eingetroffen war, und führte Wells zum Büro des Vorsitzenden.
    James Walker war ein Mann, der nicht ohne weiteres in einer Menge aufgefallen wäre. Er war etwas kleiner als der Durchschnitt, und Wells hätte ihn

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